Die Chronik, ab Februar 2002
von den Enthüllungen bis zur Nachrichtensperre:
24. Februar 2002: Bundesweite Razzien in Wohnungen und Büros. Dabei übersieht die Staatsanwaltschaft die Immunität von Hardy Fuß, Geschäftsführer der Mönchengladbacher Trienekens-Tochterfirma UTG, die für die Vergabe des MVA-Bauauftrags an die Firma Steinmüller sorgte. Hardy Fuß ist zugleich Landtagsabgeordneter der SPD.
26. Februar 2002: Verhaftung des Ex-Managers der L+C Steinmüller GmbH, Sigfrid Michelfelder, und des Geschäftsführers der AVG, Ulrich Eisermann wegen Flucht- und Verdunkelungsgefahr. Michelfelder soll laut Staatsanwaltschaft sieben Millionen Euro Firmenvermögen durch Umleitung selbst kassiert und über mehrere Jahre vier Millionen Euro Bestechungsgeld an Eisermann gezahlt haben, damit dieser für die Vergabe des lukrativen Bauauftrages der MVA sorge.
27. Februar 2002: Die Staatsanwaltschaft Köln erklärt öffentlich, dass beim Bau der MVA 29 Millionen DM abgezweigt sein sollen. Der Ablauf: Sigfrid Michelfelder soll Geld gegen Rechnungen an botmäßige Schweizer (Briefkasten-)Firmen überwiesen haben, ohne dass diese entsprechende Leistungen erbrachten. Die verdächtigten Firmen: Ingenieurbüro VACCANI & Partner; Ecoling AG; Stenna Umwelttechnik AG.
1. März 2002: Freiwillige Aussage des Unternehmers Hellmut Trienekens vor der Staatsanwaltschaft: er habe vielleicht ein Steuerdelikt begangen, Bestechungsgelder seien nicht geflossen.
2. März 2002: SPD-Fraktionsvorsitzender Nobert Rüther informiert den Kölner Parteichef Jochen Ott und Schatzmeister Martin Börschel über ein »System der Umwegfinanzierung« in die Parteikasse in Zusammenhang mit der Firma Trienekens.
3. März 2002: Information der Bundes-SPD (nach Aussagen Münteferings). In Rodenkirchen brennt eine Lagerhalle von Trienekens völlig nieder. Die Kriminalpolizei untersucht die Brandstelle, laut Kölner-Stadt-Anzeiger (vom 4. März) sei die Frage erwogen worden, »ob in der Lagerhalle ein Büro mit Akten war, vielleicht mit Jahresakten«.
4. März 2002: Rücktritt des SPD-Fraktionsvorsitzenden Nobert Rüther von allen politischen Ämtern und Funktionen. Eingeständnis der Annahme von Spenden in Höhe von 174.000 Euro und deren verschleierte Weiterleitung in Tranchen zu unter 20.000 DM, um die Offenlegung nach Parteispendengesetz zu umgehen.
Der Generalstaatsanwalt erlaubt nun auch Ermittlungen gegen den Frechener SPD-Abgeordneten Hardy Fuß.
Der frühere Schatzmeister der Kölner SPD, Manfred Biciste, erklärt, nichts von der Stückelungspraxis gewusst zu haben (»Diese Nachricht hat mich zutiefst erschüttert«).
5. März 2002: Ex-Schatzmeister Biciste gesteht seine Beteiligung am Spenden-Umleitungs-System ein und legt sein Ratsmandat nieder. Er habe mehr als 250.000 Euro in kleinere Tranchen zerlegt. Biciste übergibt seinem Anwalt eine Liste der angeblichen Spender. Diesen (angeblich 38 plus vier Ehepartnern) ist eine Frist bis zum 7. März gesetzt, in der sie durch Selbstanzeige einer strafrechtlichen Verfolgung entgehen können.
Das Parteipräsidium der SPD verlangt von allen Kölner SPD-Mitgliedern auf Landes-, Bundes- und Europa-Ebene bis zum 11. März eine Versicherung der Nichtbeteiligung.
6. März 2002: Jochen Ott und Martin Börschel erklären für die Kölner SPD: Norbert Rüther habe insgesamt einen noch höheren Spendenbetrag angenommen, nämlich 260.000 Euro. Eine Großspende (ohne Angabe der Höhe) stamme von Hellmut Trienekens.
Auch die Bücher des in Köln ansässigen Bezirks Mittelrhein der SPD sollen von den Revisoren der Bundes-SPD (unter Hans Feldmann) geprüft werden: Norbert Rüther stand diesem Bezirk von 1999 bis 2001 vor.
7. März 2002: Durchsuchung der Geschäftsräume der Kölner SPD durch die Polizei im Auftrag der Staatsanwaltschaft. Sicherstellung von 7 Millionen Euro bei Sigfrid Michelfelder: ehemaliger Manager der Firma Steinmüller und SPD-Mitglied.
Die Trienekens AG erklärt: Die von SPD-Schatzmeister Martin Börschel genannte Großspende stammt nicht von der Trienekens AG sondern aus dem versteuerten Privatvermögen Hellmut Trienekens und ist deutlich niedriger als 511.000 DM.
