Exakt gelandet: Kopf des St. Gereon auf dem grünen Kirchplatz (Iskender Yedilers, 2002)

Es hat mit dir zu tun

Raus aus dem Museum, rein in die Stadt: ­Melanie Weidemüller hat die ­Utopie »Kunst für alle« befragt

Ich dachte immer, den Heumarkt kenne ich. Ein Platz fast so kölsch wie Alter Markt oder Domplatte, Touristenrevier, Ausgehmeile, Ver­­­kehrknotenpunkt, umstellt von Altbauten und lieblos ergänzten Lückenfüllern, im Süden auslaufend in einen kolossalen Brückenkopf-Hotel-Komplex. Eine gepflasterte Fläche, aus der Parkhauseinstiegstürme ragen und weithin sichtbar ein bronzener Reiter, der offenbar Rich­tung Deutz unterwegs ist. Ein allzu vertrauter Blick aus der vorbeifahrenden Straßen­bahn. Bis zu diesem Morgen im Oktober 2008.

 

Verstörend war nicht, dass Friedrich Wilhelm III, wie schon seit Monaten, fehlte – der lokalpatriotische Reiterstandbild-Förderverein »Uns Päd« hatte Ross und Reiter in Sanierungsquarantäne geschickt. Aber: rote Geranien?! Die Balkonkästen hingen wie an einem putzigen Schwarzwaldhaus rings um den bretterverschalten Sockel, vor der Brust der Relief-Figuren historischer Geistesgrößen, deren Köpfe wie Zaungäste über die Blumen hinweg auf den Platz lugten. Plötzlich bin ich hellwach. Verdächtige das städtische Grünflächenamt der Täterschaft, engagierte Bürger, das Kölner Citymarketing. Oder doch die über zunächst Unverständliches hinwegtröstende Erklärung: Kunst? Wochen später – die Kästen waren genauso klandestin wieder verschwunden – die Bestätigung.

 

Ein Anstifter, der die Aufmerksamkeit schärft

 

Es handelte sich um eine Intervention des Kölner Künstlers Max Erbacher, und immer noch ist mir dieses Erlebnis ein Beispiel dafür, was »Kunst im öffentlichen Raum« kann. Im Ausnahmefall, denn natürlich war von einem solchen die Rede. Nicht von den typischeren Vertretern dieses Genres, den repräsentativen, dekorhaften, wohlgemeinten Skulpturen und Objekten aus Stein, Bronze, Stahl, die dauerhaft den Stadtraum möblieren und Plätze aufhübschen. Und oft so furchtbar langweilig sind, weil ihnen nicht gelingt, was Erbachers Aktion als Möglichkeit aufblitzen lässt: Das Öffentliche und Private, Kunst und Alltag in ein anderes Verhältnis zu setzen, neue Räume und Bilder zu generieren. Ein Anstifter zu sein, der die Aufmerksamkeit schärft, Fantasien auslöst und Beziehung herstellt: Es hat mit mir zu tun.

 

So könnten heutige Erwartungen an Kunst im Stadtraum lauten, mehrheitsfähig dürften sie mitnichten sein. Gerade weil sie höchst öffentlich auftritt, weil die Werke die Stadtbenutzer in der Regel ungefragt direkt in ihrem Alltag mit Kunst konfrontieren, provozieren sie, wo sie nicht schlicht in der urbanen Reizüberflutung untergehen, Bürgerdebatten, deren wiederkehrenden Sound ein klassischer Dreiklang prägt: Das soll Kunst sein? – Ist mir noch nie aufgefallen – Dafür ham se Geld? Zuweilen sähe man das auch lieber woanders investiert. Aber nicht jedes widerständige Kunst­werk – und das sind nicht die schlechtesten – muss vor dem Anwohnergeschmack bestehen. Konsensfähigkeit ist einfach kein Kriterium für Kunst. Häufiger danach zu fragen, was sie auf öffentlichen Plätzen, Straßen, Parks und U-Bahnhöfen eigentlich leisten soll, könnte die Sache aber durchaus befördern.

