Loch und Löcher
Ein riesiges Loch klafft im Zentrum. Das ist es, was sich viele Porzer seit Jahren ersehnen: den Abriss des einstigen Hertie-Kaufhauses. Denn aus der Baugrube soll die Zukunft erwachsen. Die manifestiert sich in den Plänen für drei neue Gebäude für Konsum samt ein paar Wohnungen. Dafür wird der Marktplatz, der Friedrich-Ebert-Platz heißt, dicht bebaut. Damit es nicht zu eng wird, muss die Kirchengemeinde ihr Gemeindezentrum aufgeben. Nach zähen Verhandlungen kann die städtische Entwicklungsgesellschaft Moderne Stadt das Gebäude kaufen und abreißen. Das neue Gemeindezentrum soll in einem der drei Neubauten untergebracht werden. Alles ist im Zeitplan.
Doch wenn das erste Gebäude steht, muss der weitere Baustellenverkehr durch die Fußgängerzone verlaufen. Dreck und Lärm werden enden — die Porzer Misere wird bleiben. Ein neues Shopping-Ensemble mit Filialisten wird Porz-Mitte kaum beleben. Über Herausforderungen wie den Online-Handel, der Vororte veröden lässt, hat man bislang nicht nachgedacht.
Ein Integriertes Stadtentwicklungskonzept (ISEK) sollte soziale Probleme, die es hier zuhauf gibt, verringern. Die Ideen eines Bürgerworkshops, die dafür die Grundlage bildeten, sind nun von der Stadt verworfen worden: nicht förderfähig, heißt es. Also keine »sozial-integrativen Maßnahmen«, nicht mehr Personal für soziale Einrichtungen, kein Sicherheitskonzept, kein Innenstadtmanager.
Für die Bürgerinitiative Bündnis Porz-Mitte ist das eine »Streichorgie«. Geschäftsführer Klaus Schäfer sagt: »Das ISEK verdient seinen Namen nicht mehr, wenn man I für integriert und SE für Stadtentwicklung zusammenstreicht, wie das die Stadt getan hat«, sagt er. »Übrig bleibt ein K, ein Konzept, das vor allem darauf aus ist, Zeit zu gewinnen und das so gut wie keinerlei konkrete Planungen aufweist.«
Aber auch die Neugestaltung des Rheinufers, der Hauptstraße oder des Geländes rund um das Jugend- und Gemeinschaftszentrum Glashütte, direkt an einem sozialen Brennpunkt — alles vertagt. »Die Maßnahmen verzögern sich, die Bürgerbeteiligung ist mangelhaft und die guten Vorschläge der Bürgerinitiativen werden ignoriert«, sagt Michael Weisenstein von der Linken im Stadtrat, der auch im Beirat für Porz-Mitte sitzt.
Simon Bujanowski, SPD-Fraktionschef in der Bezirksvertretung Porz, nimmt die Verwaltung in Schutz. Die Streichungen hingen auch mit der schwarz-gelben Landesregierung zusammen. »Dort werden neuerdings andere Prioritäten gesetzt, und weniger in soziale Maßnahmen investiert als in Steine«, sagt Bujanowski. »Ich sehe es als positives Zeichen, dass uns im Beirat signalisiert wurde, diese Maßnahmen trotzdem weiter aufzuführen — mit dem Ziel, diese von der Stadt finanzieren zu lassen.« Entsprechende Anträge werde die SPD für den Rat der Stadt vorbereiten. Auch die Linke werde flankierende soziale Maßnahmen einfordern, sagt Michael Weisenstein.
Doch in Porz fühlt man sich übergangen. »In Köln muss man sich wohl erst einmal überlegen, an welchen Projekten man mit wie viel Energie und Personal arbeiten will«, sagt Klaus Schäfer. »Und da hat der Deutzer Hafen oder die Reparatur des Konzepts zur Parkstadt Süd natürlich eine andere Priorität als Porz.«
Doch manche Probleme macht sich Porz auch selbst. Die Gemeinschaftsgrundschule (GGS) an der Hauptstraße ist marode. Weil der Bedarf steigt, soll die Schule von drei Klassen pro Jahrgang auf vier erweitert werden. Doch der Neubau am alten Platz wird von CDU und Grünen in Porz in Frage gestellt. Sie überlegen, das Gelände freizuräumen und einen Umzug der Schule prüfen zu lassen. Dabei hatte es in der Bürgerbeteiligung zur »Revitalisierung von Porz-Mitte« ein deutliches Votum gegeben, am jetzigen Ort zu bleiben. »Eine attraktive neue Porzer Mitte braucht auch eine attraktive und zentral gelegene Bildungs- und Kulturlandschaft«, heißt es in einem Flugblatt von Schulpflegschaft und Elternvertretung. Das Bündnis Porz-Mitte unterstützt deren Forderungen.
»Die Entwicklung von Porz-Mitte ist im Moment auf keinem guten Weg«, sagt Michael Weisenstein. »Es zeichnet sich eine ähnliche Schieflage ab wie vor ein paar Jahren in Mülheim.« Das Projekt hieß dort »Mülheim 2020« und sollte den Stadtteil stützen. »Die Neugestaltung der Frankfurter oder der Berliner Straße wurden erfolgreich durchgeführt«, so Weisenstein. »Flankierende Maßnahmen in den Bereichen Bildung oder lokale Ökonomie wurden dagegen nur in Bruchteilen umgesetzt. Das darf sich in Porz-Mitte nicht wiederholen.«
Die Bauarbeiten auf dem Friedrich-Ebert-Platz gehen derweil voran. Von der Hauptstraße sieht man ein Panorama aus Ruinen, schwerem Gerät, Schutt, Geröll. Die Porzer sollen den Abbruch als Aufbruch deuten. Aber man kann darin auch ein Sinnbild für den Zustand des Stadtentwicklungskonzepts sehen, von dem auch nicht mehr viel stehengeblieben ist.