Foto: Manfred Wegener

Geschichtsvergessene Fusionspläne

Eigenständigkeit des NS-Dokumentationszentrums

gefährdet

Horst Matzerath, Direktor des NS-Dokumentationszentrums im EL-DE-Haus, geht Ende Mai in Pension. Bislang ist seine Stelle noch nicht wieder ausgeschrieben worden. Der Grund dafür wurde Mitte März bekannt und sorgte für eine Überraschung: Die Stadtverwaltung plant aufgrund der desolaten Haushaltslage, die Leitung für das NS-Dokumentationszentrum und das Kölnische Stadtmuseum zusammenzulegen. Das klingt harmlos, könnte aber faktisch dazu führen, dass es das NS-Dokumentationszentrum als eigenständige Institution künftig nicht mehr geben wird.
Die politisch brisante Geschichte des EL-DE-Hauses begann mit der Beschlagnahmung des Gebäudes 1935 durch die Nazis, erfuhr eine späte Fortsetzung in der Einweihung des Dokumentationszentrums in den 80er Jahren und fand im Ratsbeschluss von 1997, die Dauerausstellung »Köln im Nationalsozialismus« einzurichten und das hauseigene Archiv öffentlich zu machen, ein Happy End. Ein nur vorläufiges, sollten die Pläne der Stadt Wirklichkeit werden. Denn »die Aufgabenstellungen von NS-Dokumentationszentrum und Stadtmuseum sind völlig unterschiedlich«, betont Peter Liebermann, Vorsitzender des EL-DE-Haus e.V., »die Leitung in einer Hand kann den strukturellen und inhaltlichen Erfordernissen beider Häuser nicht gerecht werden«.

Intensive Auseinandersetzung mit der NS-Vergangenheit

Die Arbeit des EL-DE-Hauses überzeugt nicht zuletzt deshalb, weil dort WissenschaftlerInnen am Werk sind, deren Spezialgebiet das Thema Köln im Nationalsozialismus ist. Schwer vorstellbar, dass ein einziger Direktor gleichzeitig 2.000 Jahre Stadthistorie – wie sie das Stadtmuseum umfasst – und diesen doch sehr sensiblen Abschnitt Kölner Geschichte ausreichend betreuen kann. Im EL-DE-Haus geht es außerdem um mehr als um die Planung von Ausstellungen und die Präsentation der Sammlung wie im Stadtmuseum. Das NS-Dokumentationszentrum ist Gedenkstätte, Archiv und Ausstellungsort zugleich. Im Keller können die originalen Zellen des Hausgefängnisses der Gestapo besichtigt werden. Direktor Horst Matzerath und seine KollegInnen betreuen z.B. ehemalige ZwangsarbeiterInnen und deren Angehörige, schließen Forschungslücken, indem sie Interviews mit Zeitzeugen führen und organisieren spezielle Führungen durch die Ausstellungen. Bundesweit ist solch ein intensiver Umgang mit der Nazi-Zeit eher die Ausnahme, und die umfangreiche Arbeit wächst den Beteiligten jetzt schon fast über den Kopf. Sollten demnächst nur noch ein Direktor und eine Sekretärin zur Verfügung stehen, die sich gleichzeitig um EL-DE-Haus und Stadtmuseum kümmern, kommen über kurz oder lang wohl die Inhalte zu kurz.
Wenn man einen Protestbrief der Berliner Stiftung »Topographie des Terrors« liest, gewinnt man den Eindruck, dass die Stadtverwaltung sich der Brisanz der geplanten Zusammenlegung nicht bewusst ist. So schreibt Dr. Andreas Nachama, geschäftsführender Direktor der Stiftung, einen Tag nach Bekanntwerden der Pläne an OB Fritz Schramma: »Angesichts der aktuellen Entwicklung eine Einrichtung wie das Kölner NS-Dokumentationszentrum in seinen Arbeitsmöglichkeiten zu beschneiden, würde in der aktuellen gesellschaftlichen Auseinandersetzungen mit rechtem Gedankengut und rechter Gewalt genau das falsche Signal setzen.« Wie einzigartig und wichtig die Arbeit des EL-DE-Hauses ist, bescheinigte vor zwei Jahren das European Museum Forum mit einer hohen Auszeichnung – dem Sonderpreis »Special Commendation«.

Museale Allianz zwecks Postenschieberei?

Welche Gründe kann es da überhaupt für eine Änderung des Konzepts geben? Michael Lohaus, Fachreferent des OB, beschwört Synergie-Effekte: Die Fusion spare Gelder im Depot, der Poststelle oder auch im Sekretariat. Doch möglicherweise verbirgt sich hinter der Idee der Zusammenlegung gar keine finanzielle, sondern eine personelle Debatte?
Peter Liebermann jedenfalls kann sich auch Postenschieberei vorstellen. Seiner Meinung nach gehe es weniger um Ersparnisse als darum, Werner Schäfke, den derzeitigen Direktor des Stadtmuseums, auf eine Verwaltungsposition abzuschieben. Doch das ginge nur, wenn die Direktorenstelle für die Hilfskonstruktion EL-DE-Haus/ Stadtmuseum neu ausgeschrieben werde. Falls die museale Allianz geschmiedet wird, könnte Schäfke, der mehrfach wegen angeblicher Unregelmäßigkeiten beim Erwerb von Exponaten in Ungnade gefallen ist, ein extra für ihn geschaffenes Referat für wissenschaftliche Stadtgeschichte übernehmen.