August Sander: Cologne revisted

Für August Sander lag ein Umbruch bereits in der Kölner Luft, als er zwischen den 20er und 30erJahren systematisch seine Wahlheimat fotografierte. Nicht nur hatte der 1876 in Herdorf geborene Fotograf die Zerstörung von Gebäuden in Frankreich und Belgien während des 1. Weltkrieges erlebt, er sah auch, dass die technischen Errungenschaften der Moderne die architektonische Ordnung der Stadt veränderten. In 16 Mappen mit insgesamt 407 Aufnahmen widmete sich Sander in »Köln wie es war« unter anderem den Kirchen, profanen Bauten, Brücken und Brunnen der Stadt.

Die Ausstellung im Stadtmuseum zeigt hieraus eine Auswahl von hundert Originalfotografien. In ihren typologischen Gruppierungen erinnern Sanders Aufnahmen der bürgerlichen, gewerblichen und kommunalen Architektur Kölns – von der Eckkneipe über die Messe bis zum Klingelpütz – an das berühmte Projekt »Menschen des 20. Jahrhunderts«, an welchem er parallel arbeitete. Ebenso analytisch und oft zeitlos wirkt dieses Stadtportrait, wenn Sander die Aufnahmen nicht nur undatiert lässt, sondern Passanten und Naziflaggen wegretouchiert. Beim Gang durch die Ausstellung fragt man sich da unwillkürlich, weshalb dieses Werk bisher vergleichsweise unbekannt geblieben ist.

Nach zähen Preisverhandlungen hatte die Stadt 1953 die Fotos gekauft, sie jedoch als bloße Dokumentation Kölns vor der Zerstörung im Zweiten Weltkrieg verkannt. Die Negative verschwanden für Jahrzehnte im Rheinischen Bildarchiv; die Abzüge mit allen Rechten schlummerten lange im Stadtmuseum. Von einer ernsthaften Besinnung auf diesen kulturhistorischen Schatz kann man erst jetzt sprechen, da die Fotos in Faksimilequalität in einem Bildband durch das Museum vorgelegt wurden. Die betont subjektive Auswahl der Ausstellungsfotos durch die Leiterin der Grafischen Sammlung Rita Wagner ist sicherlich sehenswert, wirkt aber – zumal ohne eigenen Katalog – wie der Teaser für den Buchverkauf. Ergänzt wird die Schau durch die Fotoserien »Köln wie es ist« des Kölner Künstlers Eusebius Wirdeier, der aktuelle städtische Um- und Einbrüche wie den Abriss der Kunsthalle und den Einsturz des Stadtarchivs dokumentiert.


Ausstellung:

August Sander: Köln wie es war

Eusebius Wirdeier: Köln wie es ist

Kölnisches Stadtmuseum, Zeughausstraße 1-3, Di 10-20, Mi-So 10 –17, jeden ersten Do im Monat 10 –22 Uhr, bis 7.2., am 24., 25., 31. 12., 1. 1. geschlossen.


Bücher:

August Sander.
Köln wie es war, Emons Verlag, Köln, 448 S. mit 408 Abb., 68 Euro.

Eusebius Wirdeier.
Köln wie es ist – Eine fotografische Grubenarbeit 2002–2010 (Daumen­kino), 60 S. mit 55 Abb., 11 Euro