Shakespeare auf der Kippe
Port in Air, das am englischen Seminar der Uni Köln beheimatete Ensemble, ist unter der Leitung von Richard Aczel nicht nur zum festen Bestandteil der Kölner Theaterszene geworden. Die Gruppe fungiert inzwischen auch als Talentschmiede, in der Profis und Amateure aufeinandertreffen. Und das, obwohl immer wieder zwei für den großen Erfolg nur sehr schwer überwindbare Hindernisse im Weg liegen: Port in Air ist im Kern ein Studentenensemble, und es zeigt englischsprachiges Theater.
Dazu kommt, dass die Inszenierungen weit entfernt sind vom Boulevard und beim Zusehen hohe Aufmerksamkeit verlangen. Ein Großteil des theaterinteressierten Publikums sucht nach anderen Kriterien für die kultivierte Abendunterhaltung. Trotzdem bekommt Port in Air immer wieder Lob, viel Publikumszuspruch und hat längst einige Akteure erfolgreich in die Szene entlassen.
Diesmal zeigen die Leiter des Artheater, Stefan Bohne und Bernd Rehse, zusammen mit Wiebke Kuttner und Mitgliedern des Ensembles Szenen aus mehreren Shakespeare-Stücken. Es geht ans Eingemachte: Im Zentrum stehen jene Momente aus den großen Tragödien »King Lear«, »Hamlet«, »Richard III.«, in denen die Dinge auf Messers Schneide stehen – wo das Tragische ins Lächerliche kippt, Spott in Mitleid oder Zuneigung in Abscheu. Dazu kommen neue Variationen aus »Twelfth Night« (»Was ihr wollt«), der Verwechslungskomödie überhaupt, mit der Port in Air schon Erfahrung hat.
Zusätzliche Kippmomente birgt die Besetzung: Manche Figuren sind mehrfach oder mit Darstellern des jeweils anderen Geschlechts besetzt. Der choreografisch strenge, musikalisch-rhythmische, sehr spielerische und nie traditionell wirkende Stil der Gruppe und ihres Regisseurs und Leiters verspricht, die Möglichkeiten des Klassikermaterials maximal auszureizen. Ein experimenteller Abend dürfte anstehen, der wohl auch als Vorgeschmack auf das kommende Großprojekt zu verstehen ist: »Hamlet«, geplant für 2012.