»Eine Party im Grünen ist gänzlich verboten«

Es gibt viele gute Gründe für Grünanlagen: Erholung, Stadtgestaltung und nicht zuletzt bessere Luft. Ein Gespräch mit Experten über die Kölner Parkkultur.

Da kann man nicht meckern. Egal, wo man wohnt, die nächste Grünfläche ist in Köln meist schnell zu erreichen. Oft sind das allerdings schnöde Anlagen ohne planerische Raffinesse. Auch das Gefühl, draußen im Grünen zu sein, stellt sich nicht immer ein: Alibi-Gestrüpp, leicht zu pflegende Rasenflächen, Orte zum Gassigehen oder eine kurze Pause zwischen zwei Terminen. Aber es gibt auch richtige Parks. Man muss nicht erst in den Königsforst fahren, um sich im Grünen aufzuhalten.

6400 Fußballfelder Wiese

Rund 2600 Hektar Grün- und Parkanlagen gibt es in Köln, dazu noch etwa 3800 Hektar Wald, das entspricht einer Fläche von rund 6400 Fußballfeldern und 16 Prozent des gesamten Kölner Stadtgebiets, hinzu kommen noch Grünflächen an Schulen und öffentlichen Gebäuden. »Viel wichtiger ist aber die Verteilung der Flächen im Stadtgebiet«, sagt Joachim Bauer, Leiter des Amtes für Landschaftspflege und Grünflächen der Stadt Köln. »Die Grünflächen müssen dort sein, wo die Menschen wohnen.«

Das sind sie, und die Kölner nutzen sie geradezu exzessiv. Viele Parks sind im Sommer überfüllt, etwa der Innere Grüngürtel mit dem Aachener Weiher, der Volksgarten in der Südstadt, der Deutzer Rheinpark, aber auch die Flora am Zoo und der Stadtwald. »Grundsätzlich hat sich die Nutzung der Parkanlagen erhöht«, sagt Bauer. »Doch nicht mehr ruhige Erholung wie Spazierengehen, sondern aktive Erholung wie Fußball und Joggen stehen im Vordergrund. Und natürlich die gesellige Nutzung, vor allem Grillen.«

Das kann durchaus zum Problem werden, wie nicht nur die im Laufe des Abends anwachsenden Müllhaufen am Aachener Weiher zeigen. Auf den Internetseiten der Stadt Köln zum Thema Parks und Grün herrscht wohl auch deshalb ein recht strenger Ton: »Achten Sie darauf, keinen Lärm zu machen, Ihren Müll wieder mitzunehmen, nicht übermäßig Alkohol zu trinken (Drogenkonsum ist natürlich komplett verboten)«, und eine »Party im Grünen« ist »gänzlich verboten.«

Naturkundliche Unterweisung vs. Erholung

Planung und Nutzung der Parks haben sich ständig verändert. Der Beginn der Kölner Parkkultur im heutigen Sinne liegt in den 80er Jahren des 19. Jahrhunderts. Damals kam erst allmählich die Idee auf, Parkanlagen für die breite Bevölkerung zu schaffen, die dann auch entsprechende Namen wie Volksgarten und Volkspark trugen. Bis zu dieser Zeit ging es noch darum, seltene Blumen, Sträucher und Bäume zu präsentieren. Typisch für diese Idee ist schon die 1862 und 1864 angelegte Flora als »botanischer Zier- und Lustgarten«, der vornehmlich vom gehobene Bürgertum goutiert wurde. »Es ging damals vor allem um Belehrung und die naturkundliche Unterweisung der Besucher«, sagt Henriette Meynen, die von 1978 bis 2005 als stellvertretende Stadtkonservatorin mit der Planung und Erhalt der Kölner Grünanlagen beschäftigt war. »Der Erholungs- und Gesundheitsaspekt setzt sich erst in den 20er Jahren des letzten Jahrhunderts durch.«

