Hürden wegräumen
StadtRevue: Welche Erwartungen und Pläne verbinden Sie mit Ihrem neuen Amt?
Petra Hesse: Ich komme in ein Haus mit einer herausragenden Sammlung, die sehr viele Betätigungsfelder bietet. Mein Ziel ist es, das Museum durch Sonderausstellungen zu innovativen Themen und interessante wie unterhaltsame Veranstaltungen stärker zu beleben. Ich möchte den Kontakt zur Kreativszene ausbauen und das Museum für Angewandte Kunst (MAK) als Standort für Design weiter entwickeln. Die Hochschullandschaft in und um Köln gibt mir Gelegenheit, mit Kooperationspartnern aus der Wissenschaft Projekte in Angriff zu nehmen. Wichtig ist auch die interdisziplinäre Zusammenarbeit mit anderen Kulturinstitutionen in der Stadt. Das Museum hat eine exzellente Lage, die Architektur des Gebäudes ist beeindruckend, erschließt sich jedoch nicht von Außen in seiner Nutzung. Jetzt kommt es darauf an, dieses Potential auszubauen.
Vor kurzem ging die Meldung durch die Presse, der Kölner Kämmerer Norbert Walter-Borjans halte die Schließung des MAK für möglich. Herr Borjans hat diese Nachricht ausdrücklich dementiert. Dennoch: Macht das nicht Stimmung, und was halten Sie von den Kölner Sparplänen allgemein?
Die Anmerkung des Kämmerers, so wie sie veröffentlicht geworden ist, hat mich weder schockiert noch demotiviert, im Gegenteil: Ich sehe die Debatte eher als Anregung zur öffentlichen Diskussion. Kultur ist für Köln ein wichtiges Thema, auch aus wirtschaftlicher Sicht, wenn man sich die Bedeutung der Kultur- und Kreativwirtschaft vergegenwärtigt. Es darf nicht um Schließungspläne gehen, sondern um die gemeinsame Entwicklung eines Konzeptes zur Positionierung der Museen und der Kultur überhaupt in der Kulturmetropole Köln. So verstanden, könnte die Bemerkung des Kämmerers durch die aufgekommene Diskussion auch einiges zum Positiven wenden.
Welche Akzente wollen Sie in Ihrer Arbeit setzen?
Man muss ein gutes Zusammenspiel zwischen der historisch gewachsenen Sammlung und zeitgemäßen Fragestellungen finden. Wir planen noch für dieses Jahr eine Ausstellung zu »Istanbul Fashion«: ein sehr aktuelles, internationales Thema. Die Ausstellung steht natürlich in Zusammenhang mit Istanbul als – parallel zu Essen – zweite Kulturhauptstadt 2010. Zugleich ist Istanbul ja Partnerstadt Kölns. Es geht darum, nicht nur avantgardistische Mode zu zeigen, sondern auch Dinge von übergeordnetem kulturpolitischer Bedeutung aufzugreifen. Allerdings möchte ich nicht nur zeitgenössische Themen bespielen. Dafür ist die Sammlung des MAK viel zu reich. Auch Architektur, Neue Medien und Fotografie gehören in ein Museum für angewandte Kunst. Wichtig ist natürlich, besucherrelevante Themen zu finden: Es kommt darauf an, den Zeitgeist aufzugreifen, Themen für ein größeres Publikum zu generieren. So könnte man auch daran denken, ein Thema in mehreren Museen auf unterschiedliche Weise darzustellen.
Wie genau wollen Sie denn dieses »größere Publikum« gewinnen?
Das Gros des Publikums wird nicht durch die Dauer-, sondern die Sonderausstellungen angezogen. Deshalb müssen Schausammlungen und Ausstellungen durch flankierende Veranstaltungen inhaltlich unterfüttert und bereichert werden. Dazu gehören auch bestimmte Events, die thematisch an die Ausstellungen andocken. Gerne auch solche mit unterhaltendem Charakter. Dadurch gewinnen wir einerseits das klassische Museumspublikum, andererseits aber auch neue, gerade junge Besucher. Es geht darum, die Hürden wegzuräumen, die vor allem junge Menschen davon abhalten, ein Museum zu besuchen. Jüngere Menschen brauchen ein speziell auf sie ausgerichtetes Angebot. Darum gibt es ja Veranstaltungen wie die »Lange Nacht der Museen« oder andere Initiativen. Auch an die Zusammenarbeit mit der Messe lässt sich in diesem Zusammenhang denken.
Der Kämmerer hat sich von den Museen gewünscht, sie sollten mehr Geld umsetzen. Haben Sie Pläne in dieser Hinsicht?
Ich komme aus einem Museum, in dem fast sämtliche Projekte über Drittmittel realisiert werden. Die öffentlichen Mittel sind schon sehr gering und werden immer geringer, so dass kaum noch Handlungsraum bleibt. Jetzt schon ist auch das MAK bei der Realisierung von Projekten und Maßnahmen auf die Zuwendung durch Sponsoren und Förderer angewiesen. Einnahmen könnten aber zum Beispiel über eine intensivere Bespielung und damit auch Vermietung der exzellenten Räumlichkeiten generiert werden. Diese Praxis setzt sich derzeit in vielen Museen durch, da ein Museum in der Regel eine ausgezeichnete Location darstellt. Das MAK bietet sich dazu aufgrund seiner Architektur, seiner wunderbaren Innenräume und natürlich des Innenhofes ganz hervorragend an. Wir haben eine sehr schöne Halle mit Glasscheiben, die sich im Sommer öffnen lassen, sowie einen gut ausgestatteten Vortragsraum. Ich denke, man kann diese Räume durchaus auch Unternehmen schmackhaft machen. Das Museum als Location – vielleicht auch mit einem zusätzlichen Führungsangebot in den Sammlungen als besonderem Anreiz.
Petra Hesse wurde 1966 geboren und studierte Kunstgeschichte. 2001 begann ihre Tätigkeit für das Museum Zeughaus der Reiss-Engelhorn-Museen in Mannheim. Zuletzt war sie Direktorin des Museum Zeughaus und des Museum Schillerhaus sowie die Stellvertreterin des Generaldirektors.
In Köln tritt sie am 1.3. die Nachfolge von Birgit Borkopp-Restle an, die vorzeitig aus dem Amt schied. Das MAK besitzt eine der bedeutenden deutschen Sammlungen Angewandter Kunst vom Mittelalter bis zur Gegenwart, die zuletzt durch die Schenkung Winkler (Kunst und Design des 20. Jh.) bereichert wurde.