Die Photoszene 2008 in Köln
»Der Kern der Fotografie ist Kommunikation«
Der Fotograf und Fotokünstler Wolfgang Zurborn ist vor allem in den USA und China erfolgreich. Seine Methode: Er vertraut dem Finderglück des Augenblicks und den Möglichkeiten der Montage gleichermaßen. Als Mitbegründer der Kölner Galerie Lichtblick erlebte der heute 52-Jährige den wechselhaften Kunstmarkt für Fotografie. Aktuell ist er Dozent an der Hochschule für Künste in Bremen.
StadRevue: Herr Zurborn, der Fotograf Irving Penn sagte einmal, in der modernen Fotografie sei das Endprodukt nicht der Abzug, sondern das gedruckte Foto. Wenn wir heute über Fotografie reden, sehen wir riesengroße Abzüge in Galerien vor uns und denken überhaupt nicht mehr an gedruckte Fotos. Haben wir zwei verschiedene Formen von Fotografie? Eine fürs Museum, eine für die Zeitschrift?
Wolfgang Zurborn: Das stimmt, auch wenn es ein paar Überschneidungen gibt. Aber was mit der Becher-Schule und Fotografen wie Andreas Gursky in den Kunstmarkt einzog, ist eine konzeptionelle Fotografie, die sich sehr stark von der journalistischen Fotografie ablöst. Sie sieht ihre Hauptqualität darin, eine strenge Konzeption durchzuführen, die alles Narrative, Zufällige letztlich ausschalten will. Dahinter stehen zwei grundsätzlich verschiedene Ideologien. Gerade das Spiel mit dem Zufall, in dem ich eine besondere Qualität der Fotografie sehe, ist in Misskredit geraten: Dass man unmittelbar auf »Wirklichkeit« reagieren und aus dem Fluss der Zeit etwas rausfischen kann. Die konzeptionelle Fotografie dagegen funktioniert an den Museumswänden, aber nicht im Magazin.
Funktioniert denn umgekehrt die journalistische Fotografie im Museum? Oder hat man als praktisch arbeitender Fotograf Probleme, im Kunstmarkt Fuß zu fassen?
Wir hatten die erste Ausstellung von Alex Webb in Deutschland bei uns in der Galerie, eine Haiti-Reportage – und die Reaktionen waren sehr unterschiedlich. Einerseits Faszination für die Bildern, dann aber auch schnell die Frage: »Ist das denn Kunst? Das ist doch Journalismus! Was hat das im Museum oder in einer Kunstgalerie zu suchen?« Dabei hatte er in Amerika riesige Museumsaustellungen. In Deutschland ist diese Trennung strenger als anderswo.
Würde es denn einem im Museum etablierten Fotokünstler übel ausgelegt, wenn er journalistisch oder in der Werbung arbeiten würde?
Wenn man einen gewissen Stand erreicht hat, nicht mehr. Ich hätte früher auch Berührungsängste gehabt, würde das jetzt aber offener sehen und glaube auch nicht, dass das für mich negativ wäre. Aber diese Angst spielt natürlich immer mit.
Jeder Kölner kennt Ihre große Fotocollage in der U-Bahn-Station Neumarkt. Es ist mitten in der Stadt, und so hat sich Fotografie ja mal verstanden: Man wollte an die Leute gehen und brauchte dafür kein Museum. Gleich daneben gab es mit dem Haubrich-Forum und der Kunsthalle einen neutralen Ort, in der oft Fotografie gezeigt wurde. Heute muss es immer gleich der Kunstkontext sein. Verschwinden diese neutralen Orte?
Ich glaube schon, dass sich immer wieder Foren für Fotografie bilden. Zum Beispiel beim artrmx-Festival (siehe die August-Ausgabe der StadtRevue), wo man bewusst in den öffentlichen Raum geht und Ausstellungsorte sucht, wo Leute Kunst im Alltag begegnen. Die spezifische Qualität Kölns liegt darin, dass es immer ein rudimentäres Interesse an Kunst gibt. Als wir in den 80er Jahren die Lichtblick-Galerie gründeten, war das ein Statement: Das ist eine Fotogalerie! Die waren damals allerdings oft ideologisch ausgerichtet und sagten: »Wir arbeiten jetzt inhaltlich«, und dann war es auf keinen Fall eine künstlerische Position – oder umgekehrt. Wir wollten Fotografie zeigen jenseits dieser Ideologie. Das sollte auch heute möglich sein.
Haben denn die künstlerische und die Gebrauchsfotografie noch etwas gemeinsam?
Der Kern der Fotografie ist die Kommunikation. Man geht in die Welt, entwirft ein Bild dieser Welt im Dialog mit Anderen. Ob ich mit Studenten oder bei der Deutschen Fotografischen Akademie über Arbeiten diskutiere, es geht immer darum, das eigene Bild der Welt im Austausch mit anderen zu präzisieren. ***
Den Rest des Interviews und alle Fotos gibts in der aktuellen Ausgabe.
Photokina & Photoszene 2008
Messe Photokina: 23.-28.9.
Messegelände Deutz, Öffnungszeiten für Besucher: 10-18 Uhr, www.photokina.de
Die Photokina als internationale Leitmesse der Photo- und Imagingbranche findet alle zwei Jahre in Köln statt. Alle Bildmedien, Techniken und Bildmärkte für Profis und Verbraucher sind vertreten, Veranstaltungen und Ausstellungen dienen dem Austausch und networking.
19. Internationale Photoszene 2008:
1.9.-1.10.
div. Orte in der ganzen Stadt,
Kernwochenende: 26.-28.9.
Den Fotostandort Köln unterstützt zur Messe Photokina die gesamte Kölner Szene: Auch 2008 findet das dezentrale Festival »Internationale Photoszene« statt, mit 90 Teilnehmern und Ausstellungen in Museen, Galerien und anderen Orten. Die »Photoszene« existiert seit über zwanzig Jahren; erwartet werden 2008 rund 18.000 Besucher. Einige Highligts stellen wir auf den folgenden Seiten mit separaten Tipps vor – und weisen außerdem hin auf die »Photographer’s Night« am 19.9. in den Spichern-Höfen: In kurzen Screenings stellen international bekannte Fotografen wie Thomas Höpker ihre Arbeiten vor (Moderation: Hanns Zischler); danach gibt es ein »Come Together«. In den Spichern-Höfen findet man dieses Jahr auch die »Visual Gallery Lounge« der photokina als Treffpunkt und Kommunikationsort.
Alle Infos findet man im ausliegenden Programm und unter www.photoszene.de