Den erkannte auch Konrad Adenauer, von 1919 bis 1933 Kölner Oberbürgermeister. Anfang der 20er Jahre holte er den Hamburger Stadtbaumeister Fritz Schumacher nach Köln, der zunächst den Inneren Grüngürtel auf den alten Festungsanlagen konzipierte, der noch heute das Stadtbild prägt. Allerdings wurden viele Projekte aus den 20er Jahren gar nicht erst umgesetzt oder sind heute nicht mehr erhalten. Zum einen, weil der Stadt das Geld ausging, zum anderen, weil vieles im Krieg zerstört wurde. Was übrig blieb, wurde später durch große Bauprojekte oder die Verkehrsführung beeinträchtigt. So erscheint der Grüngürtel heute eher als ein eher funktionales Freizeitgebiet. Das stadtweite »Grünsystem«, das Schumacher entwarf, ist allerdings bis heute Grundlage der städtischen Planungen. Auf Schumacher geht auch die Idee zurück, den Inneren und Äußeren Grüngürtel durch grüne Schneisen zu verbinden, um für eine bessere Wohnqualität, aber auch eine »Durchlüftung« der Stadt zu sorgen.
»Ich finde schon, dass Köln eine grüne Stadt ist«, sagt Meynen. »Wir haben allerdings wenige sehr alte Parkanlagen, die meisten stammen aus dem 20. Jahrhundert.« Den Stellenwert dieser Parks hat man zu verschiedenen Zeiten unterschiedlich eingeschätzt. Viele Parks sind nicht mehr in der ursprünglichen Form erhalten oder fielen anderen Interessen zum Opfer.

Keine großen Konzeptionen

So hatte im Zuge des Fortschrittsoptimismus der 70er Jahre der Verkehr meist Vorfahrt, das sieht man etwa bei den Grünanlagen im linksrheinischen Bereich der Zoobrücke. Erst in den 80er Jahren kam ein ökologisches Bewusstsein auf. »Beim Umgang mit Parks spiegelt sich immer auch der Zeitgeist wieder«, sagt Meynen. »Wichtig war, dass wir in den 80er Jahren begonnen haben, die Parks unter Denkmalschutz zu stellen«, sagt Meynen. »Viele historische Anlagen hatten sehr gelitten. Heute geht es vor allem um den Erhalt des gestalteten Grüns.«
Immerhin wird diesen Monat ein weiterer Abschnitt der Verlängerung des Grüngürtels am Südstadion umgesetzt – mit rund 11.000 Quadratmetern Wiese, Schotterrasen und nicht-asphaltierten Wegen. Der Ratsbeschluss, den Inneren Grüngürtel im Süden bis an den Rhein zu verlängern, sei Teil »dieses langfristigen Vorhabens«, so die Pressemitteilung der Stadt. Die Idee von Adenauer und Schumacher ist immer noch als Richtschnur.

Es entstehen auch neue Parkanlagen. Große wegweisende Konzeptionen aber, wie sie der Gartenbaumeister Fritz Encke im ersten Viertel des 20. Jahrhunderts im Blücherpark, Vorgebirgspark, Friedenspark, bei der Ausführung des Inneren Grüngürtels oder der Planung des Beethovenparks im Sinn hatte, gibt es nicht mehr. Den soeben fertig gestellten Hafenpark in Deutz, ein Streifen zwischen Rhein und Siegburger Straße, der von der Deutzer Brücke bis zur Drehbrücke reicht, findet Meynen »der Zeit entsprechend starr, nüchtern, funktional«.

Auch der erste Spatenstich für den Bürgerpark in Kalk ist getan. Doch die Fläche auf dem ehemaligen CFK-Gelände ist für einen Stadtteil wie Kalk recht klein. Es gab Planungen, den Park doppelt so groß anzulegen – doch Shopping Mall und Parkplätze erschienen den Planern wichtiger. Den alten Gartenbaumeistern würde das sicher nicht gefallen. Ebenso wenig freilich wie die Müllberge am Aachener Weiher und im Volksgarten.


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