Zieleinlauf dauert noch: Masterplan-Projekt Deutzer Hafen , Foto: Marcel Wurm

Der Weg ist das Ziel

Vor zehn Jahren beschloss der Rat den städte­baulichen Masterplan. Umgesetzt ist kaum etwas

 

»Die Bilanz nach zehn Jahren ist — freundlich ausgedrückt — bescheiden«, sagt Ralph Sterck über den städtebaulichen Masterplan, der 2009 beschlossen wurde. »Wir hatten damals beantragt, alle Vorschläge mit Zeit-Maßnahmen-Plänen zu hinterlegen, vergeblich.« Sterck ist Fraktionschef der FDP im Rat und sitzt seit vielen Jahren im Stadtentwicklungsausschuss. Er steht mit seinem Fazit nicht allein. Barbara Moritz, bis 2014 Fraktionschefin der Grünen und deren stadtentwicklungspolitische Sprecherin, sagt: »Beschlüsse hat es durchaus gegeben, ich frage mich nur, warum die Verwaltung immer so lange braucht, um sie umzusetzen.« Moritz, die 2014 aus der Politik ausgeschieden ist, erinnert sich noch gut an die Aufbruchsstimmung vor zehn Jahren.

 

Im Umfeld der IHK hatte deren damaliger Präsident, der Bauunternehmer Paul Bauwens-Adenauer, bei rund 50 Unternehmern eine halbe Million Euro eingesammelt. Damit beauftragte man beim Stadtplaner und Architekten Albert Speer aus Frankfurt einen »Städtebaulichen Masterplan Innenstadt Köln«. Der Stadtverwaltung trauten die Unternehmer diese Aufgabe nicht zu. Ende 2008 legte Speer seine Analyse samt Handlungsempfehlungen vor. Ein umfassendes Konzept, das der Rat im Mai 2009 mit breiter Mehrheit annahm. Mitglieder der Verwaltung, der Ratsfraktionen sowie Fachleute tagten daraufhin regelmäßig in einem Lenkungsausschuss, um politische Beschlüsse vorzubereiten.

 

»Die Arbeit in der Lenkungsgruppe zum Masterplan war immer auf hohem Niveau«, sagt Barbara Moritz. Auch hätten sich die Mitglieder des Gremiums stets ko-operativ gezeigt, so dass sich
im Rat breite Mehrheiten für die Beschlüsse ergaben. »Aber offenbar sind in Köln Ratsbeschlüsse für die Verwaltung das, was Verkehrsregeln in Südamerika sind«, sagt Moritz. »Man kann sich daran halten und sie umsetzen — muss es aber nicht.«

 

Speers Vorschläge waren für viele überraschend: Abkehr von der autogerechten Stadt, mehr Radverkehr und Fußgängerwege, mehr Freiraum, Grün und Aufenthaltsqualität. Davon ist nur wenig umgesetzt worden. 

 

In Deutz gestaltete die Stadt den Ottoplatz um und baute den Rheinboulevard, in der Innenstadt legte man gegenüber Kolumba den kleinen L.-Fritz-Gruber-Platz an. Ein Rasengleis der Stadtbahn zwischen Heumarkt und Neumarkt gilt als Errungenschaft, besser zu überqueren ist die Autoschneise immer noch nicht. Auch auf den Ringen ist kaum etwas besser geworden. Am Barbarossaplatz ist nichts geschehen, den Ebertplatz nahm man erst in den Blick, als er wegen Übergriffen in die Schlagzeilen geriet. 

 

Ganz so will das Ulrich S. Soénius, stellvertretender Hauptgeschäftsführer der IHK, nicht stehen lassen. »Vom Masterplan ist mehr umgesetzt worden als allgemein bekannt«, sagt er. Gut gelungen seien Projekte wie der Ottoplatz, Domumgebung, L.-Fritz-Gruber-Platz und das Gebiet rund um den Brückenkopf der Severinsbrücke. Soénius weist auch auf Projekte hin, die bereits angegangen werden: Grünzug Eifelwall, Mülheimer Hafen, Deutzer Hafen, Parkstadt Süd. Er setzt auf Markus Greitemann, den mittlerweile dritten Bau-dezernenten, dem der Masterplan als »Regiebuch« dienen soll. »Ich bin sicher, dass mit Markus Greitemann die Stadtplanung neuen Schwung bekommt«, sagt Soénius.

 

»Stadtentwicklung ist eben kein Sprint, sondern ein Marathon«, sagt Niklas Kienitz. Der CDU-Politiker ist Vorsitzender des Stadtentwicklungsausschusses. »Strategische Projekte wie die Vollendung des inneren Grüngürtels mit der Parkstadt Süd oder die Entwicklung des Deutzer Hafens sind beschlossen, brauchen aber ihre Zeit bis zum Zieleinlauf.« Viele Projekte seien auch zeitgleich angestoßen worden. »Beispielsweise die Via culturalis« sagt Kienitz. »Aus diesem namensgebenden Impuls wurden Förderprojekte entwickelt, aus denen der Kurt-Hackenberg-Platz oder die Gürzenichstraße hervorgegangen sind — durchaus gelungene Maßnahmen.« Für Kienitz hat der Master-plan nichts an Aktualität eingebüßt. Allerdings müsste der Städtebau neuen Entwicklungen angepasst werden, etwa bei der Mobilität. Auch könnte man die Bezirke jenseits der Innenstadt mehr in Betracht ziehen, meint er.

 

Speer unterschied bei seinen Empfehlungen zwischen kurz-, mittel- und langfristigen Zielen, was Raum für Interpretationen ließ — so etwa bei der Ost-West-Achse. Speer hatte einen U-Bahn-Tunnel bloß als langfristige Möglichkeit empfohlen und zuvor oberirdische Verbesserungen angemahnt, etwa eine Umgestaltung des Neumarkts mit Verbesserungen für Passanten und Radfahrer. 

 

Verkehrsdezernentin Andrea Blome hatte bei ihrem Vorstoß für einen Ost-West-Tunnel allerdings signalisiert, der Masterplan sei ja schon ziemlich alt — und für einen U-Bahn-Tunnel geworben. 

 

»Der Masterplan hat an einigen Stellen Interpretationsspielraum gelassen«, sagt Soénius von der IHK. Zehn Jahre später brauche es eine Neubearbeitung. »Wir reden heute über den Einklang von Wohnen und Arbeiten im Viertel — darüber haben wir vor zehn Jahren nicht so intensiv diskutiert.«

 

Der Kritik, dass zu wenig umgesetzt worden sei, schließt sich Soénius nicht an. »Der Masterplan war nicht nur wegen der einzelnen Projekte wichtig, sondern auch wegen der grundsätzlichen Gedanken und des Gesamtwerkes«, sagt er. »Allein, dass wir das in Köln geschafft haben, war eine allgemein anerkannte Leistung.«

 

 

Veranstaltung: Di., 2.4., »Zehn Jahre Masterplan«, Haus der Architektur (hdak), 19 Uhr. Siehe auch Tagestipp. Weitere Informationen auf masterplan-koeln.de