8. März 2002: Durchsuchung der Geschäftsräume der Abfallentsorgungs- und Verwertungsgesellschaft (AVG) durch Staatsanwaltschaft und Polizei.
Am selben Tag wird die Existenz einer schwarzen Kasse der SPD-Ratsfraktion bekannt, auf der zeitweise bis zu 250.000 DM lagen. Geführt wurde sie von Klaus Heugel und Norbert Rüther und soll nicht im Zusammenhang stehen mit der Schmiergeldaffäre.
Eine weitere Spur der Schmiergeld-Zahlungen führt in die Schweiz, diesmal zur Briefkasten-Firma Stenna Umwelttechnik AG: laut Staatsanwaltschaft erhärtet sich der Verdacht, dass mit den Geldzahlungen vor allem Entscheidungsträger der AVG nachträglich für den Zuschlag bei der Auftragsvergabe belohnt worden seien.
9. März 2002: Spekulationen (nach einem Artikel im Spiegel) über die Verwicklung des früheren SPD-Fraktionschefs im Bundestag, Karl Wienand, in die Kölner Spendenaffäre. Wienand sei danach als Berater der Firmen Steinmüller und Trienekens tätig gewesen.
10. März 2002: Gerhard Schröder kündigt die ‘Entfernung’ der beteiligten Genossen aus der Partei an: »Die Verantwortlichen sind gegangen oder werden aus der Partei entfernt«.
Nach den Aussagen eines ehemaligen Mitarbeiters der Kreisgeschäftsstelle der CDU habe auch die CDU Spenden gestückelt: im August/September 1999 sei vom Parteichef Richard Blömer eine Spende von 67.000 DM in drei Tranchen in die Parteikasse eingezahlt worden, für die später 15 Spendenquittungen über kleinere Beträge ausgestellt worden seien. Die CDU hatte mit der Prüfung aller Parteispenden der vergangenen Jahre schon zuvor begonnen.
11. März 2002: Das Präsidium der NRW-SPD beschließt Parteiausschlussverfahren gegen Ex-Schatzmeister Martin Biciste und den Ex-Geschäftsführer der Kölner SPD und jetzigen Stadtsparkassen-Mitarbeiter, Arno Carstensen. Manfred Biciste erklärt darauf seinen Parteiaustritt.
Der Landesvorsitzende der NRW-SPD, Harald Schartau, sieht keine Verbindung von den 42 »Scheinspendern« zur Schmiergeldaffäre, wegen der gegen die Firma Trienekens ermittelt wird.
Persilscheinaktion: Nur ein überörtlicher Mandatsträger der Kölner SPD habe zugegebenermaßen eine Spendenquittung erhalten, teilt Schartau mit, Landtagsabgeordneter Marc Jan Eumann. Er habe diese als Gegenleistung für erbrachte Leistungen angesehen.
12. März 2002: Der Kölner Stadt-Anzeiger berichtet von einem Gespräch mit Robert Hinder, einem ehemaligen Mitarbeiter der Schweizer Ecoling AG - eine der drei Schweizer Firmen, an die die 14,5 Millionen Euro geflossen sein sollen. Die Ecoling AG war für Projektsteuerung und Überwachung der MVA-Errichtung zuständig. Hinder präsentiert neue Beweise für den Bestechungstatbestand: Steinmüller habe nur das drittbeste Angebot für den Bau der MVA vorgelegt, aber den Zuschlag erhalten, nachdem man »politisch aktiv« geworden sei.
Laut Staatsanwaltschaft steht auch ein ehemaliger Abteilungsleiter des Umweltbundesamtes (Berlin) im Verdacht, in den Spendenskandal verwickelt zu sein. Über das Konto seiner Tochter habe er der Justiz zufolge 30.000 DM von der Schweizer Firma Stenna erhalten, das Geld stamme von der Firma Trienekens. Auch der SPD-Landtagsabgeordnete Marc Jan Eumann, der eine Spendenquittung erhalten hat, lässt vorerst seine Parteiämter ruhen.
Hellmut Trienekens lässt seine Tätigkeiten als Vorstandsvorsitzender der Trienekens AG ruhen.
Achtstündige Vernehmung des ehemaligen Fraktionsvorsitzenden der SPD, Norbert Rüther, durch die Staatsanwaltschaft.
Alle 29 Ratsmitglieder der SPD werden nun bis zum 18. März ebenfalls eine Erklärung abgeben, ob sie in die Spendenaffäre verwickelt sind oder nicht, wie Fraktionsvorsitzender Heinz Lüttgen mitteilt. Dabei bleibt ihnen die Formulierung selbst überlassen.
13. März 2002: Es wird bekannt, dass es sich bei der von Norbert Rüther angenommenen Spendenmenge um einen höheren Betrag handelt, als bisher im Gespräch war: Rüther selbst hat im Gespräch mit der Staatsanwaltschaft nun von 830.000 DM gesprochen.
Die Trienekens AG erklärt: Hellmut Trienekens hat 1999 150.000 DM an die Kölner SPD gespendet.
