Stromausfall
Im August havarierte ein Frachter bei Dormagen, im November ein Tanker bei Deutz. Einen Monat zuvor war bei Bonn ein Passagierschiff auf Grund gelaufen. Der ex-trem niedrige Wasserstand des Rheins, der seit Sommer anhält, macht der Schifffahrt zu schaffen. Aber auch ökologisch ist er folgenschwer. Fische flüchten in die tiefere Fahrrinne, wo sie dann von Schiffsschrauben bedroht sind.
Selbst der New York Times war das Niedrigwasser schon eine Story wert. Der Rhein ist eine der wichtigen Verkehrswege Europas und die meistbefahrene deutsche Wasserstraße. 80 Prozent des Schiffsgüterverkehrs verläuft hier — normalerweise.
Ungewöhnlich ist, dass das Niedrigwasser diesmal so lange anhält. Die Gründe sind der extrem trockene Sommer und dass Oktober und November ohnehin wenig Regen bringen. Am 23. Oktober sank der Pegel auf 67 Zentimeter und unterbot den bisherigen Tiefststand vom »Jahrhundertsommer« 2003.
Zwar zeigt der Pegel nicht den Wasserstand an, und sänke der Pegel auf null, stünde das Wasser in der Fahrrinne noch rund einen Meter hoch. Trotzdem können bei Niedrigwasser Frachtschiffe nur noch ein Drittel laden. Das führt zu mehr Fahrten, oder es wird weniger angeliefert. An manchen Tankstellen wird schon der Sprit knapp, und die Industrie in und um Köln, etwa Bayer, Shell, Evonik oder Ineos, drosselten bereits die Produktion. Wenn der Pegel nur einen Zentimeter sinkt, müssen viele Schiffe 20 Tonnen weniger laden, sagt Christian Lorenz, Sprecher des städtischen Logistikunternehmens Häfen und Güterverkehr Köln (HGK).
Ein Fahrverbot wird auch bei extremem Niedrigwasser aber nicht ausgesprochen. Die Unternehmen sind selbst dafür verantwortlich, nicht zu havarieren. Deshalb sei Hochwasser für die Schifffahrt das größere Problem, sagt Christian Hellbach vom Wasser- und Schifffahrtsamt Köln. Bei einem Pegel von 8 Meter 30 muss die Schifffahrt eingestellt werden, damit Hochwasserschutzvorrichtungen durch den Wellengang der Schiffe nicht beschädigt werden.
Wenn es nun häufiger und länger zu Niedrig- und Hochwasser kommt, ist das auch eine umweltpolitische Herausforderung. Zwar sind Schiffe auch für Stickoxide aufgrund alter Dieselmotoren sowie Feinstaub verantwortlich; aber eine Verlagerung des Güterverkehrs von der Straße auf Schiene und Schiff erscheint dennoch besser. So steht es auch in der Kooperationsvereinbarung zwischen den Kölner Ratsfraktionen von CDU und Grünen. Jörg Frank, wirtschaftspolitischer Sprecher der Grünen, geht davon aus, dass Wetterextreme zunehmen: »Somit wird dies zu einem ernsten Problem für den Transportweg Rhein. Darauf müssen sich nun die kommunalen Logistikunternehmen wie HGK und ihre Töchter RheinCargo für die Zukunft einstellen.« Die Verlagerung von LKW-Transporten auf Schiene und Rhein sei daher eine ökologische Notwendigkeit, sagt Frank. Kommt es häufiger zu extremen Pegelständen wird das jedoch schwierig. »Durch das Niedrigwasser gibt es eine verstärkte Verlagerung von Waren auf Bahn und LKW«, sagt Christian Lorenz von der HGK: »Dieses Jahr bereitet der Branche durchaus Kopfzerbrechen«
Die Fahrrinne zu vertiefen, lehnen die Grünen ab. Das hätte gravierende ökologische Folgen, sagt Jörg Frank. Außerdem ergäben sich bei Hochwasser dadurch höhere Fließgeschwindigkeiten, so dass die Überflutungsflächen nicht mehr ausreichten. Auch Christian Hellbach vom Schifffahrtsamt hält eine Vertiefung nicht für nötig. Bei Niedrigwasser ist allenfalls die sogenannte Deutzer Platte ein Problem: Zwischen Severinsbrücke und Deutzer Brücke sammelt sich im Rhein Fels und Kies und muss entfernt werden.
Allmählich wird der Pegel wieder steigen — üblicherweise kommt es zum Jahreswechsel zu Hochwasser. Es könnte also sein, dass Köln vom einen Extrem ins andere fällt.