Philharmonie Veedel
Die Szene der Neuen Musik gilt vielen als verschlossen-familiär und avantgardistisch-verknöchert. Der ein oder andere Lästerer schiebt das auf die Musikentwicklung seit Anton Webern. Dabei gab es in der Neuen Musik heftigste Bestrebungen, sich vorbehaltlos zu öffnen – Pop ist dagegen nachgerade elitär: Vor vierzig Jahren rief der englische Komponist Cornelius Cardew das Scratch Orchestra ins Leben, ein großes Ensemble aus Musikern und Nicht-Musikern, Komponisten, Jazzern, militanten Arbeitern und Hippies, in dem es zwischen Könnertum und Dilettantismus keine Grenze gab. Cardew und seine Genossen entwickelten Musikmodelle, die sich nicht mehr an den Kategorien Autoren, Interpreten und Rezipienten orientierten und die gediegenen Aufführungsorte mieden.
Vorbei. Aber die Bestrebung, Neue Musik auf alltägliche Umstände zu beziehen, bricht sich von Zeit zu Zeit Bahn. Die Reihe »Philharmonie Veedel« ist dafür ein schönes Beispiel: Seit Ende 2006 findet diese Reihe vornehmlich an Orten der Kölner Peripherie statt (Chorweiler, Porz) und möchte dem stinknormalen Veedelspublikum – Familien, Kinder, Jugendliche, Malocher – vor allem Werke der Moderne vorstellen. Die Konzerte sind moderiert, jeweils auf eine spezielle Zielgruppe zugeschnitten (nachmittags gibt es Baby-Konzerte für Schwangere und Kleinkinder) und geben sich wohltuend unprätentiös.
Seit April 2007 bestreitet die musikFabrik, ein Ensemble, das sich ganz der radikalen Neutönerei verschrieben hat, die Veedelskonzerte. Letzten November gelang ihnen ein richtiger Coup: Sie erarbeiteten mit Jimi Tenor, dem großen finnischen Post-Easy-Listening-Entertainer, ein Ligeti-Programm.
Im Januar wird die Reihe fortgesetzt, und man kann sagen, der Kreis schließt sich: Das Programm besteht aus traditioneller Amadinda-Musik des ugandischen Königshofes, ergänzt durch Kompositionen von John Cage, Mauricio Kagel, abermals György Ligeti und Luciano Berio. Und: Es gibt mit »Tuba Solo« ein Werk von Cornelius Cardew, diesem wahren Dissidenten und Mao-Buddhisten. Eine wirklich nette Geste.
Konzerte
Philharmonie Veedel
mit der musikFabrik:
Mo 21.1., Comedia Colonia (Südstadt), Di 22.1., Rhein-Gymnasium (Mülheim), Mi 23.1., Bürgerzentrum Engelshof (Porz-Westhoven),
Do 24.1., Bürgerzentrum Chorweiler.
Alle Konzerte jeweils 15 und 19 Uhr