Zumindest im Vorgarten herrscht Ordnung: Kinderklinik an der Amsterdamer Straße, Foto: Marcel Wurm

In Fusion

Die städtischen Kliniken sind in der Krise — und müssen auf einen neuen Chef warten

Drohende Zahlungsunfähigkeit, ein 25-Millionen-Euro-Defizit, Notkredite aus dem städtischen Haushalt, Führungspersonal, das sich nach anderen Jobs umsieht, wachsende Verunsicherung unter den Beschäftigten: Die städtischen Kliniken befinden sich in einer tiefen Krise. Und Besserung ist nicht in Sicht. Im Gegenteil: Die dringend notwendige Sanierung kommt nicht in Gang. Rat und Verwaltung streiten um die Berufung eines Interimsgeschäftsführers. 

 

Politiker und Stadt schieben sich gegenseitig die Schuld für die festgefahrene Situation zu bei den städtischen Kliniken, zu denen die Krankenhäuser in Merheim, Holweide und die Kinderklinik an der Amsterdamer Straße gehören. Der Posten des Geschäftsführers ist vakant, seit der Aufsichtsrat Mitte April beschloss, Roman Lovenfosse-Gehrt abzusetzen. Dem 53-Jährigen wird die Verantwortung für die Misere zugeschrieben. Seit er 2012 die Leitung der Kliniken übernahm, zehrten die Verluste das Eigenkapital nach und nach auf. Als Ursachen nannte das Unternehmen ausstehende Abrechnungen mit den Krankenkassen und fehlendes Personal für lukrative Stationen. Landesmittel für Investitionen waren viel zu gering. Ein Sanierungsgutachten, das eine Beraterfirma demnächst vorlegen soll, soll weitere Gründe finden und Sparmaßnahmen entwickeln. Lovenfosse-Gehrt habe auf jeden Fall zu wenig gegen die Missstände unternommen, so das einhellige Urteil.

 

Die Suche nach seinem Nachfolger für zunächst 18 Monate hatte Kämmerin Gabriele C. Klug (Grüne) bereits eingeleitet, als Schwarz-Grün in den zuständigen Ausschüssen ein zügiges Verfahren anmahnte. Klugs Vorschlag jedoch, ausgewählt mithilfe der Beraterfirma und im Einvernehmen mit dem Aufsichtsratsvorsitzenden und SPD-Ratsherrn Michael Paetzold, traf nach Bekanntwerden Anfang Mai bei CDU und Grünen auf wenig Zustimmung. Peter Jung, ein Manager aus Bremen mit Erfahrung in den Aufsichtsräten großer Kliniken, nicht aber im operativen Geschäft, sei nicht geeignet, befanden sie. Die parteilose Oberbürgermeisterin Henriette Reker war ebenfalls der Ansicht, man solle weitersuchen, und kritisierte die Kämmerin. Das Verfahren sei nicht transparent genug gewesen. Doch wie sinnvoll ist es, die Suche nach jemandem, der immerhin eine drohende Insolvenz abwenden muss, dem politischen Prozess auszusetzen? Aus Sicht der SPD bedeutet der Eingriff der Ratsmehrheit eine überflüssige Verzögerung. Die Kliniken müssten schnell wieder handlungsfähig werden, sonst sei die Gesundheitsversorgung »für tausende Kölnerinnen und Kölner« in Gefahr.

 

Doch offenbar ging es der Ratsmehrheit ums Prinzip. »Die Kämmerin hatte kein belastbares Verfahren vorgelegt«, sagt Jörg Frank, durch die Stadtwerke-Affäre angeschlagener Fraktionsgeschäftsführer der Grünen. Die Qualifikation Jungs könne er nicht beurteilen. Dieser zog seine Bewerbung schließlich zurück, von der längst öffentlichen Diskussion über seine Person entnervt. Wie es weitergeht, ist nun offen. Dabei stehen die nächsten, drängenden Entscheidungen an. Die Uniklinik hat ein Übernahmeangebot vorgelegt. Eine Fusion hätte weitreichende Folgen, nicht nur für den Medizinforschungsstandort Köln, sondern für die Gesundheitsversorgung der gesamten Stadt. Derweil geht in beiden Unternehmen die Angst vor einer zumindest teilweisen Priva-tisierung durch die Fusion um. Andere bezeichnen einen möglichen Klinik-Verband euphorisch als »Charité des Westens«. Wie realistisch das ist, kann und will in dieser Situation niemand ernsthaft prüfen.