Roy Lichtenstein: Kunst als Motiv

Roy Lichtensteins schöne Blonde »M-Maybe« gilt vielen als Wahrzeichen des Museum Ludwigs. Dass sie schon bei mehr als einem Katalog als Cover-Motiv herhalten durfte, ist aber nicht nur ein Marketingeffekt. Das Haus besitzt die größte Sammlung ame­ri­kanischer Pop Art außerhalb der USA, darunter mehr als zwanzig Hauptwerke Lichtensteins.

Nun wird dem Meister der leuchtenden Farbflächen, Raster und schwarzen Konturen mit einer großartigen Einzelausstellung gehuldigt – endlich. Nicht als Werk­schau, sondern als Themenausstellung: »Kunst als Motiv« zeigt, dass Lichtenstein nicht nur die Konsum- und Comicwelt ironisch kommentiert, sondern auch die Kunstgeschichte klug weiterverarbeitet. Er greift Werke von Kollegen auf, spielt mit Stilrichtungen wie Kubismus, Futurismus oder Surrealismus, bedient Genres wie Stillleben, Interieur oder Porträt und öffnet sich indianischen und ostasiatischen Einflüssen.

Besonders die beiden von chinesischen Landschaftsmalern inspirierten Spätwerke sind hinreißend. Das eine, »Tall Mountains«, kurz vor Lichtensteins Tod 1996 entstanden, präsentiert sich als stolze Neuerwerbung des Museums auf einer silberfarbenen Wand. Zurückgenommene Farbigkeit, unterschiedlich große Rasterpunkte zur Gestaltung der Gebirgslandschaft, Details, die nur bei genauem Hinsehen erkennbar sind – alles zusammen wirkt wie ein Understatement inmitten seines plakativen Kosmos.
Doch der Schein, dass die meisten Bilder des Pop-Art-Künstlers einfach gestrickt sind, trügt. Wer die »Reclining Nude« betrachtet, mag erahnen, wie jede Farbfläche, jede Schraffur, jede Konturlinie und jeder Punkt sitzt und die gesamte klassische Moderne wie ein fernes Rauschen durchklingen lässt. So zitiert der Amerikaner Porträtköpfe von Léger, Picasso oder Jawlensky, Aktdarstellungen von Matisse und Moore und Kompositionen von Mondrian – Originale, die auch in der ständigen Sammlung des Museums zu sehen sind. So öffnet die Ausstellung nicht nur einen neuen Blick auf Lichtenstein, sondern auch auf viele weitere Schätze des Hauses.

Museum Ludwig, Heinrich-Böll-Platz,
Di-So 10-18 Uhr, jeden 1. Do 10-22 Uhr,
bis 3.10.
Katalog: 372 S., 35 €