Fußball ohne Märchen
Der Rat der Stadt Köln war united by football. Als Oberbürgermeisterin Henriette Reker zu Beginn der Ratssitzung Ende September die Nachricht überbrachte, dass die Fußball-EM der Männer 2024 in Deutschland und damit auch in Köln stattfinden wird, brach bei den Ratsmitgliedern Jubel aus wie sonst nur auf der Südkurve.
Der kollektive Freudentaumel ist verwunderlich. Dass Kritik und Rückfragen ausbleiben, ist noch verwunderlicher. Die EM wird der Stadt erhebliche Kosten verursachen. Köln erhielt auch deshalb den Zuschlag, weil es mit mehr Sitzplätzen im Rheinenergiestadion die innerdeutsche Konkurrenz ausstach. Die Kapazität wird von bislang knapp 46.000 Sitzplätzen bei internationalen Spielen, bei denen keine Stehplätze erlaubt sind, auf knapp 50.000 erhöht. Wie teuer dieser Umbau wird, und ob — wie beim Stadionbau für die WM 2006 — die öffentliche Hand und die Kölner Sportstätten als städtische Tochter größtenteils dafür aufkommen? Mit derlei Informationen hält sich die Stadt zurück. Die Stadtspitze sollte aber Kosten und Nutzen beziffern und den Kölnern erklären, warum Geld in ein Großereignis fließt und nicht in den Bau von Sportstätten oder den Breitensport. Transparenz und Compliance sind in der Sportpolitik schließlich die Begriffe der Stunde.
Die führen unfreiwillig zu Uefa und Deutschem Fußball-Bund (DFB). Beide sind nicht gerade das, was man vertrauenswürdige Partner nennen würde. Bei der Uefa war Korruption in den vergangenen Jahren an der Tagesordnung. Das hält sie nicht davon ab, Forderungen zu stellen — auch an Köln: Das 190 Seiten starke Handbuch »Turnieranforderungen« regelt penibel, wozu sich Austragungsorte verpflichten. Dazu zählen ein Versammlungsverbot rund um die Stadien, Steuerbegünstigungen oder weitreichende Vermarktungsrechte für die Uefa vor Ort. Die Uefa macht Städte zu ihren Erfüllungsgehilfen. Der DFB wiederum hat immer noch nicht lückenlos aufgearbeitet, mit welchen illegalen Mitteln er die WM 2006 ins Land holte.
Dass die Stadt nun mit diesen beiden Sportverbänden zusammenarbeitet, sollte zumindest von kritischen Worten und klaren Forderungen begleitet werden. Stattdessen gibt man sich dankbar, fast demütig und beschwört allenthalben das Sommermärchen von 2006. Wieder ein warmer Sommer mit viel Fußball? Gerne. Noch mehr Märchen von Transparenz? Lieber nicht.