Plätze zurückerobern
In Köln gibt es eine merkwürdige Diskrepanz zwischen dem Stolz auf die eigene Stadt und der öffentlich geäußerten Liebe zu ihr einerseits – und der Vernachlässigung des öffentlichen Stadtraums andererseits. Besonders deutlich wird das am ebenso häufig wie ergebnislos beklagten Zustand der Plätze, die in Köln meist nur dem Namen nach als solche zu erkennen sind, während sie in Wirklichkeit aus Straßenkreuzungen bestehen. Damit dienen sie dem Gegenteil dessen, was eigentlich den Charakter eines städtischen Platzes bestimmt: Ein funktionierender Platz ist ein Aufenthaltsort, ein Ort der Begegnung und Kommunikation – während die Autostraße dazu dient, die Strecke zwischen zwei Orten möglichst schnell und bequem zurückzulegen, den Raum so klein wie möglich zu machen und hinter sich zu lassen.
Natürlich wäre es albern, diese beiden Alternativen in Gut und Böse aufzuteilen. Aber es wäre gut, wenn bei der Diskussion über Verkehrskonzepte auch die in Köln so oft vernachlässigte Frage gestellt würde, wie der städtische Raum von Bewohnern und Besuchern der Stadt genutzt und nicht nur durchquert werden kann. Schon die Belastungen durch Feinstaub, Smog und Kohlendioxid machen es nötig, den Autoverkehr in der Innenstadt zu reduzieren – aber auch die sinnvolle Gestaltung des städtischen Lebensraums verlangt danach.
Und was heißt das konkret? Alle Vorschläge, die dazu dienen, öffentlichen Platz zurück zu erobern, sollten gründlich und wohlwollend geprüft werden – im Großen und im Kleinen. Ist die Citymaut, wie sie die Grünen vorgeschlagen haben, vielleicht wirklich eine gute Idee für Köln – trotz des kollektiven Aufschreis der anderen Ratsparteien? Oder noch konkreter: Wann endlich wird die Ehrenstraße zum autofreien Boulevard? Muss der Neumarkt wirklich von Verkehr umgeben sein – oder ließe der sich auf die südliche Seite beschränken, sodass der Platz sich im Norden zwischen St. Aposteln und Schildergasse zur Stadt hin öffnen könnte? Und lässt sich der »Verkehrsversuch« zwischen Rudolf- und Friesenplatz, der die Fahrspuren verringert und dafür mehr Platz für Fußgänger, Radfahrer und Außengastronomie schafft, auf weitere Abschnitte des Rings ausweiten?
Wie Menschen eine Stadt nutzen, ist nicht völlig planbar. Und eine autofreie Fläche allein macht noch keinen lebendigen Platz – siehe Mediapark. Aber eine Stadt braucht öffentliche Räume, damit ihre Bewohner sie sich aneignen können, seien es die verbreiterten Bürgersteige der Aachener Straße mit ihren Cafés oder die neuen Treppen am Bahnhofsvorplatz. Solche Orte machen die Stadt wertvoll. Köln könnte sich mehr davon leisten.
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