Weitere Unternehmen der Müllbranche werden mit »schwarzen Kassen« und Schmiergeldzahlungen in Verbindung gebracht: Preussag soll in eine Umverteilungsstelle für Schwarzgelder in Genf unterhalten haben (bzw. deren frühere Tochter Noell, die inzwischen zum Babcock-Konzern gehört) und ABB (Mannheim).
14. März 2002: In einem Interview mit der Zeit erhebt Hans Reimer, dessen Firma Göpfert, Reimer & Partner (1989 verkauft an Elektrowatt) viele MVAs in Deutschland mitgeplant hat (jedoch nicht die Kölner), schwere Vorwürfe gegen Ulrich Eisermann von der AVG. Reimer selbst steht in Hamburg wegen Steuerhinterziehung vor Gericht. Reimer: Bei der Auftragsvergabe für den Bau der MVA an Steinmüller, habe sich der AVG-Geschäftsführer ausbedungen, dass die beiden Konkurrenzunternehmen ABB und Babcock zu Hauptunterlieferanten werden, von dem 800-Millionen-Paket gingen dann Aufträge für 180 Millionen an ABB und für 200 Millionen an Babcock. Die Geldzahlungen, eben die fälligen Schmiergelder an Eisermann, würden nun von den beiden Firmen (ABB und Babcock) ihm zugeordnet, da er schon einmal mit Steuerhinterziehung konfrontiert worden war und ihnen als geeignetes Opfer erscheine: zwischen sieben und acht Millionen DM. In der Müllbranche heiße die Bestechung von Entscheidungsträgern »Beamtung«, berichtet Reimer.
15. März 2002: Der Ex-Fraktionsvorsitzende der SPD Köln, Norbert Rüther, hat den ehemaligen Oberstadtdirektor und OB-Kandidaten Klaus Heugel belastet: die Staatsanwaltschaft prüft jetzt, ob Rüther bei der illegalen Verbuchung der Spenden auf Heugels Geheiß agierte.
Ebenfalls ermittelt wird im Zusammenhang mit dem Kölner Müllskandal gegen den Bonner Mitgeschäftsführer der Entsorgung und Verwertung Bonn (EVB), die ebenfalls Geld an Schweizer Konten überwiesen haben soll und zudem im Verdacht der Steuerhinterziehung steht.
Ausweitung des Spendenskandals der SPD auf Wuppertal: dem Oberbürgermeister von Wuppertal, Hans Kremendahl (SPD), wird von der Staatsanwaltschaft der Vorteilsnahme und Korruption verdächtigt. Eine halbe Million DM sollen vom Wülfrather Bauunternehmer Uwe Clees vor der Oberbürgermeisterwahl 1999 in sechs Einzelspenden an den SPD-Unterbezirk geflossen sein. Strohmänner seien ein brandenburgischer Bauunternehmer und ein Düsseldorfer Recyclingunternehmen gewesen sein.
Seit heute morgen ist bekannt, dass von der Staatsanwaltschaft auch gegen den Vorsitzenden der SPD in der Stadt Recklinghausen, Peter Rausch, ermittelt wird. Der Vorwurf: Als Geschäftsführer der Wohnungsbaugesellschaft habe er Aufträge an Firmen vergeben, die dafür unentgeltlich an seinem Privathaus bauten. Ein privates Vergehen, betont SPD-Landesvorsitzender Schartau.
Die Kölner CDU gibt »kriminelle Machenschaften« eines Mitarbeiters zu, die fraglichen Unterlagen seien jedoch entwendet worden. Sonst gehe alles mit rechten Dingen zu. Von Trienekens habe die CDU Köln in den Jahren 1997 bis 2001 insgesamt 6.550 DM an Spenden erhalten.
Die nordrhein-westfälische SPD streicht wenige Stunden vor Beginn ihres Parteitages den Kölner Bundestagskandidaten Werner Jung wegen mutmaßlicher Verstrickung in den Spendenskandal von der Landesliste. Vor wenigen Tagen erst hatte Jung eine Ehrenerklärung unterzeichnet. SPD-Landeschef Harald Schartau erklärt, die Maßnahme sei keine Vorverurteilung Jungs. Sollte sich herausstellen, dass Jung unschuldig sei, könne er immer noch als Direktkandidat antreten.
Steinmüller-Manager Sigfrid Michelfelder hat die sieben Millionen Euro nicht in die eigene Tasche gesteckt, sondern als Schmiergeld verwendet. Gegen ihn wird nun nicht länger wegen Veruntreuung ermittelt, sondern wegen Bestechung.
Der Wülfrather Bauunternehmer Uwe Clees gibt zu der Wuppertaler SPD 500.000 DM gespendet zu haben. Er behauptet, die Spenden seien von der SPD - aber auch von der CDU - erbeten worden.
16. März 2002: Die Süddeutsche Zeitung berichtet über die Aussage des langjährigen Steinmüller-Managers Jörgen Becker. Becker soll eine der Schlüsselfiguren im MVA-Deal sein. Er gibt an alle Transaktionen seien mit AVG-Chef Eisermann oder dessen Stellvertreter Peter Sircoulomb abgesprochen gewesen. Der einzige Politiker, den Becker gesehen haben will, ist Norbert Rüther. Eisermann wird von Becker schwer belastet: der AVG-Geschäftsführer habe eine «unglaubliche Machtposition» besessen. Die finanziellen Forderungen Eisermann seien endlos gewesen.
