Köln blickt zurück nach vorn
Januar
Neubau der Leverkusener Brücke
Über Jahrzehnte wurde die Instand-haltung der Kölner Brücken verschludert. Irgendwann ist es dann soweit, dass es kaum noch was zu reparieren gibt. Die Leverkusener Brücke wird für LKW gesperrt, die suchen sich andere Wege über den Rhein und verstopfen die Stadt. Das Land NRW will seit Ende 2016 eine neue Brücke neben der alten bauen — und auf Leverkusener Seite mitten durch eine stillgelegte Giftmüll-Deponie des Bayer-Konzerns. In Leverkusen regt sich Widerstand.
01/01
Silvester/Neujahr
2017 begann erneut mit einem Skandal. Zu Silvester kesselte die Kölner Polizei circa 600 junge Männer mit dunklen Haaren und dunklem Teint am Hauptbahnhof ein und sprach von »mehreren Hundert Nafris«. Eine Arbeitsgruppe der Polizei fand im Nachhinein jedoch heraus, dass nur eine kleine zweistellige Zahl aus den Maghreb-Staaten kam und die meisten spontan nach Köln gekommen waren, um hier Silvester zu feiern. Hinweise auf geplante Straftaten fand die Polizei nicht. Polizeipräsident Uwe Jacob fand den Einsatz dennoch richtig, auch zu Silvester 2017/2018 würden sich seine Beamten »mindestens genauso« aufstellen.
09/02
Gehwegparken in der Innenstadt
Wer durch Köln spaziert, kommt nicht weit — dann läuft er vor ein parkendes Auto. Weil der »Parkdruck« groß ist, stellen viele Kölner ihren PKW auf dem Gehweg ab. Die Bezirksvertretungen Ehrenfeld, Innenstadt und Lindenthal wollten das mit Beschlüssen zur barrierefreien Mobilität verhindern. Das Ordnungsamt aber toleriert bis heute, dass Autofahrer Gehwege privatisieren. Wie lange noch?
22/04
AfD-Parteitag
Es war die größte linke Demonstration in Köln seit über einem Jahrzehnt. 20.000 Menschen zogen gegen den Bundesparteitag der AfD durch die Innenstadt, 10.000 Jecken sangen im Grüngürtel. Die Polizei hatte im Vorfeld Angst vor Ausschreitungen verbreitet, außer zwei Glasscheiben ging jedoch nichts zu Bruch.
14/05
Landtagswahl in NRW
Rot-Grün ist abgewählt — nicht nur in der Landesregierung, auch in Köln. Die Grünen verloren bei der Landtagswahl bis zu einem Drittel ihrer Stimmen in ihren Kernbezirken. Großer Gewinner war die Linkspartei, die sich in Köln damit endgültig etabliert hat, obwohl sie landesweit an der Fünf-Prozent-Hürde scheiterte.
15/05
Archiveinsturz — Staatsanwaltschaft erhebt Anklage
Neun Jahre sind vergangen, seit das Stadtarchiv beim Bau der Nord-Süd-Bahn einstürzte. Im Januar beginnt am Landgericht Köln der Prozess gegen sieben Personen, die am Bau der U-Bahn beteiligt waren. Ihnen wird fahrlässige Tötung und Baugefährdung vorgeworfen. Ein Urteil muss bis zum 2. März 2019 fallen, sonst sind etwaige Straftaten verjährt.
03/07
Verwaltungsreform geht in die Projektphase
Weniger Bürokratie, mehr Verantwortungsbewusstsein: Ein neues Selbstverständnis soll die 70 Ämter der Stadt Köln durchdringen, wenn die Verwaltungsreform in vier Jahren abgeschlossen ist. Das Bauaufsichts- und das Kulturamt zählen zu den elf Pilotämtern, bis Ende 2018 sollen merkliche Verbesserungen erreicht werden. Die Reform ist eines der beiden großen Themen, mit denen Oberbürgermeisterin Henriette Reker vor zwei Jahren angetreten ist. Das andere ist die Bürgerbeteiligung. Nachdem jahrelang ein Gremium tagte und manch beteiligter Bürger schon entnervt hingeschmissen hat, sollen im Frühjahr 2018 endlich einheitliche Leitlinien beschlossen werden.
03/07
Pressekonferenz zur Opern- und Schauspiel-Sanierung
Nach dieser Pressekonferenz haben sich Köln-Verächter die Finger geleckt: Der Technische Betriebsleiter der Bühnen, Bernd Streitberger, gibt die neuesten Zahlen zur Sanierung von Oper und Schauspiel bekannt. Der ehemalige Bau- und Planungsdezernent war als Retter geholt worden, um das Chaos zu bändigen. Seine Prognose nach einem Jahr Rechnen und Ordnen: 570 Mio. Euro und Fertigstellung erst 2022 — Potz Blitz! Also sieben Jahre später und mehr als doppelt so teuer als 2010 vom Rat beschlossen. CDU, Grüne und FDP wollen Kulturdezernentin Laugwitz-Aulbach aus dem Amt jagen, ihr Dezernat leitet schließlich das Projekt. Die SPD sucht andere Sündenböcke, will dann das Projekt auf Eis legen und eventuell an einen Investor verscherbeln. Nachdem sich die Gemüter abkühlen, wird weitergemacht — mindestens bis 2022.
