Gut gelaunt, auch ohne Sponsoren: Bei den Cologne Brownies träumt niemand vom Aufstieg; Foto: Manfred Wegener

Ein Mal gegen Brackwede

Die Cologne Brownies sind das einzige Dameneis­hockey-Team in Köln. Ambitionen können sie sich nicht leisten

Noch vor einer Stunde war der Ton in der Eishalle in Deutz ein anderer. »Was ist das für eine Scheiße?«, rief der Coach der Junioren der Kölner Haie nach jedem schlampigen Pass. Verglichen damit ist es nun ruhig. Sieht man einmal vom Klackern der Schläger, dem Zischen der Kufen und dem Krachen der Pucks an die Banden ab. Die Zuschauerränge sind verlassen, auf dem Eis ist eine verblasste Kölsch-Werbung zu sehen. Die Cologne Brownies, Kölns Dameneishockey-Team, trainieren.

 

Rund zehn Spielerinnen sind in voller Montur auf dem Eis unterwegs. »Normalerweise sind auch mal mehr da«, sagt René Nosper. »Aber ich habe einige Mütter dabei. Wenn der Ehemann lange arbeiten muss,  kommen die nicht zu Hause weg«, sagt er. Seit 2007 trainiert der 36-Jährige die Brownies. Über einen Bekannten, der mit einer Spielerin liiert war, kam der Kontakt zustande. »So bin ich dann da reingerutscht«, sagt er.

 

Die Geschichte der Brownies geht zurück bis in die frühen 80er Jahre. Seit 1982 gibt es eine ei­gene Fraueneishockey-Liga in Deutschland. Auch in Köln bestand seit dieser Zeit ein Team, die Kölner Panther. Mitte der 90er lösten sich die Panther auf. Aus der Asche des alten Vereins gründeten sich 1995 die Brownies, deren Name nichts mit dem nordamerikanischen Schokoladenkuchen zu tun hat, sondern vom englischen Wort für Heinzelmännchen herrührt. Seit 2001 spielen sie in der zweithöchsten deutschen Klasse.

 

Anders als sein Kollege von den Haien ist Nosper eher ruhig im Umgang mit seinen Schützlingen. Das hat mit seiner abgeklärten Art zu tun, aber auch mit den Umständen. Schließlich will er es sich nicht verderben mit seinen Spielerinnen. Denn sie brauchen hier jede Frau, im wahrsten Sinne des Wortes. »Wenn zu viele aufhören, dann gibt es den Verein nicht mehr«, sagt Stürmerin Inga Oelrichs. Denn die Brownies finanzieren sich ausschließlich über Mitgliedsbeiträge. Vierzig Euro pro Monat, dazu jährlich noch mal rund 150 Euro extra für die Fahrtkosten. Der Beitrag geht für die Miete der Eishalle drauf – ein Nullsummenspiel für den Verein.

 

Sponsoren gibt es nicht. »Eishockey ist generell schon eine Randsportart. Hinzu kommt: Fraueneishockey ist nicht wirklich hoch angesehen«, erklärt Nosper. Was die Haie erst seit ein paar Jahren kennen, gehört für die Brownies seit jeher dazu: der wirtschaftliche Abgrund. Auch darum träumt hier niemand vom Aufstieg in die erste Liga. Ohne Sponsoren wäre man dort ohnehin nicht konkurrenzfähig, meint Oelrichs. Die 28-Jährige ist seit 14 Jahren dabei. »Ein echtes Urgestein«, lacht sie.

 

Bei derart knapper Kalkulation muss viel improvisiert werden. An Spieltagen kommt schon mal der DJ der Kölner Haie vorbei und sorgt für ein wenig Eishockey-typische Musikbegleitung. Leider hat er eher selten Zeit, und so muss meist ein Radio mit Mikrofon genügen, um für ein wenig Atmosphäre zu sorgen. Zu den Auswärtspartien fährt man mit privaten PKW. Nur für die weiten Fahrten, nach Hamburg oder ins sächsische Crimmitschau, mietet der Verein einen Bus.

 

Um den Nachwuchs muss sich das Team momentan keine Sorgen machen. Knapp 35 Frauen seien regelmäßig dabei, erzählt  Nosper, so dass man sich seit ein paar Jahren sogar den Luxus einer zweiten Mannschaft leisten kann. Doch die Zukunft ist auf Sand gebaut – denn eine Karriere als Eishockeyspielerin ist längst nicht für alle Gehaltsklassen drin. »Wenn ich meine Tochter zum Turnen schicke, braucht sie ein paar dünne Schuhe, einen Sportdress, und das war’s«, sagt Nosper. Eishockey dagegen ist teuer: Eine günstige gebrauchte Ausrüstung kostet bereits 250 Euro. Ohne Schlittschuhe und Schläger. Zudem gibt es keine Nachwuchsmannschaften für Mädchen. Ab 14 Jahren dürfen sie bei den Seniorinnen spielen, vorher können sie höchstens bei den Jungs mitmachen.

 

Ideale Bedingungen schauen anders aus. So sind denn die Ziele der Brownies angenehm unambitioniert. »Ich will nicht jedes Spiel gewinnen. Ich möchte vor allem eine homogene Truppe haben,« sagt der Trainer. Auch die Spielerinnen selbst stecken sich eher bescheidene Ziele. Stürmerin Kerstin Schmitz hat besonders konkrete Vorstellungen. »Wir haben in der vergangenen Saison zwei Mal gegen Crimmitschau gewonnen«, erzählt die 22-Jährige. »Das war ein tolles Erlebnis, denn bis dahin hatten wir gegen die noch nie gewonnen. Das nächste Ziel wäre es, mal ein Spiel gegen Brackwede zu gewinnen.«