Schwarzlicht
Indien, das können wir auch in Deutschland. Nicht nur gastronomisch in der Engelbertstraße bei Thaly, sondern auch, zum Beispiel, historisch: In Gunzesried im Allgäu etwa wurden kürzlich ein paar Weltkriegsbomben gefunden, da, wo bei Kriegsende die indische Legion der Wehrmacht stationiert war. Indische Legion? Wehrmacht? Allgäu? Ja, ein paar Kilometer weiter, in Immenstadt gibt es sogar zwei Gräber von indischen Soldaten. Aber: Indien im deutschen Krimi?
Ja: Dass es in der Wehrmacht eine indische Legion gab, kann man wissen, auch ohne den Friedhof von Immenstadt zu kennen oder den Chef seines Lieblingsinders nach seiner Familiengeschichte zu fragen. Krimifreunde kennen die indische Legion seit »Cut«, dem ersten Roman der Berliner Autorin Merle Kröger, der dieses Thema publik gemacht hat. Wenn also in der deutschen Öffentlichkeit die indische Legion nicht bekannt ist, liegt das auch daran, dass einige richtig gute junge deutsche Kriminalschriftsteller in nämlicher Öffentlichkeit noch weniger bekannt sind als jene Legion – aber das ist eine andere Geschichte.
Merle Kröger hat jetzt ihren zweiten Kriminalroman veröffentlicht: »Kyai!«, ein in Buchform gefasster Schmelztiegel an Personen, Identitäten, Geschichten – mit neudeutschen Kampfsportlerinnen, schwulen indischen Popstars, einer verhinderten Wanderkinobetreiberin an der Ostseeküste, einem Bollywood-Musical in Berlin und jeder Menge deutsch-indischer Geschichten.
Was sind das nicht für klasse Zeiten, in denen wir leben! Merle Kröger, die ihre halb-indischen Wurzeln in smarte deutsche Kriminalliteratur verwandelt. Die Wirtschaftsdaten, die derzeit fast in pseudoindische Ausmaße wachsen. Kaevan Gazdar, im Hauptberuf Sprecher einer Großbank, der gerade eine Studie über Fürst Franz von Anhalt-Dessau und sein präbundesrepublikanisches Gartenreich veröffentlicht hat. Gute Zeiten für deutsch-indische Beziehungen, nicht nur im Krimi!