Wer soll da durchblicken: 290 Seiten Schulentwicklungsplan, © tobi.tobsen/photocase.com

Eine Schule für manche

Die Verwaltung hat den Schulentwicklungsplan 2011 vorgelegt. Kritik kommt von mehreren Seiten

Früher hatten es die Schulplaner leicht: Die Schülerzahlen stiegen stetig, die Kinder ließen sich nach der vierten Klasse brav auf Haupt-, Realschule oder Gymnasium verteilen, Behinderte schickte man auf die Sonderschule, und nach dem Unterricht ging jeder nach Hause, wo Mutter wartete.

 

Diese Zeiten sind vorbei. Um das Kölner Schulangebot für die kommenden zehn Jahre zu planen, braucht es heute ein 290 Seiten dickes Papier mit dem Titel »Integrierte Jugendhilfe- und Schulentwicklungsplanung«. Die Bezirksvertreter, Fraktionen und Ausschüsse werden den Schulentwicklungsplan nun diskutieren, im Oktober soll er dann vom Rat verabschiedet werden.

 

Der Hauptkritikpunkt steht für Nils Helge Schlieben fest. »Der Bericht ist eine hübsche Zustandsbeschreibung, aber die Schlussfolgerungen sind dünn«, sagt der schul- und jugendpolitische Sprecher der CDU-Fraktion im Rat der Stadt. Keine Antwort etwa liefere der Bericht, wie die Stadt auf die ungedeckte Nachfrage nach Gymnasialplätzen reagiere wolle. Schlieben bemängelt, dass die Verwaltung den Plan nicht bedarfsgerecht, sondern mit »ideologischen Scheuklappen« angefertigt habe.

 

Anders sieht es der Arbeitskreis Bildung & Erziehung von Attac Köln. Dort heißt es, der Bericht sei »in vielfacher Hinsicht positiv« zu bewerten. Attac lobt, dass erstmals Jugendhilfe und Bildung gemeinsam in den Blick genommen würden. Allerdings setze die Verwaltung zu stark auf die Gemeinschaftsschule, statt die Neugründung von Gesamtschulen voranzutreiben. Laut Schulentwicklungsplan sind diese derzeit kaum möglich, weil ein Grundstück in geeigneter Größe im Stadtgebiet nicht verfügbar sei.

 

Gemeinschaftsschulen entstehen meist, indem sich bestehende Schulen vereinen. Die Schüler werden in den Klassen fünf und sechs zusammen unterrichtet, danach entscheiden die Schulen, ob sie getrennt werden. In Köln werden im Spätsommer zwei ehemalige Hauptschulen als Gemeinschaftschulen in das neue Schuljahr starten. Diese Schulform zementiere ein zweigliedriges System, statt die Idee »Eine Schule für alle« zu verwirklichen, kritisiert Attac: »Die Gemeinschaftschule für das gemeine Volk, das Gymnasium für die Kinder der Besserverdienende.«  

 

»Eine Schule für alle« bezieht auch behinderte Kinder und jene mit speziellem Förderbedarf mit ein. Doch davon ist man in Deutschland und Köln weit entfernt. Wolfgang Blaschke vom Elternverein Mittendrin liest im Schulentwicklungsplan nichts, was ihn optimistisch stimmt. Auch nicht in dem Kapitel zur Inklusion. Bei dieser Diskussion stünden behinderte Kinder wieder am Rand, als Spezialproblem. »Wir wollen, dass die Politik Inklusion vollständiger begreift: Sie
muss für alle Kinder gelten«, fordert Blaschke.