Schwarzlicht
Ach ja, die Weimarer Republik. Tausendmal abgehandelt, im Schulunterricht, bei Döblins und Konsorten, im Geschichtsfernsehen. Abgefrühstück, das Thema, könnte man meinen, wäre da nicht die gute deutsche Kriminalliteratur der letzten Jahre: Genreromane, die in die kleine deutsche Wackeldemokratie entführen, erschienen so massenhaft, dass man von einem Trend sprechen kann. Und sich fragt: Ist das Ganze so vorgestrig, dass es schon wieder innovativ ist? Oder wird hier mit spannenden Geschichtsumständen verschleiert, dass man eigentlich nichts Spannendes zu sagen hat?
Das jedenfalls könnte man vermuten, wenn man den neuen Roman »Der nasse Fisch« des Kölner Autors Volker Kutscher durchgeackert hat. Ein Kölner Mordermittler lässt sich, weil er jemanden getötet hat, zur Berliner Sitte versetzen – und wird da doch wieder in intrigante Mordfälle verwickelt, die natürlich die politischen und gesellschaftlichen Gegebenheiten spiegeln. Klingt spannend und ist offensichtlich auch umfassend recherchiert – aber das (opulent gestaltete) Werk ist so schwach, monoton und dabei ausufernd geschrieben, dass einem die Freude schnell vergeht. Das ist, trotz neuem Gewand, doch wieder nur der alte Regio-Krimi in all seiner stilistischen Unbehaustheit.
Dass es auch anders geht, beweist Krimi-Shooting-Star Andrea Maria Schenkel: Ihr zweiter Roman »Kalteis« erzählt die Geschichte eines Frauenmörders, der in den 20er und 30er Jahren München und Umgebung tyrannisierte. Pointiert geschrieben, klug konstruiert, knapp und treffend: »Kalteis« ist noch besser als Schenkels Debüt »Tannöd«. Es ist auch ein Krimi aus den Gründerzeiten, nur ist die Weimarer Republik hier nicht der Inhalt der Geschichte, sondern Hintergrundfolie. Im Mittelpunkt steht die Kunst des Erzählens. Das ist der Unterschied.