köln in der revolte

Die StadtRevue-Redakteure

Anja Albert und Felix ­Klopotek

im Gespräch mit ­Kölner 68er-Aktivisten: Antje Hoepfner,

Kurt Holl und Wolfgang Schiffer geben Auskunft über die Jahre zwischen KVB-­Protest, Sturm

auf die Universität und Straßenschlacht vor dem Amerika-Haus.

 

Paris, Prag, Berkeley: Das sind die Metro­polen, die man gemeinhin mit der Revolte von 1968 assoziiert. Aber Köln? Fand der soziale Aufruhr hier nicht später statt? Etwa 1973 beim spontanen Streik der Ford-Arbeiter? Oder Anfang der 80er, als Köln ein Zentrum der Haus­besetzer war, eine Bewegung, die in der Besetzung des Stollwerck-Geländes gipfelte?

Der Eindruck täuscht: Diese späteren Ereignisse sind nicht ohne den 68er-Auf­bruch zu denken. Auch in Köln knallte es, wurde die Uni besetzt, kam es zu Straßen­schlachten. Die geworfenen Steine zogen Kreise: Viele heute noch aktive Initiativen und Projekte haben in der Revolte ihren Ursprung – sei es die Sozialistische Selbst­hilfe Köln (SSK), sei es die 1976 ins Leben gerufene StadtRevue.

Es stimmt schon, an der Kölner Universi­tät gab es keine Professoren, die ihre Studen­ten so zu fesseln vermochten und darüber zu Stichwortgebern der Revolte wurden, wie das in Frankfurt bei Theodor W. Adorno oder Jürgen Haber­mas der Fall war. Trotzdem entwickelte sich in Köln eine originäre Protest­bewe­gung: An den KVB-Demos beteiligten sich normale Bürger, die Kunst- und Musikszene rebellierte und schuf sich in Happenings und wilden Konzerten ihre eigene Basis, und die streikenden Ford-Arbeiter benötigten auch keine intellek­tuellen Vorsinger.

Aber bei allen Besonderheiten: Die Ge­schichten, die die Teilnehmer unseres Gespräches erzählen – von spontaner Politisierung, bizarren künstlerischen Experimen­ten und vergeblichem Ringen um die richtige Organisierung –, sie hätten sich auch in Rom, Kopenhagen oder Tokyo zutragen können. 1968 war ein globaler Aufbruch, und Köln ein Mosaikstein. Nicht mehr, nicht weniger. Was übrigbleibt, auch davon zeugt unser Gespräch, sind einzelne Geschichten.