Schwarzlicht

Christian Klar in den Büchercharts? Kapitalismuskritik als Konsumkick? Unverstellbar? Eher unglaublich, aber wahr ist diese Vision: Die Terroristen erklimmen die Bestsellerlisten. Ein Skandal?

Aber von vorne:Andrea Maria Schenkel, Arztfrau, Postangestellte, Mutter von drei Kindern, steht mit ihrem Debütroman »Tannöd« seit Mitte Februar völlig überraschend ganz oben auf dem Treppchen der Spiegel-Bestsellerliste. Die Feuilletons jubeln, die Krimikenner reiben sich die Hände, die Terrorismusexperten, die ansonsten derzeit so laut lärmen, schweigen betreten. Dabei ist der Skandal doch unübersehbar! Es begann mit einer Brief-Bombe: Andrea Maria Schenkel wollte einmal ausprobieren, ob die Geschichten, die sie ihren Kindern abends so schön gruselig erzählt, auch getippt funktionieren und produzierte ein kleines, dunkles Prosastück aus den bigotten 50er Jahren, in dem eine Bauernfamilie hingeschlachtet und dieses Schlachtfest prosaisch aufgearbeitet wird. Kein Jahrhundertwerk, aber ein netter und schmaler Krimi, der zuerst die Kritiker der Krimibestenliste animierte, dann diverse Lokalzeitungskolumnisten, dann die Jury des Deutschen Krimi Preises, schließlich Elke Heidenreich, die herzige Spiegel-Deutsche-Mütter- Geschichten-Redaktion.

Wer »Tannöd« kauft unterstützt Terroristen!

Wo soll das enden? »Tannöd« ist bei Edition Nautilus erschienen. Bei dem Verlag also, der sowieso »links« ist und auch noch Terroristenbücher veröffentlicht, die Memoiren von RAF-Mitglied Inge Viett zum Beispiel und ein unverschämt pophistorisches Räuberpistolen-Interview mit Gabriele Rollnik, »Bewegung 2. Juni«. Das heißt: Wer »Tannöd« kauft, der unterstützt Terroristen! Der greift jenem Verlag unter die Arme, in dem demnächst auch Karl Heinz Dellwo erscheint, und womöglich auch die zukünftigen Werke Christian Klar oder Osama Bin Laden? Die Terrorismusexperten sind auf diesem Auge blind. Stattdessen jubelt der Literaturbetrieb. Da fällt einem nur noch eins ein: Söder, übernehmen Sie!