18. März 2002: Ex-SPD-Schatzmeister Manfred Biciste gibt zu in «zwei oder drei Fällen» Parteimitgliedern gefälschte Spendenquittungen untergeschoben zu haben. Namen nennt er nicht. Der von der Landesliste gestrichene Kölner Bundestagskandidat Werner Jung zählt sich zu den Betroffenen, ebenso wie die Kölner Bürgermeisterin Renate Canisius. Sie hat auf Anraten ihres Anwalts Selbstanzeige erstattet.
SPD-Landeschef Harald Schartau droht Norbert Rüther an, ihn in Beugehaft nehmen zu lassen, wenn er die Namen der Spender nicht freiwillig offenlege.
Nachdem Ex-SPD-Fraktionschef Rüther gestand, dass ein Teil der illegalen Spenden in den OB-Wahlkampf seines politischen Freundes Klaus Heugel geflossen ist, ist nun auch eine schwarze Kasse der Kölner Ratsfraktion aufgetaucht. Rüther hatte der jetzigen Fraktionsgeschäftsführerin Marlies Herterich einen Jutesack mit Sparbüchern und Auszügen des Kontos übergeben, auf das nur Rüther und Heugel als sein Vorgänger als Fraktionsvorsitzender Zugriff hatten.
20. März 2002: Der Kölner Stadt-Anzeiger veröffentlicht Inhalte des Protokolls der Vernehmung von EX-SPD-Fraktionschef Norbert Rüther bei der Staatsanwaltschaft. Rüther bezeichnet die Spenden als «Danke-schön-Leistungen» von Firmen für die Vergabe städtischer Aufträge. Das sei in den 90er Jahren Brauch gewesen. Im Zusammenhang mit dem MVA-Deal sei AVG-Geschäftsführer Eisermann bei der Akquise behilflich gewesen. Niemals, so Rüther, sei man vor der Auftragsvergabe aktiv geworden.
105 der 106 Kölner SPD-Mandatsträger haben eine Ehrenerklärung abgegeben. Die ursprüngliche 109er-Liste wurde wegen drei Doppelmandaten verkleinert. Ex-Schatzmeister Manfred Biciste kündigte an Jürgen Schmude, dem Leiter des Feststellungskommission, und einer weiteren Vertrauensperson die Namen der 42 Personen zu nennen, denen er fingierte Spendenquittungen ausgestellt habe.
21. März 2002: Ex-SPD-Fraktionschef Norbert Rüther hat der Kölner SPD die Namen der Spender genannt, von denen er zwischen 1994 und 1999 rund 830.000 Mark erhalten hat. Die größten Summen zahlten die Firmen Steinmüller und Trienekens. Trienekens zahlte entgegen eigenen Angaben bereits im Juni 1998 50.000 DM an die Kölner SPD.
Die Kölner Landtagsabgeordnete Annelie Kever-Henseler kündigt an rechtlich gegen SPD-Landeschef Harald Schartau wegen Rufschädigung vorzugehen. Schartau hatte gesagt, die Schmude-Kommission werde sich auch mit Marc Jan Eumann und Annelie Kever-Henseler befassen.
Reinhard Birkenstock, Anwalt von Ex-SPD-Schatzmeister Manfred Biciste und selbst SPD-Mitglied, kritisiert den Umgang der nordrhein-westfälischen Parteispitze mit in die Spendenaffaire verstrickten Kölner Sozialdemokraten. Insbesondere SPD-Chef Harald Schartau bediene sich einer ZK-Sprache, dabei übergehe er selbst die Parteistatuten und missachte die Prinzipien des Rechtsstaats.
Die Kölner Staatsanwaltschaft hat das Ermittlungsverfahren im Spendenskandal vom Korruptionsverfahren abgetrennt. Es gebe keine Hinweise auf einen Zusammenhang.
23. März 2002: Die NRW-SPD leitet gegen den Kölner Landtagsabgeordneten Marc Jan Eumann im Zusammenhang mit dem Spendenskandal ein Schiedsverfahren ein. Eumann hatte eine der fingierten Spendenquittungen erhalten. Nun droht ihm der Ausschluss aus der SPD.
24. März 2002: Auch der langjährige SPD-OB Norbert Burger hat laut Spiegel eine fingierte Spendenquittung erhalten. Sie sei ihm nicht untergeschoben worden, betont Burger gegenüber dem Kölner Stadt-Anzeiger. Dass sie fingiert sei, hätte er aber auch nicht gedacht.
26. März 2002: Ex-SPD-Schatzmeister Manfred Biciste ist nun doch nicht bereit der SPD die Liste mit den 42 Empfängern von fingierten Spendenquittungen auszuhändigen. Bicistes Anwalt Birkenstock mahnt an, erst müsse ein faires Verfahren gewährleistet sein.
