Mit dem Wischmop als Waffe
Das Fantasy Filmfest hat sich über die Jahre gut entwickelt. Sicher, mehr geradlinige Direct-to-Video-Freuden von Haudegen wie William Kaufman oder Charles Band wären wünschenswert, und dass man mal ein kleines bisschen über den hiesigen Vertriebs-Tellerrand hinausschauen würde in die weite Welt (Philippinen! Indonesien! Indien! Nigeria!). Aber grundsätzlich ist ein Besuch des Fantasy-Filmfests kulturell erquicklicher als der eines »normalen« Festivals.
Wo sonst liefen im selben Programm Macon Blairs »The Toxic Avenger« und Alireza Khatamis »The Things You Kill«? Ersterer bietet eine neue Variation der proletarischsten aller Horror-Ikonen: Melvin, den durch Giftmüll entstellten Rächer der Rechtlosen, dessen Wischmop-Kampfkünste das Duo Infernal der Trash-Produktionsfirma Troma, Michael Herz und Lloyd Kaufman, seit den 80er Jahren schon in mehreren Filmen gepriesen hat. »The Things You Kill« dagegen ist ein subversiv-dissidenter Psychothriller, der beim Sundance-Festival einen Hauptpreis gewonnen hat, sich als Genrestück aber auch in Gesellschaft wie dieser bestens hält. Wie schon 2017 bei »Los versos de olvido« war Khatami gezwungen, einen Film jenseits der iranischen Heimat zu realisieren, da man dort dem Drehbuch die Produktionsgenehmigung verweigert hatte. Allerdings funktioniert die antipatriarchale Parabel in Erdoğan-Land genauso gut. Zwei konträre Arten Kino, aber ein gemeinsamer Feind: die Gewaltgesellschaft der Privilegierten.
Ein weiterer Doppelschlag besteht aus Genki Kawamuras »Exit 8« und Saku Sakamotos und Osamu Fukutanis »Nightmare Bugs«: zweimal Japan, zwei Filme über das Gefühl von Gefangenschaft in der Gesellschaft, einem Labyrinth, dem es zu entkommen gilt. Kawamuras Geniestreich war sogar Cannes-kompatibel, aber so einen gezeichneten surrealen Splatter-Wahnsinn wie den von Sakamoto und Fukutani wird man an der Croisette so schnell nicht finden.
Wenn man will, kann man schließlich noch zwei weitere Top-Empfehlungen aus dem Programm als dialektisch verkoppelt betrachten. Unter dem Motto: Vergangenheit als Delirium. Lauris und Raitis Abeles »Dog of God« bietet animierten Historien-Folk-Horror, oft am Rande zum Psychodelischen. Und Wuershans »Creation of the Gods II: Demon Force« zeigt Fantasy-Martial-Arts, dass einem die Kinnlade auf den Boden knallt.
Info: fantasyfilmfest.com