Jörg Schröder erzählt Ernst Herhaus: »Siegfried«

Man soll ein Buch nicht nach dem Umschlag beurteilen. Doch bei den meisten Büchern aus dem 1969 gegründeten März Verlag versetzt schon das knallgelbe Cover samt roter Schrift die Leser in Alarmbereitschaft. Dieses Design schmückt Werke von Bernward Vesper, Upton Sinclair, Leonard Cohen — und es steckt mehr dahinter als bloß eine gute Geschichte. So erzählte Verlagsgründer Jörg Schröder Autor Ernst Herhaus 1972 eine skandalträchtige Story nach der anderen. Daraus wurde »Siegfried«, ein Meilenstein der »Entblößungsliteratur« (Spiegel), und der wird jetzt wiederaufgelegt. März ist seit 1987 passé, doch hier kann man hautnah erleben, wie alles begann: Erst sanierte Schröder den braven Melzer Verlag mit der pornografischen »Geschichte der O«, dann hob er im Verlagskeller März aus der Taufe. Schröder erscheint nicht nur als umwerfender Erzähler, gewiefter Aufschneider und windiger Geschäftsmann, sondern auch als furchtloser Aufklärer — bald kommt einem der Kulturbetrieb schummriger vor als das ebenfalls präsente Rotlichtmilieu. Barbara Kalender ergänzt den Band mit einer ausführlichen Vita: »Das ganze Leben«. Und das hat viel mehr zu bieten als einen Haufen guter Bücher und Skandale. 

 

Schöffling & Co, 544 Seiten, 28 Euro