Die Parteispitze der NRW-SPD geht von der Existenz weiterer schwarzer Kassen aus. Auf diese Weise könne man die Differenz zwischen den von Rüther angegebenen Spendensummen und den tatsächlich verbuchten Summen erklären.
Der SPD-Spendenskandal erreicht die Justiz: Michael Allmer, Richter am Kölner Amtsgericht und ehemaliger SPD-Ratsherr, hat nach Bekanntwerden von Vorwürfen, er sei in den SPD-Spendenskandal verstrickt, um Versetzung in eine andere Abteilung gebeten. Außerdem lässt Allmer bis auf weiteres alle politischen Ämter in seiner Wahlheimat Blankenheim ruhen.
27. März 2002: Die Kölner SPD-Landtagsabgeordnete Annelie Kever-Henseler wird nicht vor der parteiinternen Untersuchungskommission aussagen. Der SPD-Spitze wirft sie vor mit zweierlei Maß zu messen: Gegen den langjährigen Kölner OB Norbert Burger seien nach Bekanntwerden seiner Verstrickung in den Spendenskandal keine Sanktionen eingeleitet worden. Kever-Henseler verlangte von SPD-Landeschef eine Entschuldigung für seine, ihrer Meinung nach, einer öffentlichen Vorverurteilung gleichkommenden Äußerungen. Die Politikerin muss nun mit einem Schiedsverfahren rechnen. Damit droht ihr der Ausschluss aus der SPD.
Der Verdacht, dass Ex-SPD-Fraktionschef mehrere schwarze Kassen unterhalten habe, hat sich bestätigt. Mit dem Geld aus diesen Kassen hat Rüther beispielsweise Parteifreunden zinslose Darlehen gewährt. Die Rückzahlung wurde dann als Parteispende verbucht.
Sigfrid Michelfelder, Ex-Manager des Anlagenbauers Steinmüller und eine der Schlüsselfiguren im Kölner MVA-Deal hat angekündigt morgen, am 28.03., vor dem Kölner Landgericht auszusagen. Sein Anwalt händigte der Staatsanwaltschaft eine mehr als 30 Seiten lange Erklärung aus. Es wird erwartet, dass Michelfelders Aussage Aufschluss darüber gibt, ob die Schmiergeldzahlungen und der SPD-Spendenskandal zusammenhängen.
28. März 2002: Das Präsidium des Amtsgerichts Köln hat den Amtsrichter und ehemaligen Kölner SPD-Ratsherrn Michael Allmer von der Jugendstrafabteilung ins Handelsregister versetzt. Er wird sich an der Einspeisung des Karteikarten-Registers in eine Computer-Datenbank beteiligen. Allmer soll fingierte Spendenquittungen in Höhe von 24.000 Mark angenommen haben.
Dem Kölner Stadt-Anzeiger zufolge hat auch der Vorstandsvorsitzende der Stadtsparkasse Köln, Gustav Adolf Schröder, falsche Spendenquittungen steuerlich geltend gemacht. Er habe Anfang März Selbstanzeige bei der Oberfinanzdirektion gestellt. Schröder befindet sich in Urlaub.
30. März 2002: Ermittlungen gegen die Bonner CDU und die Stadtwerke Bonn: Reiner Schreiber, Fraktionsvorsitzender der CDU im Bonner Stadtrat und ehemaliger Stadtwerke-Chef, unterhält erwiesenermaßen seit längerem Geschäftsbeziehungen zu der Schweizer Firma von Roll, welche die Bonner MVA gebaut hat. Es besteht der Verdacht, dass über den Beratervertrag zwischen Schreiber und von Roll Schmiergelder des Konzerns ABB an Schreiber geflossen sein könnten.
31. März 2002: Die Welt am Sonntag will aus Ermittlerkreisen erfahren haben, dass bei der Kölner SPD ein Kreislaufsystem zur Geldwäsche und Zuschusserschleichung bestand. Viele derjenigen, die von Ex-SPD-Schatzmeister Biciste fingierte Spendenquittungen erhalten hatten, haben diese beim Finanzamt eingereicht und das anschließend zurückerstattete Geld wiederum an die Kölner SPD gespendet. Die SPD hat staatliche Zuschüsse sowohl für die fingierten Spenden wie auch für Spenden aus Steuerrückzahlungen erhalten.
2. April 2002: Der Kölner EX-OB Norbert Burger (SPD) erhebt in der Süddeutschen Zeitung schwere Vorwürfe gegen Norbert Rüther, Klaus Heugel und Lothar Ruschmeier. Die drei Sozialdemokraten seien der eigentliche SPD-Machtzirkel in Köln gewesen. «Die haben mich da gar nicht reingelassen», wird Burger zitiert. Die Spendenquittungen seien ihm untergeschoben worden. Reinhard Birkenstock, Anwalt von Ex-SPD-Schatzmeister Manfred Biciste, stellt dagegen heraus, dass alle Quittungen «persönlich und wissentlich» angenommen worden seien.
