Stresstest Denkmalschützer

Auf dem Alter Markt ist ein Streit zwischen einem Demonstranten und Mitarbeitern des -Ordnungsamts eskaliert. Das Amt sollte sein -Leitbild überdenken

 

 

Wer dieser Tage in Köln Unterschriften sammeln will, sollte vor dem Ordnungsamt auf der Hut sein: Man könnte sich unversehens im Polizeigriff wiederfinden. So geschah es am 9. September mit einem Demonstranten, der am Rande der Eröffnungsveranstaltung zum Tag des offenen Denkmals Unterschriften für die Rettung eines Mosaiks sammelte. Das Kunstwerk des Architekten Wilhelm Koep zierte bis vor zehn Monaten die Fassade von dessen Wohnhaus in der Südstadt. Dann wurde das Haus an einen Investor verkauft, der die zarten 50er-Jahre-Mosaiksteine unsanft mit Wärmedämmplatten zudecken ließ.

 

Der Demonstrant, bei dem es sich um Rainer Kippe handelte, den Gründer der Sozialistischen Selbsthilfe Mülheim, sei von den Ordnungshütern mit »unverhältnismäßiger Gewalt« behandelt worden — so schildern es Zeugen des Vorfalls, unter ihnen der grüne Bezirksbürgermeister Andreas Hupke. Die Stadt gab zunächst an, die Ordnungshüter seien eingeschritten, weil Kippe keine Genehmigung für seine Aktion habe vorweisen können. Weil er sich weigerte, seinen Ausweis zu zeigen, hätten die Mitarbeiter ihn festgehalten und das Portemonnaie aus der Tasche gezogen, um seine Personalien feststellen zu können. 

 

Wenig später musste man im Ordnungsdienst jedoch einsehen, dass für das Sammeln von Unterschriften gar keine Genehmigung nötig ist. Es ist vom Grundrecht auf freie Meinungsäußerung gedeckt. Prompt präsentierte die Stadt eine andere Erklärung: Der Demonstrant habe sich »störend verhalten«. Die Antwort der Verwaltung auf eine Anfrage der Grünen bietet eine weitere Version: Die Ordnungshüter hätten ausschließen wollen, dass es sich beim Sammeln von Unterschriften um eine gewerbliche Aktion handelte. 

 

Diese Posse wirkt weniger lustig, wenn man bedenkt, dass Stadtdirektor Stephan Keller (CDU) gerade eifrig mit dem Aufstocken und Ausrüsten seiner städtischen Ordnungshüter beschäftigt ist. Dabei lässt er sich von der Politik nicht gern hereinreden. Zwar konnte die Politik ihm abringen, auf die angestrebte Reizgaspistole zu verzichten, nachdem im März in Bergisch Gladbach ein junger Mann durch den Schuss aus einer solchen Pistole getötet worden war. Ein »Teleskop-Abwehrstock« aber soll zum Einsatz kommen. Wenn schon das Zusammentreffen der Ordnungshüter mit einem 74-jährigen Denkmalschützer eskaliert, kann man an Stadtdirektor Keller nur appellieren, mehr in die Schulung seiner Mitarbeiter zu investieren als in ihre Ausrüstung.