 

Heute erledigt man das per Facebook und Cybermobbing

 

Selbstverständlich ist nicht einmal, dass da überhaupt etwas als »Kunst« klassifiziertes steht. Jede Epoche, das zeigt auch der Blick auf die geschätzten 900 Kölner Denkmäler und Außenskulpturen, gestaltet den Stadtraum gemäß ihren Vorstellungen, Bedürfnissen, Interessen. Die freie Reichsstadt Köln verzichtete bis Mitte des 19. Jahrhunderts gänzlich auf Ehrung von Einzelpersonen und Herrscherpräsentation, dann gönnte man den Hohenzollern einige Reiterstandbilder.

 

Herrscherstatuen, Mahnmale, Perso­nen-Denkmäler, Märchenbrunnen – sie alle er­füllten eine zweckgebundene Funktion, de­mons­trieren Machtverhältnisse, erinnern an his­tori­sche Ereignisse, Volkssagen und »ehrwürdige« Personen. In Köln bis ins 18. Jahrhundert belegt ist allerdings auch die öffentli­che »Schandsäule« – heute erledigt man das per Facebook und Cybermobbing – für Mörder, Gesetzesbrecher und unerwünschte Freiheitskämpfer. Skulptur als Ästhetisierung des Stadt­­bildes, die­se Idee setzte sich, befördert vom bürgerlichen »Kölner Verschönerungsverein«, erst Ende des 19. Jahrhunderts durch. Hier beginnt die eigent­liche Geschichte der Kölner Außenskulptur.

 

Viele Brunnenplastiken sind in erbärmlichem Zustand

 

Ortstermin Wasserspiele, Jan von Werth-Brunnen auf dem Alter Markt, ein Werk des Kölner Bildhauers Wilhelm Albermann (1884). Am Sockel löwenköpfige Wasserspeier, darüber ein Relief mit Darstellungen des jungen Liebespaares Jan und Griet, seitlich Bauer und Jungfrau, gekrönt von dem auf sein Schwert gestützten Volkshelden. Die Ent­ste­hungsgeschichte des populären Denk­­mals zeigt, was bis heute gilt: dass Entscheidungen über öffentliche Werke selten un­­kompliziert verlaufen. Die ursprünglich als Platz­­schmuck vorgeschlagene Mariensäule will man den pro­tes­tantischen Preussen nicht zu­mu­ten, dann lehnt der Stadtrat Albermanns Vorschlag eines Reiterstandbilds ab, weil in der Altstadt eine Re­dundanz an Pferden droht. Der legendäre Köl­­ner Kavallerie-General muss runter vom Ross.

 

Kölns Vielfalt auch moderner Brunnen­plastiken ist beeindruckend (ihr Zustand teilweise erbärmlich, da könnte Köln mal in ande­ren Städten abgucken). Sehenswerte moderne Exemplare finden sich rund um den Dom: der abstrakte, beispiellos elegante Taubenbrunnen von Ewald Mataré (1953), Hans Karl Burgeffs Dionysos-Brunnen auf der Rück­seite (1973) und der begehbare Rheingartenbrunnen (Eduardo Paolozzi, 1984-1986). Schlie­ßen wir die Kategorie mit dem Hinweis auf Sorgenkinder wie die malträtierte große kinetische Wasserplastik auf dem Ebertplatz (Wolfgang Göddert, 1970/77) und die erschütternde Vollständigkeit der Kölschen Brauch­tumsbecken: Heinzelmännchenbrunnen (Am Hof), Tünnes und Schäl-Brunnen (An Groß St. Martin), Karnevalsbrunnen (Gülich-Platz), Ostermann-Brunnen (Ostermann-Platz), »Bierbrunnen« (Schil­dergasse). Stifter für einen Fritz-Schramma-Brunnen dürften demnächst gefunden sein.

 

»Wenn die Leute nicht zur Kunst kommen, kommt sie zu ihnen«

 

Die öffentliche Kunst verrät Kölns Hang zu Kuriositäten und zum Kitsch, eine mögliche Erklärung für die Identifikation mit H.A. Schults Flügelauto. Eine Vielzahl der Werke im Stadtbild spricht eine andere Sprache – die der künstlerischen Avantgarden und Aufbrüche im 20. Jahrhundert. Folgenreich für die weitere Entwicklung sind zwei Ereignisse der Kunstgeschichte: 1912 die internationale Ausstellung des Sonderbundes, die die europäischen Avantgarden in Köln versammelt, 1914 die des Deutschen Werkbundes. Der Aufbruch kommt in die Stadt, neue Ideen, ungewohnt freiheitliche Vorstellungen und Beispiele dessen, was Kunst sein kann. Nach der lähmenden NS-Zeit, dem Zweiten Weltkrieg, dem Bombenhagel, der auch viele Kunstwerke zerstört, können Künstler nach ’45 hier anschließen. Zunächst mit skulpturaler Trauerarbeit, dann mit Blick nach vorn.

