Zu Tode geduzt, drei verwirrende Namen und eine Beschwerde
funk.
Wenn eine Anrede mit »Hey!« beginnt, weiß jeder, dass es jetzt gleich irre jung zur Sache geht, und dass sich alle über 29 gar nicht erst angesprochen fühlen sollen. So wie in einer Pressemitteilung aus dem Doppelhaus ARD und ZDF: »Hey! Wir sind funk, wir sind ARD und ZDF und wir sind kein Fernsehkanal. Wir sind ein Netzwerk mit Inhalten für 14- bis 29-Jährige — mit Inhalten für 15 Millionen Deutsche also.« So beginnt der zielgruppenorientierte Text zum neuen Angebot. In Texten, die mit »Hey!« beginnen, wird man grundsätzlich auch geduzt. Also weiter im Text: »Unsere Formate ›Kliemannsland‹ und ›Y-Kollektiv‹ findet ihr direkt auf YouTube, Facebook, Snapchat und Instagram und auf funk.net.« Also dort, wo die Macher die 14- bis 29-Jährigen wähnen. Aber, hey, was macht Funk eigentlich? »Wir produzieren Formate für unterschiedliche Menschen mit unterschiedlichen Interessen. Zusammen mit allen Rundfunkanstalten, mit Partnern aus der Webvideobranche und jungen, talentierten MedienmacherInnen arbeiten wir an wissenswerten, kritischen, lustigen, unterhaltenden und hoffentlich fesselnden Inhalten.« Das erste online gestellte Video (1:04 Min.) zeigt einen jungen Reporter in Hamburg, der beim Länderspiel Deutschland gegen Tschechien »HSV« skandiert... Womit die Qualitäten »wissenswert«, »kritisch«, »lustig«, »unterhaltend« und »fesselnd« eine neue Dimension erreichen.
Funk, das ist auch die letzte Silbe eines mittlerweile 54 Jahre alten Senders mit Sitz am Kölner Raderberggürtel. Dort sagt man zwar nicht »Hey«, dort heißt es immer noch »Mahlzeit«, doch auch der Deutschlandfunk weiß, wo der Zeitgeist seine Locken hat. Der
Traditionssender gönnt sich eine neue — Watchdog-Wort des Monats — »Markenarchitektur«, um »eine zielgruppenadäquate Ansprache sicherzustellen und zugleich die Stärke der Qualitätsmarke Deutschlandfunk für alle Programme nutzbar zu machen.« Was genau verbirgt sich hinter diesem Sprech, was wird wirklich passieren am Gürtel im Frühsommer 2017? Dr. Willi Steul klärt auf: Die Namensvielfalt der Deutschlandradio-Programmangebote habe in der Vergangenheit immer wieder zu Verwirrung unter den Hörern geführt, die zu entwirren die neue Markenarchitektur sicherstelle. Im kommenden Jahr werde es derer nur noch drei geben, wie der Intendant erklärt: Deutschlandradio, Deutschlandradio Kultur und Deutschlandradio Nova. Die drei neuen Namen sollen den verwirrten Hörern »Zuordnung und Orientierung erleichtern«, wie es im Sound der Barrierefreiheit heißt.
Recep Tayyip Erdoğan
weiß, wie funktionierende Rechtsstaaten funktionieren: Das Ermittlungsverfahren gegen Jan Böhmermann ist von der Staatsanwaltschaft Mainz Anfang Oktober eingestellt worden, doch der türkische Präsident hat Beschwerde eingelegt. Dabei ist die Entscheidung der Staatsanwaltschaft Mainz zugunsten Böhmermanns klar und schön formuliert. Demnach »fehlt es bei Karikatur oder Satire am Merkmal der Beleidigung, wenn die Überzeichnung menschlicher Schwächen eine ernsthafte Herabwürdigung der Person nicht enthält.« Nach Prüfung der Akten hat der Generalstaatsanwalt in Koblenz festgestellt, dass Erdogans Beschwerde unbegründet sei. Nun bleibt ihm nur noch ein — unwahrscheinliches — Klageerzwingungsverfahren. Helfen könnten Erdoğan jetzt nur noch türkische Verhältnisse: Im Sommer hatte er dort 2745 missliebige Richter entlassen.