KrimiNews von Ulrich Noller
Was alles möglich ist im Journalismus, das wissen Leser des Tagesspiegels und Hörerinnen der rbb-Inforadios: Alle zwei Wochen drucken und senden die Verantwortlichen da seit gut fünf Jahren Kriminalreportagen, die häufig Sternstunden der Publizistik sind: die Kriminalschriftstellerin Pieke Biermann setzt sich dann mit allen Facetten der Polizeiarbeit auseinander. Mit Stalking, häuslicher Gewalt und niederschwelliger Wirtschaftskriminalität ebenso wie mit beinharten, fiesen Ekel erregenden Kapitaldelikten. Dabei arbeitet sie beeindruckend fundiert, sorgsam, gezielt und temperiert; immer mit einem Blick für die Opfer, immer unter Berücksichtigung aller relevanten Kontexte, immer mit exakter Darstellung des vorliegenden Milieus.
Klingt übertrieben, nach einer Lobhudelei? Ist eine Lobhudelei, aber garantiert nicht übertrieben, und wer es nicht glaubt, kann jetzt nachlesen: »Der Asphalt unter Berlin. Kriminalreportagen aus der Metropole«, so heißt das eben bei Pendragon erschienene Werk, für das Pieke Biermann ein paar Dutzend ihrer Reportagen ausgewählt hat.
Wer ihre Texte so liest, komprimiert und in Buchform, dem wird erst so richtig klar, dass Biermanns Texte die Alltäglichkeit des Verbrechens und das alltägliche Verbrechen vorwiegend mit literarischen, weniger mit journalistischen Mitteln reflektieren: Fast alle Texte sind meisterhafte Prosa-Miniaturen, die nur so tun, als seien sie Reportagen. Die tatsächlich aber Dramen, Tragödien, manchmal auch Komödien sind, denen wenige Silben genügen, um ein Milieu exakt darzustellen, eine Person perfekt zu charakterisieren, einen gesellschaftlichen Missstand gnadenlos auf den Punkt zu bringen.