Brief des Apostel Petrus Paulus an die Kölner

Kölner — oder sollte ich sagen: Versager? Denn Versagen, dein Name ist Köln. Egal ob Oper, Kalkberg oder Stimmzettel — in Köln ist der Pferdefuß die Normalität

 

Ihr werdet geführt vom immer gleichen Ensemble, das nun eine neue Direktorin bekommen hat: Henriette Reker. Sie muss kämpfen — gegen einen Feind, den die ganze Welt fürchtet und um den Köln niemand beneidet: die Verwaltungsmaschinerie. Ihre Waffen sind das Stempelkissen und die Ablage. Nur einer konnte sie bislang bezwingen — der machtbewusste Martin -Börschel von der SPD-Opposition. Seine Waffen sind Struktur und Lösungsorientierung. Er ist immer dort, wo viele Fäden zusammenlaufen. Vertraut ihm und nicht dem falschen Propheten Jörg Frank. Ihm ist die Sacherwägung fremd, er kennt nur die Parteipolitik. Und vertrauet auch nicht Henriette Reker. Sie hat keine Formel für Köln. Es ist armselig hier, aber es ist nicht sexy. Die Probleme dieser Stadt löst man nicht mit politischem
Handauflegen.

 

Doch hütet euch mehr vor Recep Tayyip Erdogan und seinen Wut-Türken: Sie sind der große böse Wolf in der Nachthaube einer Großmutter. Sie hausen an der Inneren Kanalstraße, in der in Beton gegossenen Geringschätzung gegenüber ihren Fürsprechern. Und waget nicht den Blick durch Erdo?ans Brille: Er könnte uns verstehen lassen — oder erstarren.

 

Verschmäht auch die Herrschaften, die sich »antifaschistisch« nennen. Sie sind eitle Selbstdarsteller, denen das Grundgesetz, Toleranz und Dialog nichts wert sind und die die schlichtesten Regeln politischen und gesellschaftlichen Anstands mit Füßen treten. Denn ihr Kölner sollt reden — auch wenn euer Gegenüber bei der AfD ist und überlegt, euren Arbeitslosen das Wahlrecht zu entziehen. Denn wir stehen weißen Flächen und roten Linien gegenüber, die vermeintlich nicht übertreten werden dürfen. Redet über die Probleme: verslumte Straßenzüge voller Armutsflüchtlinge oder Integrationskonflikte, die bereits im Kindergarten beginnen. Sonst geraten sie auf die Agenda von Leuten, die unserer Gesellschaft übelwollen. Schweigen ist gefährlich. Lasset nur den Dom erdunkeln, dieses Gotteshaus, zu dem fast jeder hier ein gefühltes inneres Band hat. Mehr an sprechendem stummem Protest geht nicht.

 

Kölner! Ihr seid dankbar, wenn endlich — wie in der unheilvollen Silvesternacht — Ross und Reiter genannt werden. Deshalb ehret eure Alphajournalisten, die arbeiten, bis sie schwarz werden. Ihnen gehört das Himmelreich, denn auf Erden haben sie es nicht leicht. Es sind schwere Zeiten — nicht nur für Formulierungskünstler.