die medienkolumne
Ist es am Ende so, dass der aller weltlichen Freuden kaum abholde Schöngeist und Chefredakteur der Zeit Giovanni di Lorenzo die Kirche rettet? Publizistisch scheint dies der Fall zu sein, will der Kölner Stadt-Anzeiger erfahren haben. Nachdem vor knapp sechs Jahren die deutschen Bischöfe ihrem verlustreichen katholischen Kampfblatt Rheinischer Merkur den Rücken zukehrten, kam es unter dem Namen Christ & Welt als Wochenbeilage bei der Zeit unter. Weiterhin redaktionell gestaltet vom Katholischen Medienhaus in Bonn, einer Tochter der Katholischen Nachrichtenagentur KNA. 40 Cent Aufpreis kostet die Beilage die schätzungsweise 14.000 interessierten Abonnenten. Das sei di?Lorenzo, dem das christliche Heft eine Herzensangelegenheit sei, zu wenig, schreibt der Stadt-Anzeiger. Er werde das Heft ab Oktober in eigener Regie führen. Der Mann ist publizistisch breit aufgestellt — jetzt auch im Namen des Herrn.
Die langweiligste Fußball-EM aller Zeiten war noch nicht zu Ende, da ging ein Aufschrei durch die Reihen der Gebührenzahler: Mehmet Scholl und Oliver Kahn bekommen Geld für ihre Beiträge als Fußballkommentatoren — 50.000 Euro pro Einsatz! Über eine Million im Jahr! Und wer zahlt die Zeche? Die Opfer des Beitragsservices, der ganz kleine Mann schlechthin. Ob die kolportierten Summen stimmen, blieb das Geheimnis der Beteiligten. Die Sender beriefen sich auf Vertraulichkeitsvereinbarungen. Das aber gehe gar nicht, legte nun der Freiburger Verfassungsrechtler Friedrich Schoch in einem FAZ-Gastbeitrag nach, denn bei den Öffentlich-Rechtlichen würden Transparenzgebote gelten. Die Einwände über vereinbarte Vertraulichkeit und das Privatrecht für Honorarverträge »führen in die Irre«, so Schoch, »die Intendanten sollten vielmehr die Frage beantworten, ob Honorarverträge mit Geheim-haltungsabreden überhaupt abgeschlossen werden dürfen.« Die Akzeptanz der Beitragszahler könnte wachsen, wenn die Sender ihren Finanziers ihre Ausgaben offenlegen, schließt Schoch.
»Esser wie Messer«, so stellte sich Günter Wallraff 1977 bei der Bild-Zeitung vor, um unter diesem Namen undercover zu recherchieren, wie das Boulevardblatt arbeitet. Das Ergebnis war der Bestseller »Der Aufmacher«, gegen den der Springer-Konzern mit allen Mitteln vorzugehen versuchte. Vier Jahrzehnte später zeigt sich Bild als Wallraff-Lehrling und schickte seinen Reporter Abdullah Khan unentdeckt als Sachbearbeiter zum Bundesamt für Migration und Flüchtlinge (BAMF). Seine Erlebnisse dokumentierte im August eine fünfteilige Bild-Serie, die aufzeigen soll, vor welche Herausforderungen sich das BAMF gestellt sieht. »Flüchtlingskrise — und ich habe oft nichts zu tun«, hieß einer der Artikel.
Auch schon wieder zu Ende: die Urlaubszeit. Wie haben wir uns eigentlich am liebsten den Flug verkürzt? Heimlich rauchend auf der Bordtoilette? Weit gefehlt! Die Lieblingsbeschäftigung über den Wolken ist Lesen, ergab eine Befragung von 5000 fliegenden Menschen durch die Kampagne Vorsicht Buch! 18,2 Prozent nannten als Zeitvertreib das Lesen von Büchern. Filme schauen 17,1 Prozent, aus dem Fenster 14,8 Prozent. 13,3 Prozent schlafen. Die Ergebnisse werden die Auftraggeber der Umfrage freuen:
die deutsche Buchbranche.