Lob der Enge

Der Musiker Jens Friebe hat ­einen Blog geschrieben – und jetzt als Buch veröffentlicht

Die Popkomm ist von Köln nach Berlin abgewandert, desglei­chen der Tropen Verlag und die Spex – und auch Jens Friebe ist dorthin gegangen. Angesichts sol­cher Migrationstätigkeit könnte man fast den Eindruck gewinnen, in der Hauptstadt sei mehr Pop und Glam als hier. Ob das wohl stimmt? Egal, Friebe jedenfalls hat erkennbare Sympathien für beide Städte, und es ist ein großer Spaß nachzulesen, was er beim Stöbern in seinem Alltag hier und dort für aufschreibenswert hält.

Schon Friebes inzwischen auf zwei Alben vorliegender Deutschpop wurde oft gerade wegen der Texte gelobt. Deren trockener, verspielter Witz war im letzten Jahr auch in einem mit wöchentlichen Episoden erschienenen Blog nachzulesen, der nun gedruckt erschienen ist – immerhin bei einem Kölner Verlag.

Köln, am Ende der Woche

Statt Tagebuch könnte man dieses Format »Wochenbuch« nennen, wenn das nicht so sehr nach Schwangerschaftskalender klänge. Jedes Kapitel entspricht einem Wochenende, macht 52 im Jahr. Der Reiz dieser Stilminiaturen liegt in ihrer Unbekümmertheit und ihrer nie absturzgefährdeten Metaphern­akro­batik, die an Max Goldt erinnert. Kabinettstückchen nennt man das im Fußball, was Friebe auf jeweils wenigen Seiten pro Woche mit der Sprache macht. Dabei gibt sich das Personal der Köln-Berliner popkulturellen Szene die Klinke der einschlägigen Locations in die Hand: Man geht ins Studio 672 und in die Volksbühne, die Berliner Band Britta löst Linus Volkmann und die Leute von der Musikzeitschrift intro ab, und Dietmar Dath, der darüber hinaus ein Vorwort geschrieben hat, ist auch mit von der Partie. Das alles geschieht ohne Dandyhaftigkeit oder Dünkel, sondern mit entspannter Nonchalance und Selbst­ironie. Hier lebt sie noch, die tot­gesagte Popliteratur, und vielleicht geht es ihr besser als je zuvor.

Sicher gilt das Provokante an diesem Genre auch für dieses Buch: Geschildert wird scheinbar reiner Müßiggang, und was zum Geldverdienen taugt, Musik machen und Texte schreiben, klingt eher nach zufälligem, willkommenem Zeitvertreib. Die Diskussion mit Bruder Holm Friebe (den Jens im Text nur »meine Schwester« nennt) über dessen Buch »Wir nennen es Arbeit«, manifestartiges Credo eines selbständigen Medienberuflers der »digitalen Boheme«, wird nur angetippt. Ansonsten eher unerhebliche Gedanken. Aber grandios witzige, und mal ehrlich: Wer wollte nicht schon lange mal lesen, dass unsere gemütlich engen Kölner Wohnungen besser sind als die »knarzenden, zugigen, mit tantigem Stuck beschmierten Säle, die Ostberlin für uns bereithält« ?

Jens Friebe: 52 Wochenenden.
Texte zum Durchmachen,
KiWi, Köln 2007, 188 S., 8,95 Euro.
Jens Friebe liest am 19.7. in Köln