3. April 2002: Die SPD hat ihre Auskunftsklage gegen den ehemaligen Kölner SPD-Fraktionschef Norbert Rüther erweitert. Rüther soll erklären, welche Beträge ihm von dritter Seite zugeleitet worden seien und an wen und mit welcher Maßgabe er diese ausgezahlt habe. Es besteht immer noch Klärungsbedarf über die Höhe der Spenden. Rüther gibt andere Zahlen an, als im Kassenbuch der SPD verzeichnet sind.
4. April 2002: Sigfrid Michelfelder, Ex-Steinmüller-Manager und Hauptbeschuldigter im Bestechungsskandal, wird erneut verhört. Seine bisherigen Angaben seien ungenau und widersprüchlich, erklärt die Kölner Staatsanwaltschaft. Michelfelder habe in einer gut 30 Seiten langen Erklärung die Herrn Eisermann, Trienekens und Wienand als Empfänger von Steinmüller-Zahlungen benannt, berichten der Kölner Stadt-Anzeiger und andere DuMont-Medien. Die Idee, Schmiergeldzahlungen über Schweizer Firmen abzuwickeln, soll von Trienekens stammen, der dies damals bereits praktizierte. Der ehemalige SPD-Politiker Karl Wienand hat angeblich seine Beziehungen genutzt, um Firmen aus dem Energie- und Entsorgungssektor öffentliche Aufträge zu beschaffen. Norbert Gatzweiler, Anwalt von Hellmut Trienekens, bezeichnet die Vorwürfe gegenüber seinem Mandaten als absurd.
5. März 2002: Hellmut Trienekens fordert den Kölner Stadt-Anzeiger, die Kölnische Rundschau und den Kölner Express zu Widerrufen auf. Die Zeitungen hatten über Schmiergeldzahlungen an Trienekens im Zusammenhang mit dem Bau der Kölner MVA berichtet. Trienekens Anwalt Winfried Seibert stellt klar, dass Trienekens kein Schmiergeld erhalten oder gefordert habe.
Die Kölner PDS fordert die Privatisierung der Kölner Abfallwirtschaft rückgängig zu machen und gegebenenfalls mit anderen Gemeinden einen überkommunalen Entsorgungsverbund aufzubauen.
Die Kölner FDP stellt einen Entwurf für einen >Ehrenkodex und Ehrenausschuss< vor, ein Kontrollgremium, das mit sieben Personen besetzt sein soll: je einem Vertreter der vier Ratsfraktionen und drei sachkundigen Bürgern. Dieser Idee, die auf den früheren Oberbürgermeister Harry Blum zurückgeht, will sich in etwa auch die Kölner CDU anschließen. Oberbürgermeister Fritz Schramma möchte jedoch nach Angaben des Kölner Stadt-Anzeiger, dass jedes Ratsmitglied gegenüber dem Oberbürgermeister eine >Ehrenerklärung< abgibt, in der Auskunft über Vermögen und Funktionen in Unternehmen zu erteilen sei sei.
7. April 2002: Nach Berichten der Bild am Sonntag steht die Suspendierung des Wuppertaler Oberbürgermeisters Hans Kremendahl (SPD) kurz bevor, der für die Einleitung von Ermittlungen nötige Bericht der Wuppertaler Staatsanwaltschaft werde in Kürze erwartet.
8. April 2002: Nach Spiegel-Informationen ermittelt die Kölner Staatsanwaltschaft gegen 40 SPD-Mitglieder mit dem Verdacht auf Untreue, Steuerhinterziehung und Beihilfe zum Betrug. Die Präsidien des Bundestages und des NRW-Landtages seien bereits am 4. April über die anstehenden Ermittlungen informiert worden. Die Staatsanwaltschaft lege bei den Ermittlungen die Liste des Ex-Schatzmeisters der Kölner SPD, Manfred Biciste, über die Empfänger gefälschter Spendenquittungen zugrunde. Einige der Empfänger haben bereits Selbstanzeige erstattet, über 30 Namen sind mittlerweile bekannt, u.a. der nun in Blankenheim tätige Richter und ehemalige Franktionsvize Michael Allmer, der in einem Interview mit dem Kölner Stadt-Anzeiger bekannt gibt, von allen Ämtern zurücktreten zu wollen.
Nach Auskunft der taz wird der Fraktionsvorsitzende der Bonner CDU, Reiner Schreiber, heute Abend seinen Rücktritt erklären. Schreiber wird vorgeworfen, als Chef der Bonner Stadtwerke in Zusammenhang mit der Auftragsvergabe zur Modernisierung eines Heizkraftwerks Schmiergelder des Technologiekonzerns ABB angenommen zu haben.
8. April 2002: Der Vorsitzende der CDU-Ratsfraktion in Bonn, Reiner Schreiber, wird nach seinem im Rat angekündigten Rücktritt noch im Rathaus festgenommen unter dem Vorwurf von Bestechlichkeit in einem besonders schweren Fall. Der Haftbefehl stammt vom 5. April. Grund seiner Festnahme: Ein in Zürich entdecktes Schwarzgeld-Konto über 1,5 Millionen Euro wird Schreiber zugeordnet. Es besteht die Vermutung, dass Schreiber in seiner Zeit als Stadtdirektor und Stadtwerkechef vom Mannheimer ABB-Konzern für die Erteilung des Auftrags zur Renovierung des Bonner Heizkraftwerks geschmiert wurde auch über Beraterverträge mit drei Firmen, die in Zusammenhang mit Bau und geplanter Privatisierung der Bonner Müllverbrennungsanlage stehen, Schmiergelder erhielt. Es handelt sich um die Firmen von Roll (Erbauer der MVA), BDO (Gutachten für die Bonner Stadtwerke, auch zur Privatisierung der MVA) und Turicon (Abwicklung des Baus der MVA).
