Bereichernder Blick von oben: Devrim Lingnau, Olivia Ross © Tobis Film, Daniela Talavera

Das ­Geheimnis der Nazca-­Linien

Biopic über die Erforscherin riesiger Scharrbilder

Ein alter VW-Käfer ist das einzige, das in der eindrucksvollen Eröffnungsszene von »Maria Reiche: Das Geheimnis der Nazca-Linien« inmitten der Wüste auf deutsche Wurzeln hinweist. Viel spannender als das Auto ist allerdings die Geschichte der ebenfalls deutschen Fahrerin. Maria Reiche, Jahrgang 1903, ist nach ihrem Studium der Mathematik, Physik und Geographie in Dresden als Hauslehrerin des deutschen Konsuls in Cusco nach Peru gelangt. Eine kurze Stippvisite in ihre inzwischen faschistische Heimat im Jahr 1936 bewegt die unkonventionelle, freiheitsliebende junge Frau sogleich zur Rückkehr nach Peru. Dort arbeitet sie als Sprach- und Gymnastiklehrerin. Die merkwürdig geometrischen und übergroßen Linien und Figuren in der Wüste bei Nazca, Scharrbilder, die durch die Entfernung der obersten, dünnen Gesteinsschicht entstanden, sind da noch kaum bekannt. Die spanischen Eroberer hatten sie zwar bemerkt, allerdings zunächst als Wegmarkierungen gedeutet. Erst in den 1920er Jahren konnte man sie nach ersten Überflügen der Wüste in ihrer Gesamtheit sehen und erforschen. Anfang der 1940er Jahre findet der Historiker Kosok diese Forschungsberichte. Auf einer Party trifft er Maria Reiche und bittet sie um eine Übersetzung. Kurzentschlossen reist die mit ihrer aktuellen Lebenssitua­tion unzufriedene Maria Reiche mit ihm nach Nazca.

Bis hierhin ist der Film von Damien Dorsaz ein gewöhnliches Biopic, das seinen Stoff mit historischer Ausstattung akkurat insze­niert. Als Maria Reiche in der Wüste ankommt, ändert sich der Tonfall und der Rhythmus des Films. Wir erleben die Ankunft in der Wüs­te genau wie die Protagonistin als einen ruhigen, nur vom Wind in der Wüste begleiteten Befreiungsschlag von den ewig gleichen Empfängen und Partys des Hochbürgertums in der Großstadt, dem standardisierten Schulbetrieb, den Fragen der Mutter, wie es denn nun in ihrem Leben weitergehe mit Beruf und Familienplanung und den Ansprüchen und Heimlichkeiten von Marias Geliebter. Die vorsichtige, respektvolle Annähe­rung an die indigene Bevölkerung in Nazca ist subtil gezeichnet und baut sich langsam über neugierige Blicke aus der Entfernung auf. Devrim Lingnau vermittelt in ihrem Spiel diesen Respekt, aber auch die Leidenschaft, die im Kampf gegen die ­Ignoranz der Behörden und ­Großgrundbesit­zer entflammt.  

(Lady Nazca) D/F/CH 2025, R: Damien Dorsaz, D: Devrim Lingnau, Guillaume Gallienne, Olivia Ross. 96 Min. 
Start: 25.9.