»Schwer, das nicht zu genießen«

 

Erstmals findet in Köln das »Festival der Reli­gionen« statt

 

Anja Fahlenkamp hatte irgendwann genug davon, dass Religion so häufig nur als Konfliktstoff gesehen wird. Weil sie Jüdin ist, wurde sie wäh­rend ihres Studiums in London unablässig auf den Nahost-Konflikt angesprochen. »Ich dachte, man muss doch mal miteinander in Kontakt kommen können, ohne gleich über Politik zu streiten«, sagt Fahlenkamp. Und weil sie aus einer musikalischen Familie kommt, lag auf der Hand, welches Mittel zum Austausch sie wählen würde. So organisierte sie 2011 unter dem Namen »Faiths in Tune« das erste Festival der Religionen mit Musik- und Tanzdarbietungen verschiedener Glaubensgemeinschaften an der SOAS-Universität in London. Seit 2016 Jahren findet es im British Museum mit jährlich 15.000 Besuchern statt, und seit vier Jahren zusätzlich in Berlin.

 


Nun hat das Sommerblut-Kulturfestival, das sich in diesem Jahr dem Thema Glaube widmet, das Religionsfestival erstmals nach Köln geholt. Zusammen mit dem Diversi­ty-Amt der Stadt und mit Unterstüt­zung des Kölner Rats der Religio­nen hat Anja Fahlenkamp Kontakt mit den Kölner Glaubensgemeinschaften aufgenommen. Dabei ist ein Programm herausgekommen, das vom Workshop mit Gregorianischem Gesang der katholischen Gemeinde aus Sülz über indischen Tempeltanz der Hindus bis zum Hula-Workshop einer spiritu­ellen hawaiianischen Gruppe reicht.
Im Programm spiegelt sich dabei durchaus wider, dass in Köln nicht einmal mehr jeder zweite einer der beiden großen christlichen Kirchen angehört. Stattdessen wächst die religiöse Vielfalt, Minderheiten wie buddhistische Yoga-Zentren, Aleviten oder die Rasta­faris sind auf dem Festival besonders stark vertreten.

 


Als Besucher kann man entweder dem Geschehen auf der Bühne folgen oder aber an einem der Gesangs-, Tanz- oder Meditationsworkshops teilnehmen. »Wir wollen zeigen, dass Spiritualität unterschiedlich gelebt wird und nicht immer an eine Gottheit gebunden ist«, sagt Fahlenkamp.
Auf einem »Markt der Vielfalt« stellen sich Kölner Glaubensgemeinschaften sowie interreligiöse Projekte vor. Man kann Fragen stellen und ins Gespräch kommen. Zudem gibt es ein Bastel- und Spielprogramm sowie eine Ausstellung für Kinder. Missionierung sei den Standbetreibern aber verboten, so Fahlenkamp. Religion an sich werde auf den Festivals nicht einmal als etwas Wünschenswertes dargestellt, das ist der Organisatorin wichtig. »Für viele ist sie einfach ein normaler Teil ihres Lebens und nichts, wovor man Angst haben muss«, sagt Fahlenkamp. »Das muss auch mal entmystifiziert werden.« Bei jedem Festival gebe es immer wieder Stänkerer, die sich beispielsweise beschwerten, dass an den Essensständen kein Schweinefleisch angeboten werde. »Aber selbst mit denen kommt man dann ins Gespräch. Es ist schwer, die Atmosphäre nicht zu genießen.«