Auch der Wuppertaler Oberbürgermeister Hans Kremendahl (SPD) gibt erstmals zu, die Annahme der Spende des Bauunternehmers Uwe Clees über 500.000 DM für den Kommunalwahlkampf 1999 sei ein Fehler gewesen. Dies sei aber eine Entscheidung der Partei gewesen, Kremendahl will deshalb im Amt bleiben.
9. April 2002: In der gestrigen Hauptausschuss-Sitzung debattierten die Kölner Kommunalpolitiker über den Stand der Korruptionsermittlungen und darüber, ob und wann es möglich ist, die Verträge mit dem Entsorgungsunternehmen Trienekens zu kündigen. Die Kündigung ist, laut Stadtkämmerer Soénius, über einen Weisungsbeschluss an den Stadtwerkekonzern, dem aktuellen Vertragspartner Trienekens, möglich. Das Unternehmen müsste dann ausgezahlt werden. CDU-Fraktionschef Rolf Bietmann lässt anklingen, seine Partei bevorzuge einen Verkauf der Anteile an einen neuen Partner. Die offizielle Begründung: der RWE-Konzern könnte seinen Anteil an der Trienekens AG von derzeit 50% bald erhöhen und damit eine zu starke Monopolstellung in Köln erlangen. Vor wenigen Monaten noch hatte sich Bietmann vehement für eine Beteiligung der RWE im Strom- und Wassergeschäft eingesetzt.
Die Kölner Staatsanwaltschaft beantragt die Aufhebung der Immunität der SPD-Landtagsabgeordneten Annelie Kever-Henseler und Marc Jan Eumann, sowie des SPD-Bundestagsabgeordneten Konrad Gilges. Wird innerhalb von 48 Stunden bei den zuständigen Parlamentspräsidenten kein Widerspruch eingelegt, können Ermittlungen eingeleitet werden. Auch eine Vernehmung des ehemaligen Kölner Oberstadtdirektors Klaus Heugel (SPD) als Beschuldigter im Spendenskandal wird immer wahrscheinlicher.
Die CDU-Landtagsfraktion ist für die vollständige Privatisierung der Abfallentsorgung und -verwertung. Dies sei die logische Konsequenz aus der Kölner Korruptionsaffäre, sagte Fraktionschef Jürgen Rüttgers bei der Vorstellung seines Gesetzesentwurfs. Die Kommunen sollen das Einsammeln des Mülls nur noch beaufsichtigen und Lizenzen für fünf bis zehn Jahre ausschreiben. Eine Regulierungsbehörde soll den Verkauf der Anlagen an Privatunternehmen übernehmen. Ministerpräsident Wolfgang Clement (SPD): >Privatisierung ist keine Antwort auf das, was in Köln und Bonn geschah. Eher ist das Gegenteil der Fall.<
10. April 2002: Die SPD-Ratsfraktion befasst sich in einer Sitzung mit den Folgen des Spendenskandals, Personalentscheidungen sollen erst nach dem Vorliegen des Berichts der Schmude-Kommission getroffen werden. Der stellvertretende Fraktionsvorsitzende, Heinz Lüttgen, schließt aus – wie zuvor schon Geschäftsführerin Marlis Herterich –, den Vorsitz zu übernehmen. Der jetzige Schatzmeister der Kölner SPD, Martin Börschel, der nun die besten Aussichten auf den Posten hat, erklärt, seine Lebensplanung sehe anders aus.
11. April 2002: In der FAZ wehrt sich der SPD-Bundestagsabgeordnete Konrad Gilges, der auch auf der Biciste-Liste steht, gegen den Vorwurf, er habe irreguläre Spendenquittungen erhalten. Wörtlich heißt es: >Der Horstmann ist ein Schwätzer.< Am Vortag hatte der Kölner Stadt-Anzeiger den Schatzmeister des SPD-Landesbezirks, Axel Horstmann, zitiert, der sowohl auf den ehemaligen Parteichef Kurt Uhlenbruch wie auf Konrad Gilges ein SPD-Schiedsverfahren zukommen sieht. Gilges erhebt einen schweren Gegenvorwurf: es sei möglich, dass sich Biciste, Rüther und eine Kassiererin >persönlich bereichert hätten< und dies durch falsche Angaben auf der Liste verdecken wollten. Er habe alle quittierten Beträge tatsächlich überwiesen.