18/07
Baudezernent Höing verlässt die Stadt
Köln wächst, es gibt nicht genug bezahlbare Wohnungen und auch zu wenige Flächen — und dann kehrt auch noch Baudezernent Franz-Josef Höing der Stadt den Rücken. Die Meldung ist ein Schock — schließlich ist Höing mit etlichen Wohnungsbauprojekten befasst. Man benötige schnell Ersatz, ruft die Politik. Doch bis heute ist der Posten unbesetzt. Wohnungsnot und Gentrifizierung grassieren weiter. Die Linke will die städtische Wohnungsgesellschaft GAG stärken, die anderen Parteien schwenken auf den Kurs ein. Man berät derweil noch.
August
1. FC Köln will Stadionausbau
2017 hielt der FC nicht nur seine Fans in Atem, sondern auch die Politik. Der Klub wollte das Rheinenergiestadion auf 75.000 Zuschauer erweitern und, falls das nicht möglich ist, einen Neubau anstreben. Die Stadt Köln wäre auf dem Stadion in Müngersdorf sitzen geblieben. Seitdem man sich auf dem Platz am Bundesliga-Tabellenende eingerichtet hat, ist man beim FC froh, dass überhaupt noch wer kommt. Die Pläne sind kein Thema mehr.
24/09
Bundestagswahl
Das Ergebnis der Landtagswahl wiederholte sich. SPD und Grüne verloren, die Linke gewann. Die AfD, die besonders in den ärmeren Vierteln viele Stimmen erhielt, schickte zwei Abgeordnete in den neuen Bundestag, erzielte in Köln aber den geringsten Stimmanteil aller Millionenstädte.
28/09
Drogenhilfe
Köln hat ein Drogenproblem. Obwohl es im Stadtbild seit Jahren deutlich sichtbar ist, hat die Stadt darauf nur unzureichend reagiert. In seiner September-Sitzung beschloss der Kölner Stadtrat schließlich ein umfangreiches Drogenhilfekonzept. Bis 2021 sollen Drogenkonsumräume in fünf Stadtbezirken entstehen. Der erste wird gerade am Neumarkt gebaut, eröffnen soll er Mitte 2018.
20/10
Baumfällungen für Nord-Süd-Stadtbahn
Baum-Massaker auf der Bonner Straße! Weil die Nord-Süd-Bahn im Zuge der dritten Baustufe bald auf der Bonner Straße bis zum Verteilerkreis gondeln soll, fielen im Oktober dort 300 Linden.
Die Proteste waren massiv. Erst klagten Initiativen und Anwohner, dann demonstrierten Naturschützer — vergeblich! Bis die Stadtbahn rollt, wird es noch dauern: Erst 2019 startet der Bau. Von der Fertigstellung der gesamten KVB-Trasse von Norden nach Süden, deren Bau 2009 für den Archiveinsturz sorgte, mal ganz zu schweigen. Tendenz: frühestens Mitte der 20er Jahre.
06/11
Messeskandal: Auftrag Aufklärung
Große Erwartungen lasten auf Peter Graeff. Der Korruptionsforscher soll den Messeskandal aufklären. Ende 2003 ließ die Stadt den Esch-Fonds neue Messehallen in Deutz errichten, die die Kölner Messe dreißig Jahre lang zu weit überhöhten Preisen mieten sollte. RTL bot man das alte Messegelände an und konnte einen großen Gewerbesteuerzahler so in der Stadt halten. Während seit September ein Strafprozess gegen den Fonds-Gründer Josef Esch läuft, soll Graeff im Auftrag der Stadt Akten auswerten und Interviews mit damaligen Akteuren führen. Mitte 2018 soll die Dokumentation vorliegen.
11/11
Elften im Elften
Ja, isses den möglich?! Der kölsche Straßenkarneval ist ja nicht bloß Schunkeln, Krätzje und Spass an d’r Freud — sondern vor allem Suff, Pöbelei und Vandalismus. Rund um die Uhr sind Rettungssanitäter und Polente im Einsatz — die KVB hingegen fährt nur noch, wenn keine Besoffenen auf den Gleisen eingeschlafen sind. Als ginge das nicht schon seit langem so, ist das Thema nun Chefin-Sache: OB Henriette Reker beruft ab 22. November im Wochentakt einen Runden Tisch ein. Dort wollen Berufs-Karnevalisten, Polizei, KVB, ein paar organisierte Anwohner oder der Asta der Uni dem Ballermann-Publikum beibringen, bitte nur gesittet die Sau rauszulassen.
14/11
Good-bye, Underground!
Köln bekanntester Club ist jetzt ein Haufen Bauschutt. Am 15. September wurde im Underground ein letztes Mal gefeiert. Auch 20.000 Unterstützer der Petition »Vereintes Nein zum Abriss« konnten den Abriss im November nicht verhindern. Die Umgestaltung des Heliosgeländes schreitet voran. Das Underground war zum Symbol für einen kulturellen Kahlschlag in Ehrenfeld geworden.
22/11
Nächstes Bau-Debakel: die MiQua
Skandal bei Großbauprojekten, Folge 237: Das »Museum im Quartier«, also der Zusammenschluss von Archäologischer Zone und Jüdischem Museum auf dem Rathausplatz, stiftet Chaos, bevor der Bau beginnt. Nachdem das Museum aus Kostengründen geschrumpft wurde, soll nun aus Sicherheitsgründen auch ein Eingang wegfallen, und damit auch Museumsshop und Café. Dennoch wird der Bau teurer (77 Mio. Euro) als geplant und später fertig (2021).
Dezember
Ebertplatz
»Die Stadtrevue schickt Grüße aus der No-Go-Zone — alles zur Ebertplatz-Debatte in der Titelgeschichte.