Neuausrichtung der Inklusion: Was verbirgt sich hinter der politischen Fassade?

Verschlimmbessert

Man wolle die Inklusion an Schulen in Nordrhein-Westfalen neu ausrichten. Mit diesem Anspruch hatte Landeschulministerin Yvonne Gebauer (FDP) 2017 ihr Amt angetreten. Bis zum Sommer 2019 sollten an allen inklusiven Schulen vier Qualitätskriterien erfüllt sein: Lehrerfortbildungen zur Inklusion, eine Ausstattung, die gemeinsames Lernen ermöglicht, der Einsatz von Sonderpädagogen und Inklusionskonzepte, die Schulen vorlegen. So sieht es der 2018 verabschiedete Beschluss zur »Neuausrichtung« vor.

 


Rund ein Jahr nach dem Beschluss wird Kritik am Vorgehen der Landesregierung laut. Auf der Landespressekonferenz im Mai erklärte das Bündnis für inklusive Bildung in NRW, dass es die angekündigten Maßnahmen als nicht umgesetzt erachte. Mehr noch: Man wirft Schulministerin Gebauer vor, die Öffentlichkeit zu täuschen. »Die Ministerin redet von Qualität, aber sie tut nichts dafür«, sagt Bernd Kochanek, Vorsitzender des Inklusionsfachverbands Gemeinsam Leben, Gemeinsam Lernen NRW. Fragen zur Qualitätsentwicklung deligiere man an die Schulaufsichten und Schulen, eine übergeordnete Steuerung fehle. Auch Dorothea Schäfer, Vorsitzende der Bildungsgewerkschaft GEW, kritisiert das Vorgehen: »Das Einzige, was die Neuausrichtung der Inklusion bewirkt, ist große Verunsicherung und eine Reduzierung der inklusiven Schulen.«

 


Die meisten weiterführenden Schulen haben weiterhin kein ­Konzept für Inklusion. Das Schulministerium verlangt lediglich eine Absichtserklärung, in Zukunft ein Konzept zu erstellen. Auch Stellen für Sonderpädagogen sind bislang nicht ausgeschrieben, Nachweise über Fortbildungen zur Inklusion werden nicht verlangt und viele Schulen sind nicht ausreichend ausgestattet, sie können Schüler mit bestimmten Förderschwerpunkten nicht aufnehmen.
Die Landesschüler*innenver­tretung (LSV) sieht darin ein »blamables Desinteresse an der schulischen Inklusion«. NRW-Schulministerin Yvonne Gebauer verstoße bewusst gegen die menschenrechtlichen Vereinbarungen der UN-Behindertenrechtskonvention, so der LSV-Vertreter Nikolaj Grünwald, »weil sie weiß, dass junge Menschen mit Behinderung keine einflussreiche Lobby haben«.