Unsichere Zukunft nach Privatisierung — Wohnungen an der Taunusstraße in Wesseling, Foto: Manfred Wegener

Problem-Export ins Umland

Die GAG hat ihre Wohnungen in Wesseling privatisiert

Zum Jahresbeginn hat die Kölner Wohnungsgesellschaft GAG die zweite Charge ihrer Wesselinger Wohnungen verkauft. Für die GAG ist die Privatisierung und der Streit darüber damit erledigt, ebenso für die Kölner Politik und Stadtspitze. Ihnen ist das Thema unangenehm. Zurück bleiben verunsicherte Mieter und verärgerte Kommunalpolitiker in Wesseling. 

 

Bereits im September hatte die GAG beschlossen, zunächst 444 Wohnungen zu verkaufen. Mit der Industria Wohnen aus Frankfurt war ein Käufer gefunden worden für die Mehr- und Einfamilienhäuser an der Peters-, Hubertus-, Ahr-, Ulmenstraße und am Kastanien-, Friedens- und Köcherweg. Über den Preis vereinbarte man Stillschweigen. Die Industria Wohnen, eine Tochter der Degussa-Bank, besitzt bundesweit bereits rund 15.000 Wohnungen und will expandieren. Dabei kooperiert sie mit der Hamburger Privatbank M.M. Wartburg, die zuletzt wegen dubioser Cum-Ex-Geschäfte ins Gerede kam. 

 

Im Dezember wollten Wesselinger Politiker die Industria zu einer Sozialcharta verpflichten, neben dem Sozialen Bündnis Wesseling (SBW) mit Politikern der Linken und Ex-Sozialdemokraten, auch CDU und Grüne. Industria lehnte ab. Das bedeutet für Sascha Jürgel von der Linken eine Scheitern des Wesselinger Bürgermeisters Erwin Esser (SPD). Schon im Vorfeld der Privatisierung Mitte des vergangenen Jahres habe Esser keine gute Figur abgegeben, meint Jürgel. Von der anstehenden GAG-Privatisierung habe man in Wesseling erst erfahren, als die Kölner Linke die Pläne öffentlich machte. In Köln hatte das zu einem politischen Eklat geführt — und in Wesseling zu Protesten der Mieter.

 

Auch ohne Sozialcharta, so beteuert die Industria, werde man die Interessen der Mieter berücksichtigen. Dass das Unternehmen mit der Degussa-Bank zusammenarbeitet, stimmt manche Politiker zuversichtlich. Die Degussa ist traditionell eng mit dem Standort Wesseling verbunden. Eine Garantie, dass Mieter geschont werden, kann das aber nicht sein. Teile des Bestands hat die Industria gleich weiterverkauft. Sie unterhält mehrere Immobilienfonds, die Renditen um 5 Prozent erzielen.

 

Aber auch der zweite Teil der GAG-Privatisierung beschäftigt Politik und Bürger in Wesseling. Gerade sind, wie von der GAG im September angekündigt, weitere 152 GAG-Wohnungen privatisiert worden. Käufer ist hier die Dornieden-Gruppe aus Mönchengladbach.   

 

Es handelt sich um von der GAG vernachlässigte Wohnungen an der Ahr-, Hardt-, Odenwald-, Taunus- und Eifelstraße. Der Bestand gehört zum Flächenpool NRW, mit dem das Bauministerium »nachhaltige Flächenentwicklung« ermöglichen will. Dornieden wird den maroden Nachkriegsbestand, noch mit Kohleöfen, vermutlich abreißen und neue Wohnungen errichten — bevorzugt ohne Bebauungsplan. Das stößt auf Widerstand in der Wesselinger Politik, die sicherstellen will, dass hier sozialverträglich vorgegangen wird. 

 

  Viele Probleme also für Wesselinger Politiker und Mieter. Jürgel von der Linken im Rat der Stadt Wesseling kritisiert das Vorgehen der GAG als »unsinnigen Schnellschuss« und »asozial«. Besser wäre es gewesen, glaubt Jürgel, die GAG hätte mit der GWG, dem kommunalen Wohnungsunternehmen GWG des Rhein-Erft-Kreises, und der Wesselinger Stadtentwicklungsgesellschaft Lösungen gesucht.

 

Die GAG argumentiert, dass man seriöse und sozial verantwortliche Käufer gefunden habe — und man sich auf die Aufgaben, die in Köln anstünden, konzentrieren müsse. 1000 Wohnungen sind im Bau, weitere 3750 Wohnungen geplant, und mehr als 2000 sollen modernisiert werden. Dass die Kapazitäten der GAG durch die Verkäufe erheblich gestiegen sind, ist nicht zu erwarten: Kölner Politiker sind sich einig, dass die GAG derzeit nicht allein in der Lage sei, den angespannten Kölner Wohnungsmarkt deutlich zu beruhigen.  

 

Eine Kooperation über die Stadtgrenzen hinweg, um die Wohnungssituation zu verbessern, ist immer wieder im Gespräch, aber nicht in Sicht. Mit der Privatisierung in Wesseling haben die Kölner für die Zukunft nicht ihre Bereitschaft zur Kooperation bewiesen.