a.tonal.theater: Kroetz-Uraufführung
Es klingt ein bisschen wie ein Theaterwunder, wenn das freie Kölner a.tonal.theater die Uraufführung eines Stücks von Franz Xaver Kroetz ankündigt. Immerhin gehörte Kroetz in den 70er und 80er Jahren mit volksstückhaften Sozial- und Sexualnotstandsdramen wie »Stallerhof« oder »Nicht Fisch, nicht Fleisch« zu den meistgespielten Dramatikern hierzulande.
Inzwischen ist es ruhiger geworden um Kroetz, auch wenn seine neuen Stücke noch an großen Bühnen wie zuletzt in München gespielt werden. Um das Drama »Die Trauerwütigen« machten die etablierten Häuser allerdings einen Bogen. Zu provokant? Zu lästerlich? Zu klischiert? Das a.tonal.theater erkannte die Chance und nutzte sie.
Den ersten Kontakt zu Kroetz hatte die Gruppe um Regisseur Jörg Fürst 2003 hergestellt, als sie dessen Stück »Die Eingeborene« spielte. Die Rückmeldung durch Kroetz‘ Gewährsleute muss derart positiv gewesen sein, so der Regisseur, dass a.tonal jetzt den Zuschlag für »Die Trauerwütigen« bekam.
»Virtuoses Puppen-, Masken- und Schau-Spiel«
Das Stück stammt aus dem Jahr 2002 und zeigt sechs Bundesadler, die an einer Rede über das Holocaustdenkmal arbeiten. Daraus entwickelt sich ein irrwitziges Parlando über Globalisierung, vererbte Schuld, Fleischskandale, Sklaventransporte, Angriffskriege. Ein argumentativer Rundumschlag, den Jörg Fürst als »virtuoses Puppen-, Masken- und Schau-Spiel« bezeichnet, »politisch unkorrekt« und brisant.
Das Team setzt damit seine »Deutsche Trilogie« fort und betritt zugleich Neuland: Erstmals wendet sich a.tonal einem explizit politischen Stoff zu. Zugleich will Regisseur Fürst das Medium Schrift sowie eine Video- und Soundinstallation in die Inszenierung einbinden. Ob das im Sinne des Autors ist, kann der dann selbst entscheiden: Kroetz hat sein Kommen für die Uraufführung angekündigt.
Uraufführung
»Die Trauerwütigen« von Franz Xaver Kroetz, R: Jörg Fürst, Studiobühne, 25. (P), 26.-29.10., 20 Uhr.