New Age Army
Nach seiner Scheidung versucht Bob Wilton (Ewan McGregor) auf drastische Art einen Neuanfang. Er will 2004 als Journalist in den Irak ziehen, wird aber zunächst in Kuweit abgestellt. Dort gerät er an den mysteriösen Tanzlehrer Lyn Cassady (George Clooney), der ihn in eine Spezial-Mission einweiht. Fortan erfährt Wilton erstaunliches über die New Earth Army – eine geheime Parallel-Einheit des US-Militärs, die mit parapsychologischen Techniken alternative Formen der Kriegsführung ausprobiert: Telepathie, Fernwahrnehmung und Hypnose-Techniken, die sogar Ziegen tot umfallen lassen, wenn man sie nur lange genug anstarrt. Als Lyn sich als reaktivierter Jedi-Krieger outet, quittiert Wilton das noch mit ungläubigem Lächeln, doch wenig später sitzt er mit dem charismatischen Nervenkrieger im Jeep auf dem Weg in den Irak.
Die Geschichte dieser New-Age-Army klingt so unglaublich, dass sie nur wahr sein kann. Tatsächlich existierten in den 60er bis 80er Jahren mehrere geheime Programme von CIA und US-Verteidigungsministerium, die sich weitgehend erfolglos auf den Gebieten »Ethischer Kampf«, »Erdgebete« und Schamanismus versuchten. Auch das »Phasing« – die Kunst, durch Wände zu gehen – konnte nie zur völligen Perfektion ausreifen, was der Film nachhaltig vorführt.
Die Gründung der Spezialeinheit in den 70ern wird in quietschbunten Rückblenden erzählt: Lyn als PSI-Wunderknabe mit Beatles-Frisur in Bhagwan-Orange, der raubeinige Bill Django (Jeff Bridges), der seine Truppe statt mit martialischem Drill mit Blumen, spirituellen Nackterfahrungen und Drogencocktails bei Laune hält, und Kevin Spacey als paranormal minderbegabter Intrigant Larry Hooper. Der Stoff ist ein Schlaraffenland für Drehbuchautor Peter Straughan, der die meisten Aberwitzigkeiten – und Charaktere – aus dem gleichnamigen Sachbuch des britischen Journalisten Jon Ronson entnehmen konnte.
Dramaturgische Tiefe und satirischen Biss gewinnt dieses Rückblenden-Roadmovie allerdings erst im Niemandsland der irakischen Wüste. Hier verbindet sich der anarchische Geist der Anti-Vietnam-Filme New-Hollywoods mit jenem US-kritischen Kino, das unter der Bush-Administration zu neuer Blüte gelangte. Bei der Suche nach Django, dem verschollenen legendären Gründer der Truppe, grüßt von Ferne die mythische Figur des Colonel Kurtz aus »Apocalypse Now«; und dass Hooper das einstige Hippietopia in ein Schreckenslager verwandelt hat, zieht eine Linie zu Abu Ghraib und Guantanamo. Der Film verkommt darüber nicht zum moralischen Lehrstück, aber am besten war auch das defätistische Kino der 70er, wenn der Aberwitz nur einen Steinwurf vom Grauen entfernt war.
Männer, die auf Ziegen starren (Men Who Stare at Goats) USA 09, R: Grant Heslov, D: George Clooney, Ewan McGregor,
Jeff Bridges, 90 Min. Start: 4.3.