Unabhängig, aber unterstützt: OB Henriette Reker mit Wahlkampfversprechen, Foto: Manfed Wegener

Ein ausgeklüngeltes Verfahren

Die Beteiligten tun sich mit der Aufarbeitung

des Stadtwerke-Klüngels weiterhin schwer

 

Mit einer Vertagung beginnt die Aufarbeitung des Stadtwerke-Klüngels. Am Dienstag, den 5. Juni, sitzen drei der Beteiligten — Martin Börschel (SPD), Jörg Frank (Grüne) und Bernd Petelkau (CDU) — im Finanzausschuss zusammen. Dort haben sie einen gemeinsamen Antrag eingebracht: Die Verwaltung soll in einer Arbeitsgruppe den Public-Corporate-Government-Kodex überarbeiten. Er regelt die Alltagsgeschäfte bei kommunalen Unternehmen wie den Stadtwerken, so auch die Besetzung des Geschäftsführer-Postens, der öffentlich ausgeschrieben werden soll. Genau das war nicht der Fall, als Petelkau und Frank gemeinsam mit zwei Vertretern der Arbeitnehmer im April in einem Untergremium des Stadtwerke-Aufsichtsrats Martin Börschel zum neuen, hauptamtlichen Geschäftsführer krönen wollten. Der Rest ist bekannt: Es hagelte Kritik, Ende April scheiterte die Besetzung.

 

Kein Wunder, dass es im Finanzausschuss heiß her geht. Ulrich Breite (FDP) will die Macht der Unterausschüsse begrenzen, Jörg Detjen (Linke) fordert: »Der Deal muss auf den Tisch!« Die Aufarbeitung dürfe nicht in eine intransparente Arbeitsgruppe verwiesen werden. Aber die drei Klüngler bleiben stur. Allerdings möchten sie auch nicht den Eindruck erwecken, als wollten sie nun auch die Aufarbeitung unter sich ausmachen. Der Antrag wird vertagt.

 

Wie im Finanzausschuss geht es oft zu, wenn der Stadtwerke-Klüngel aufgearbeitet werden soll: Es wird taktiert. Aus der SPD dringt kaum etwas nach draußen, die CDU hat eine interne Kommission gebildet. Die Grünen verhandeln die Aufarbeitung öffentlich. Parteibasis und Ratsfraktion haben vereinbart, die Ämterhäufung in der Fraktion einzudämmen. Im Juli soll ein Ersatz für den aus dem Stadtwerke-Aufsichtsrat zurückgetretenen Jörg Frank gewählt werden, auch die Fraktionsvorsitzende Kirsten Jahn will sich »nach einem geordneten Übergang« aus dem Aufsichtsrat zurückziehen.  

 

Aber die Beteiligten versuchen auch im Scheitern noch, politisches Kapital aus der Affäre zu schlagen. Bei der Sitzung des Stadtrats am 7. Juni wollen Grüne, CDU und FDP mit ihrer Ratsmehrheit die von ihnen unterstützte OB Henriette Reker zur neuen Aufsichtsratsvorsitzenden der Stadtwerke wählen und loben ihren Einsatz für Transparenz. Aber die SPD will nicht mitspielen. Sie hält die meisten Sitze im Stadtwerke-Aufsichtsrat und behält sich deshalb das Vorschlagsrecht für den Vorsitzenden vor. Und das soll jemand anders sein als die Oberbürgermeisterin, die sie 2015 in die Opposition gedrängt hat.

 

Schon kurz nach der Klüngelaffäre hatten Mitglieder der Kölner SPD immer wieder Zweifel daran gestreut, dass Reker vom Stadtwerke-Deal überrascht worden sei. Am Tag der Ratssitzung fragt der Express: »Sagt OB Reker nicht die ganze Wahrheit?« Reker könne laut dem Boulevardblatt schon frühzeitig von der Personalie Börschel erfahren und wider besseres Wissen nicht eingegriffen haben. Nicht nur über die ihr nahestehenden Grünen, auch in einem Vier-Augen-Gespräch mit Börschel Mitte April habe sie die Affäre verhindern können. Reker dementiert, Börschel will sich zu dem »vertraulichen Gespräch« nicht äußern. Die Gerüchte sind ein größerer Vorteil für ihn.

 

»Die Oberbürgermeisterin ist verpflichtet, die Vorgänge aufzuklären«, sagt Jörg Detjen (Linke). Seine Fraktion hat deshalb für die kommende Ratssitzung am 5. Juli eine Anfrage angekündigt. Reker soll offenlegen, wann sie von welchen Gerüchten über die Besetzung des Stadtwerke-Postens gehört habe. Außerdem formuliert die Linke einen Verdacht: Könnten die Beteiligten gegen die Gemeindeordnung verstoßen haben? Das wäre ein Fall für die Staatsanwaltschaft.

 

Für »Köln kann auch anders« (K2A2) steht das bereits fest. Einen Geschäftsführerposten für 500.000 Euro jährlich zu schaffen, ohne den Rat vorher zu informieren, hält die Initiative für einen »Versuch der Untreue« und eine »vorsätzliche und grobe Verletzung geltenden Rechts«. Mit einem Einwohnerantrag will sie erreichen, dass Börschel, Petelkau und Frank, aber auch alle anderen, die am Deal beteiligt waren, sämtliche Mandate als Vertreter der Stadt niederlegen. Frank Deja, Sprecher von K2A2, sagt. »Wir wollen verhindern, dass das Thema mit der Fußball-WM und den Sommerferien in Vergessenheit gerät.« Deshalb will man nun 8000 Unterschriften sammeln. Gelingt das, müsste am 29. August im Rat über den Antrag gesprochen werden.

 

Ein anderes Thema kommt schon vorher auf die Tagesordnung. Am 29. Juni wählt der Aufsichtsrat der Stadtwerke einen neuen Vorsitz. Sollte Henriette Reker, wie vom Rat beschlossen, gewählt werden, will sie die Wahl annehmen. »Der Ratsbeschluss ist für uns nicht bindend«, erklärt jedoch Harald Kraus, amtierender Vorsitzender des Aufsichtsrats und Arbeitnehmervertreter. Ohne seine und die Stimme seiner 9 Kollegen ist die Wahl Rekers nicht möglich. Kraus hat die Personalie Börschel mit auf den Weg gebracht. Heute hält er das Verfahren, in dem auf eine Ausschreibung verzichtet wurde, für falsch, den Posten eines hauptamtlichen Geschäftsführers aber weiterhin für notwendig. »Es wäre gut, jemanden zu haben, der alle Interessen im Konzern berücksichtigt.« Über dessen Notwendigkeit soll nun ein Wirtschaftsprüfungsunternehmen befinden. Können auch die Arbeitnehmer im Aufsichtsrat dazu beitragen, Vertrauen zurückzugewinnen? »Wer Klüngel finden will, findet ihn auch«, so Kraus. Es sei bei Personalfragen gut, auch im kleinen Kreis beraten zu können, um potenzielle Bewerber nicht abzuschrecken. »Es ist sexy, über den Klüngel in Köln zu schreiben«, sagt Kraus. »Aber man muss entscheiden, was transparent sein kann und was vertraulich bleiben muss.«