 

Einen nachhaltigen Kunst-Regen im Rechtsrheinischen bringen die Bundesgartenschauen 1956 und 1971 im Rheinpark, ermöglicht durch großzügige städtische Ankäufe. Ergänzt werden diese durch Aktivitäten priva­ter Stifter, Mäzene, Initiativen in der ganzen Stadt: Hans Hartungs Relief für den WDR (1960), Julian Opies »Stürzende Bücher« an der Buchhandlung König (1984), die Skulp­turenparks Zoobrücke und Stammheimer Schloss oder temporäre Projekte wie »Vor­gebirgsparkskulptur« verdanken sich der kunst­interessierten Bürgerschaft, ohne die die Kunst im Öffentlichen kaum denkbar ist. ­Prägende Initiatoren wie  Jochen Heufelder (»Skulptur am Fort« 1985, »Privatgrün« 1994/ 2004, »Junge Biennale« 2008/2010) experimen­tieren kontinuierlich an der öffentlichen Schnitt­stelle von Kunst und Publikum. »Wenn die Leute nicht zur Kunst kommen, kommt sie zu ihnen«, mit diesem Ansatz aktualisiert er Ideen der 70er, die in Köln Höhepunkte feierten.

 

Vostells Kritik an Auto-Wahn und raumfressender Ver­kehrspolitik

 

Dass Köln seit Ende der 60er Jahre zur wichtigsten Kunststadt neben New York aufsteigt, Konzeptkunst, Popart, Fluxus und Hap­pe­ning hier rezipiert werden oder sogar ein Zentrum haben, schließlich das Museum Ludwig die Moderne beheimatet, hinterlässt auch im Stadtraum Spuren. Und inspiriert Künstler bis heute, wenn es darum geht, wie man statt dieser einschläfernden »Kunst-im-öffentli­chen-Raum«-Kunst Prozesse initiiert, die überraschen, die Nutzer des öffentlichen Raums nicht berieseln, sondern aktivieren. Interessanterweise ist eines der bekanntesten Kölner Werke eigentlich keine statische Skulptur, sondern Überbleibsel eines Happenings: Wolf Vostells Anti-Denkmal »Ruhen­der Verkehr« am Hohenzollernring.

 

Der Kölner Fluxusaktivist rangierte 1969 seinen fahrtüchtigen Opel Kapitän am hellerlichten Tag in eine Parklücke in der Domstraße, verschalte ihn mit Brettern und goss ihn in Beton. Die filmische Doku der Aktion, samt O-Tönen der perplexen Anwohner (Rufe nach Ordnungshütern, Zweifel am Geis­teszustand des Eigentümers, zaghafter Respekt) kann und muss man sich heute noch mal auf YouTube anschauen! Und die Skulptur? Der Beton-Sarg wechselte mehrfach seinen Standort und landete 1989 auf dem Mittelstreifen des Rings. Steht er da sinnvoll, sollte er wieder in eine Parklücke versetzt werden? Was hat sich eigentlich geändert, vierzig Jahre nach Vostells Kritik an Auto-Wahn und raumfressender Ver­kehrspolitik? Ironischerweise experimentiert die Stadtverwaltung an genau dieser Stelle seit Jahren erfolglos mit Verkehrsneuregelungen.

 

Kunst im öffentlichen Raum als gescheiterte Utopie?

 

Doch, der schmutzige Antipode zu Schults in den Himmel gehobenem Flügel-Ford verdient eine Gedenktafel, die seine Geschichte den Passanten erzählt (wie übrigens viele weitere Werke!). Kunst im öffentlichen Raum setzt sich aus – dem Alltag, sozialen, stadtplanerischen, politischen Veränderungen. Wir dürfen und müssen mit ihr umgehen, und sei es, indem wir Werke – jetzt bitte keine Leserbriefe – auch mal entsorgen. Seit den anti-elitären 70er Jahren, als Beuys »Soziale Skulptur« die Kunstszene aufweckte und die Politik das Motto »Kultur für alle« entdeckte, wurde hinzuaddiert. »Die lokale Kulturpolitik warf Kunstobjekte über der Ödnis ab, wie das Löschflugzeug eine Wasserbombe über einem Brandherd abwirft«, seitdem »führt die Kunst im öffentlichen Raum meistens nur vor, dass mit diesem etwas nicht stimmt.« So bilanzierte Niklas Maak jüngst in der FAZ den staatlich subventionierten Boom des Genres – als letztlich gescheiterte Utopie.

