Amüsieren auf Kommando
In letzter Zeit haben Farcen aus dem realen Wirtschaftsleben Konjunktur. Einen besonders pikanten Fall greift Steven Soderbergh in seinem neuen Film auf: Anfang der 90er Jahre erleichterte ein Manager von Archer Daniels Midland, einem mit Agrarprodukten reich gewordenen Unternehmen, sein Gewissen und beichtete dem FBI die illegalen Preisabsprachen seines Arbeitgebers mit der multinationalen Konkurrenz. Der Schaden ging in die Milliarden, und so überredeten die Ermittler ihren zunächst widerstrebenden Informanten, sich in fortgeschrittenen Geheimdiensttechniken zu versuchen. Über zwei Jahre lang schnitt Mark Whitacre heimlich Firmengespräche mit und arrangierte schließlich eine Kartellabsprache vor laufender Kamera. Als im Film die Falle zuschnappt, glaubt sich das FBI am Ziel und ahnt gar nicht, worauf es sich mit seinem Kronzeugen eingelassen hat.
Soderbergh stößt sein Publikum hingegen mit der Nase darauf, dass mit seinem Antihelden etwas nicht stimmt. Whitacre macht das von ihm tölpelhaft betriebene Agentenspiel einfach zu viel Spaß, und mit Kassenbrille, Schnurrbart und Toupet wirkt er ohnehin wie jemand, der etwas zu verbergen hat. Tatsächlich füllt sich Whitacre nicht nur kräftig die eigene Tasche, er kann auch nicht die Wahrheit sagen, ohne gleichzeitig zu lügen – und umgekehrt. Bald verzweifeln die FBI-Beamten angesichts immer neuer Enthüllungen über ihren Informanten, während Whitacre allen Ernstes zu glauben scheint, dass er, sobald seine Vorgesetzten erst einmal im Gefängnis sitzen, automatisch Leiter der von ihm verratenen Firma wird.
Im Grunde ist »Der Informant!« die tragikomische Geschichte eines gleichermaßen durchtriebenen wie rührend naiven Menschen, dem die Geltungssucht irgendwann den Sinn für die Realitäten raubt. Bei Soderbergh bleibt allerdings das Tragische weitgehend zugunsten von Stil und teils billigen Lachern auf der Strecke: Er setzt das Ausrufezeichen nicht nur hinter den Titel seiner haarsträubenden Geschichte, sondern auch hinter jede Szene seines aus unerfindlichen Gründen (außer dass es gut aussieht) im Look der 70er Jahre gedrehten Films. Whitacre ist bei Soderbergh ein Clown, über den wir uns beinahe auf Kommando amüsieren sollen: Ständig geben entgeisterte Anwälte und Ermittler die entsprechenden Reaktionen vor, und Marvin Hamlisch zitiert in seinem virtuosen Soundtrack nicht zufällig die leicht schräge Musik aus den Sitcoms der 70er Jahre. Eigentlich fehlt nur noch die Lachkonserve und die Fernsehfarce wäre perfekt.
Der Informant! (The Informant!) USA 09, R: Steven Soderbergh, D: Matt Damon, Scott Bakula, Joel McHale, 108 Min. Start: 5.11.