Alternativlos

Letztes Jahr erschien das erste Soloalbum Christiane Rösingers, nach zuvor vier Alben mit Britta und ebenfalls vier mit den unvergleichlichen Lassie Singers. Das Album kam natürlich im Herbst, eine andere Jahreszeit ist für die eloquente Berliner Musikerin und Autorin in mit dem Hang zum Bonmot undenkbar.

Rösinger zitiert kräftig: In Anlehnung an Leonard Cohens Meisterwerk heißt ihr Debüt »Songs Of L. And Hate« (Staatsakt/Rough Trade), das Cover stellt das von Bob Dylans 65er Opus »Bringing It All Back Home« nach. Mit Christiane als Bob und Andreas Spechtl von der Wiener Formation Ja, Panik, der auch für die musikalischen Arrangements verantwortlich zeichnet, als Sally Grossmann. Rösinger zitiert dann mit einer wunderbaren deutschen Version von »These Days« aber nur noch Jackson Browne. Sie schont dabei nichts und niemanden, am allerwenigsten sich selbst. Nicht nur deshalb gilt sie vielen als die größte lebende deutsche Songwriterin. Mit Recht, wie aber hießen die Alternativen? Judith Holofernes?

Der Wiener Standard bezeichnete Rösinger in einem Geistesblitz als die Knef des Prekariats, mit dem Unterschied, dass jene über Illusionen gesungen habe, Rösinger sich aber konsequent der Desillusion widme. So konsequent, dass das fiese L-Wort (»Liebe wird oft überbewertet«, Lassie Singers) schon im Plattentitel nur als Andeutung erwähnt wird, während sie sich dem Hass in allen Facetten widmet: dem auf Berlin, wie dem auf das Glück und die lähmende Selbstzufriedenheit.

Der Illusion vom Glück wird konsequent Schwermut, Weltschmerz und Ausweglosigkeit ent­gegengesetzt. Einsamkeit als Dauerzustand, Verlassenwerden als Konstante. Das liest sich problematisch, stellt man sich dazu ins Bier weinende Männer, ihrer Zuversicht und ihrer Zukunft beraubt, vor. Aber Rösinger ist geschickt, sie schleudert der Meute ein mit Honky-Tonk-Piano unterlegtes »Doch ich tu was ich kann/und ich lass mich nicht gehn/mich wird keiner am Boden sehn« entgegen. Am Ende besteht also doch ein Fünkchen Hoffnung?! Nach dem Auftritt ist man vielleicht schlauer.



Konzert: Sa 5.2., Gebäude 9, 21 Uhr