Colson Whitehead
»Cora las die Berichte von Sklaven, die in Ketten geboren waren und das Alphabet lernten«, schreibt Colson Whitehead, »sie erkannte diese Geschichten als ihre eigene.« Eine Bibliothek wird für die entflohene Sklavin zum Zufluchtsort, die Literatur zur Waffe im Kampf gegen eine rassistische Gesellschaft. Kurz darauf geht die Bibliothek in Flammen auf, und Cora muss vor einem weißen Mob fliehen — nicht zum ersten Mal. »Underground Railroad« erzählt Coras Odyssee durch die amerikanischen Südstaaten, ihre Flucht vor Peitschenhieben, Vergewaltigungen und Hinrichtungen, die fast all ihre Wegbegleiter das Leben kostet. Den Weg durch das Tunnelsystem der Underground Railroad legt sie alleine zurück. Einen »Roman der Hoffnung« hat Whitehead sein Buch genannt und zeigt zugleich, wie schwierig es ist, sich diese Hoffnung zu bewahren. Das titelgebende unterirdische Eisenbahnnetz, das geflohene Sklaven in Richtung Norden transportiert ist ebenso fiktiv wie das afrofuturistische Raumschiff von George Clinton, und dennoch eine treffende Metapher für den Rassismus der Gegenwart, der trotz voller Bibliotheken nicht verschwunden ist.
Carl Hanser Verlag, 352 S., 24 Euro
Lesung Mi.29.11., Königin-Luise-Schule, 19.30 Uhr