Kultur zwischen Klümpchen
Das Ruhrgebiet und Düsseldorf haben es vorgemacht — und Köln macht es nach. Die Stadt wird eine Sparte des lokalen Einzelhandels ehren. Nicht den Metzger, Schuster oder Schlüsseldienst — sondern: den Kiosk. Die Bezirksvertretungen Innenstadt und Ehrenfeld haben auf die Initiative der jeweiligen SPD-Fraktion einen »Tag der Büdchen« beschlossen.
»Unsere Büdchen sind Kult(ur)!«, lautet der Slogan über den SPD-Anträgen. In Ehrenfeld hat die SPD die Idee allein gegen CDU, Piraten und FDP durchgesetzt, weil sich Grüne, Linke und Deine Freunde ent-hielten. In der Innenstadt war die Zustimmung größer: Linke und Deine Freunde unterstützten die SPD, bei Gegenstimme der FDP.
Der Impuls kam von Regina Börschel, SPD-Fraktionsvorsitzende in der Innenstadt. »Das Büdchen hat Kultcharakter«, sagt sie. Es sei nicht nur Nahversorger und wichtiger sozialer Treffpunkt im Veedel, sondern mittlerweile auch: ein Ort der Kultur, mit Poetry Slams, Lesungen und Konzerten. Ihre SPD-Kollegin Katrin Bucher überführte die Idee nach Ehrenfeld. »Wir möchten der Alltagskultur der Büdchen Raum geben«, sagt Bucher. Ablaufen soll der Tag ähnlich wie etwa der »Tag der Trinkhallen«, der im vergangenen Sommer erstmals im Ruhrgebiet stattfand. Die Kölner Stadtverwaltung ist nun beauftragt, einen einheitlichen Rahmen zu setzen, den die Büdchen mit kleinen Veran-staltungen füllen. Die SPD-Politikerinnen Börschel und Bucher haben dafür zwei Wünsche: dass der Tag in ihren angrenzenden Bezirken zeitgleich stattfinde, um »mehr Reichweite zu schaffen«, sagt Bucher. Und dass das vielleicht schon in diesem Jahr passiere.
Stefan Matthiessen ist nah dran an der Idee, die die SPD bemüht. Er betreibt das Projekt »Am Büdche«, für »den Erhalt und die Belebung der Büdchenkultur«. In Köln gebe es etwa 1000 Kioske, in keiner anderen Stadt sei die Dichte so hoch, erklärt Matthiessen. Die Zahl halte sich stabil. Problematisch seien Randveedel: »In Stammheim, Vogelsang oder Widdersdorf hat es das Büdchen gegen den Vollsortimentler schwer.« Für Matthiessen sind Büdchen städtebaulich, aber auch soziodemografisch bedeutsam: »Man trifft sich und tauscht sich aus. Für viele Menschen sind die wichtig.« Aber warum ausgerechnet das Büdchen? »Es könnte auch der Bäcker oder ein anderer Einzelhändler sein«, sagt Matthiessen. Aber in Köln sei es eben das Büdchen. »Ich kann die Kritik zum Teil aber nachvollziehen«, sagt er.
Die kommt etwa von Maria Tillessen. »Büdchen gehören in die kölsche Gefühlsduselei wie der Karneval«, sagt sie, seien aber »kein exponiertes Kulturgut«. Tillessen sitzt für die FDP in der Bezirksvertretung Innenstadt, dort hat sie gegen den Büdchentag gestimmt. »Es ist keine städtische Aufgabe, das Marketing für private Betriebe zu übernehmen.« Das binde zudem Kapazitäten in der Verwaltung. Und überhaupt: »Das Büdchen wird in Köln besonders gekultet, aber woanders gibt es das genauso«, sagt sie. In Berlin, im Ruhrgebiet. Aber auch: in Düsseldorf.