Mehr Mantz ist nicht genug
Bis heute prägen die zu Klassikern der Architekturfotografie gewordenen Aufnahmen von Werner Mantz (1901–1983) das Bild vom Bauboom der 20er Jahre in Köln. Die neuartige Strenge der mehr oder weniger konsequent am Bauhaus und der damaligen Moderne orientierten Wohnbauten fand in Mantz einen ebenso formbewußten Interpreten, der mit einem enormen Sinn für Rhythmen, für Licht und Schatten und für Proportion die Qualitäten dieser Bauten wirkungsvoll ins Bild zu setzen wusste.
1938 zog Mantz von Köln nach Maastricht. Dort wurde er erneut, wie zu Anfang seiner Karriere, Auftragsporträtfotograf. Vor allem mit seinen lebendigen, kitschfreien Aufnahmen von (Klein-)Kindern war er erfolgreich. Diese hierzulande kaum bekannten niederländischen Arbeiten kombiniert das Museum Ludwig mit den ikonischen Fotografien. Dabei stehen weder die Chronologie des Werks noch Einzelbilder im Zentrum, vielmehr sind zwanzig thematische Blöcke arrangiert worden, die meist aus sechs bis neun Aufnahmen bestehen und sich auf ein Thema oder Motiv, ein markantes Gestaltungsmittel konzentrieren. So sind beispielsweise Türsituationen, Wohnanlagen in Schrägansicht, Schaufenster bei Nacht, Kommunionskinder (nur Mädchen), rauchende Männer oder Frauen mit Händen in Gesichtsnähe zu sehen.
Es ist erklärte Absicht der Ausstellung, den Blick auf Mantz’ Werk zu weiten. Umso bedauerlicher ist es, dass sie sich bei diesem begrüßenswerten Anliegen selbst beschränkt. Im Textbeitrag der schön gestalteten Katalogmappe ist die Rede davon, »dass Mantz zwischen 1932 und 1938 [...] einige seiner besten Aufnahmen machte. Zum Beispiel eine Serie über die Minen in Limburg [...]«. Leider ist davon nichts zu sehen, ebenso fehlen seine brillant-suggestiven Treppenhauskompositionen. Bei den Porträtaufnahmen muss der Eindruck entstehen, Mantz habe ausschließlich Einzelpersonen fotografiert und diese vor allem als Kopf mit Schultern (ab und zu) und in Ausnahmen mit etwas Oberkörper.
Die Konzentration auf wenige Grundmuster ist Stärke und zugleich Schwäche der typologischen Ausstellungskonzeption. Einerseits werden die große Gestaltungskunst des (Tages-)Lichtvirtuosen, Bildbaumeisters und nüchtern-freundlichen Menschenerkenners Mantz gut sichtbar. Andererseits bleibt dieser Blick auf »Architekturen und Menschen« allzu eng. Der ganze Mantz wäre noch zu entdecken.
Museum Ludwig, Heinrich-Böll-Platz, Di–So 10–18 Uhr, jeden ersten Do im Monat 10–22 Uhr, bis 21.1.18. Der Katalog kostet 19,50 Euro