 

Maak will sie klugerweise nicht abschaffen. Er fordert ein, dass Kunst im öffentlichen Raum sich selber ernst nimmt:  »Wäre, sollte diese Kunst fragen, eine Stadt denkbar, in der nicht nur Schaufenster angeschaut und Sachen gekauft werden, wäre ein kollektiver Ort, eine Architektur vorstellbar, in der spontanere, wildere formen des Miteinanders möglich werden und in dem das Gefühl von Gemeinsamkeit sich nicht auf das parallele Trinken von zwei Milchkaffees mit Blick auf die Masse der Einkaufenden beschränkt?« In Zeiten politischer und individueller Ohnmacht bzw. Gleichgültigkeit gegenüber den Verhältnissen klingt das nach Perspektive.

 

Graffiti findet wenig bürgerliche Akzeptanz

 

Sie liegt aber eben nicht darin, hübsche Skulpturen im »sozialen Brennpunkt« aufzustellen, damit dessen bildungsferne Bewohner auch mal mit Kunst in Berührung kommen. Das empfinden sie nicht selten als kulturelle Kolonisierung und verhalten sich auch so (Vandalismus ist manchmal erklärbar) – und warum auch sollten sie verstehen, dass Graffiti, als angemessene eigene Ausdrucksform, wenig bürgerliche Akzeptanz findet, das abgeladene abstrakte Dinge hingegen der Kunst-Bonus legitimiert? Revierverteidigung als Reflex auf Kunst, die sich nicht um den Kontext schert, findet man im bürgerlichen wie im »kunstfernen« Lager. Vielleicht hat der Ruf des Öffentliche-Kunst-Genres deswegen gelitten: weil man sie gedankenlos verteilte oder als Heilmittel mit falschen Erwartungen überfrachtete, statt genau hinzuschauen.

 

Insofern wäre Ortsbezogenheit ein ers­­tes Kriterium für funktionierende Kunst im Stadtraum – die Kenntnis der sozialen Zusammenhänge und Funktion eines Ortes (wer nutzt ihn, was passiert dort?), seiner Geschichte (wie wurde er was er ist), der Bedürfnisse seiner Nutzer und möglicherweise auch eines angestrebten Ziels (was will ich bewirken?). Ein Regelwerk indes wird sich kaum finden lassen, ist doch Kunst immer ein Einzelfall. Trotzdem wächst wieder das Interesse, wie sich Prozesse und damit die Ergebnisse und Akzep­tanz von Kunst in der Stadt politisch steuern lassen. Dazu gehört die Verständigung darüber, welchen Aufwand eine Stadt leisten will, um das Vorhandene zu pflegen und Neues zu initiieren.

 

Fachhochschule untersucht Zustand der öffentlichen Kunst in Köln

 

Hiermit landen wir in der politischen Gegenwart der Stadt Köln, auf der »offiziellen« Seite der Fördergelder, Verwaltungswege und Beschlussfolgen. Problem Nr. 1: Ansprechpart­ner und Zuständigkeit. Der Natur der Sache nach ist es eine mehrfache – in der Regel sind Kul­turdezernat, Stadtplanungsamt und Grünflächenamt involviert, nach Bedarf die betroffenen Fachausschüsse, Bezirksverwaltungen, Stif­ter, Architekten, der sachkundige Kunstbei­rat, nicht zuletzt die Künstler selber. Man braucht nicht viel Phantasie um sich die Kolli­sionen, Schwerfälligkeit und Versandunsgquote dieses Apparates vorzustellen – im Kulturdezernat hätte man gern verbindlich die Federführung. Nr 2: das Geld. Bis 2009 gab es einen städtischen Etat von 100.000 Euro, 2010 von 75.000 Euro, 2011 stehen 39.000 Euro zu Verfügung.

 

Die gute Nachricht: Bis aufs Geld sieht alles gerade vielversprechend aus. In der AG »Kunst im öffentlichen Raum« sitzen tatsächlich alle an einem Tisch, inklusive Universität, Kunsthochschule für Medien, Kunst- und Museums­bibliothek, Rheinisches Bildarchiv. Erstmals hat eine bei der Fachhochschule in Auf­trag gegebe­ne Studie unter Leitung der engagierten Professorin Friederike Waentig erfasst, welche Werke überhaupt im Kölner Stadtbereich wo stehen – 450 wurden recherchiert, aufgesucht, katalogisiert, fotografiert, der Sanierungsbedarf überprüft. Sechs Prozent der Werke sind in katastrophalem Zustand (dringender Handlungsbedarf), insgesamt ist die Lage ganz gut.

 

Jetzt weiß man, was man hat. Hoffentlich ist die Stadt bereit, dieses wertvolle Wissen nicht zu verschenken, sondern Geld in die nötigen Reparaturen, Datenbankpflege, ein Buch bzw. besser eine Website und die kunsthistorische Auswertung zu investieren. Im Kul­turdezernat sieht man das ähnlich, und verhandelt?... Gesicherter scheint der Erfolg eines von AG und Kunstbeirat initiierten Projekts, das im Juni im Kulturausschuss verabschiedet werden soll: Ein Planquadrat in der Innenstadt wird als »Feldversuch« für ein Gesamtkonzept unter die Lupe genommen und gemeinsam mit Künstlern, Experten, Geschäftsinhabern und Anliegern weiterentwickelt.

 

Nicht zu viel wollen - und der Kunst vertrauen

 

Der diesjährige Etat scheint hier gut angelegt, denn der engagierte und kompetent besetzte Kunstbeirat hat eigentlich nur ein Problem: Er sollte ernst genommen werden. Seine Empfehlungen sind nicht bindend, und den Ausschuss zum Beispiel von der Nicht-Not­­wenigkeit und vorgestrigen Ästhetik einer »Welt­jugendtags-Gedenk-Steele« auf dem Agnes­platz zu überzeugen war Knochenarbeit. Die könnte auch anstehen, um den kürzlich vom Volkssänger Tommy Engel und dem Urheber präsentierten Entwurf eines Stadtarchiv-Denk­mals auszubremsen. Geht so gar nicht, meint der Künstler und Beiratsvorsitzende Andreas Kaiser: bislang sei nicht mal der Standort geklärt, in so einer zentralen Sache kann nicht eine private Stifterinitiative ein fertiges Modell auspacken und Tatsachen schaffen, ohne Partizipation, Vorarbeit oder Wettbewerb.

 

Irgendwie bleiben Kunst und Kommu­nalpolitik dann doch zwei Welten. Kluge Kon­zepte braucht der öffentliche Raum – und zum Glück machen Künstler sowieso selbstermächtigt einfach was sie wollen. Installationen, Graffity, »Stolpersteine«, eine klassische Plas­tik – die am richtigen Standort immer noch etwas wunderbares sein kann – oder eine Geranienüberführung aus einem Bergischen Dorf zum Reiterdenkmal. Max Erbacher, gestartet in der »illegalen« Sprayerszene Münchens, hatte plötzlich beim Vorbeigehen ein Bild im Kopf und wollte es umgesetzt sehen. Künstler wie er handeln weder im Bildungsauftrag noch mit der moralischen Protest-Haltung der 70er, sie setzen auf schnelle, temporäre Eingriffe, die vierwöchige Versuchsanordnung endet mit dem Rücktransport ins Bergische – Dank an die freundlich partizipierenden Dorfbewohner. Nicht zuviel wollen. Der Kunst vertrauen. Das Öffentliche nicht den Verwaltungen und Werbeagenturen überlassen. Klingt das jetzt doch wieder nach Utopie?

 

Dank an die Autoren der beiden einzigen umfassenden Überblickswerke zur Kölner Außenskulptur, die die Re­cher­che begleitet haben: Gerhard Kolberg?/?Karin-Schuller-Procopovici (hrsg. vom Museum Ludwig 1988): »Skulptur in Köln. Bildwerke des 20. Jahrhunderts im Stadtbild« und Helmut Fußbroichs Stadtführer »Köln Skulpturen im öffentlichen Raum nach 1900« (Bachem Verlag, Köln 2000, vergriffen)