Der Ex-Fraktionschef der Kölner SPD, Nobert Rüther, wird bei seinem heutigen Auftritt vor dem Spendenuntersuchungsausschuss des Bundestages jede Aussage verweigern. Manfred Biciste hat angekündigt, auf Fragen zu den Spendenquittungsempängern nur in nicht öffentlicher Sitzung zu antworten. Eingeladen ist auch der Wirtschaftsprüfer, der die Finanzen der Kölner SPD prüfte, nachdem der Skandal öffentlich geworden war. Eventuell werden auf Wunsch der CDU Sondersitzungen des Ausschusses anberaumt, um neu benannte Zeugen hören zu können. Allein heute soll über 50 neue Beweisanträge bezüglich der SPD-Affären in Köln und Wuppertal befunden werden.
12. April 2002: Franz Müntefering wehrt sich gegen die Vorwürfe, den Spendenuntersuchungsausschuss des Bundestages belogen zu haben. Zwischen dem SPD-Generalsekretär und der Schatzmeisterin Wettig-Danielmeier sei eine >Arbeitsteilung< vereinbart gewesen, wonach er nur über belastbare Informationen, nicht aber über >Zwischenstände< unterrichtet werden sollte, äußert sich Müntefering der FAZ gegenüber. Müntefering spricht konsequent nur von der Biciste-Liste mit 42 Spendenempfängern, die Menger-Liste, in der 41 davon entschlüsselt sind, erwähnt er nicht.
In Wuppertal sind neue Vorwürfe gegen den Oberbürgermeister Kremendahl (SPD) erhoben worden. Der Dresdener Oberbürgermeister Ingolf Roßberg (FDP), zuvor Baudezernent in Wuppertal, präsentiert eine Weisung Kremendahls, wonach dem Bauunternehmer Clees 80.000 DM zu erlassen seien. Kremendahl sagt dazu, dieser Nachlass sei vom Verwaltungsvorstand der Stadt beschlossen worden.
Die Firma Trienekens steht nun zusätzlich zum Schmiergeldskandal auch unter Betrugsverdacht: der Betrug soll in der Falschdeklarierung von Verpackungsmüll bestanden haben, vermeldet der Kölner Stadt-Anzeiger. >Minderwertiger< Müll aus dem Ausland ist nach diesen Vermutungen (eventuell sogar gegen Bezahlung) in großem Stil dem deutschen Grüner-Punkt-Müll beigemischt worden, für die erhöhte Müllmenge habe man dann bei dem Dualen System abkassiert. Die Konzernzentrale in Viersen wurde am Mittwoch durchsucht.
Nach den Vorstellungen von CDU-Fraktionschef Rolf Bietmann soll ein städtisches Unternehmen die Mehrheit der Anteile am Kölner Tochterunternehmen der Trienekens AG übernehmen. Damit soll eine drohende Monopolstellung des RWE-Konzerns in Köln durch die Übernahme der Aktienmehrheit an der Trienekens AG verhindert werden. RWE ist bereits Partner der Stadt im Strom- und im Wassermarkt. Die GEW Rheinenergie AG, eine Tochter der Stadtwerke, soll bei Trienekens Köln einsteigen. Das lukrative Entsorgungsgeschäft rechtfertige die hohen Kosten von 50 Millionen Euro und mehr.
Der Schatzmeister der Kölner SPD, Martin Börschel, bestätigte inzwischen einen Bericht der Rheinischen Post, wonach in den 1990er Jahren ca. eine halbe Million Mark an Einnahmen nicht ordnungsgemäß in den Rechenschaftsberichten verbucht worden sei.
14. April 2002: Die zweitägige Strategiekonferenz der NRW-SPD in Gelsenkirchen, in der Inhalte des Bundestagswahlkampf beschlossen werden sollten, wird vom Spendenskandal überschattet. Bundeskanzler Gerhard Schröder bezeichnet die Kölner Affäre als >lokales Ereignis<, das schnell aufgeklärt werde.
Nach Angaben von Manfred Biciste soll sich seine Liste in fünf Fällen von derjenigen des Wirtschaftsprüfers Menger unterscheiden.
Franz Müntefering wusste bei seinem Auftritt vor dem Spendenuntersuchungsausschuss zwar von der Existenz der Menger-Liste, kannte aber deren Inhalt nicht. Die Liste sei als >nicht belastbar< eingestuft und von Daniel-Wettigmeier an die Schmude-Kommission zur Aufklärung des Kölner Spendenskandals sowie die Innenrevision weitergeleitet worden. Dies stellen Müntefering und die SPD-Schatzmeisterin Wettig-Danielmeier in einer gemeinsamen Erklärung heraus.
Die Trienekens AG dementiert Berichte, wonach das Entsorgungsunternehmen zum Schaden des Dualen Systems mit Verpackungsmüll manipuliert haben soll, und möchte einer öffentlichen Vorverurteilung entgegentreten. Zwar ermittele die Staatsanwaltschaft seit beinahe zwei Jahren, sei aber bisher offenbar nicht fündig geworden. Der Kölner Stadt-Anzeiger hatte am 12. April über die Ermittlungen der Staatsanwaltschaft berichtet.
15. April 2002: Der NRW-Landesvorstand der SPD verhängt auf der Grundlage der Ergebnisse der so genannten Schmude-Kommission zur Untersuchung der Spendenaffaire gegen 13 zum Teil äußerst prominente Kölner SPD-Politiker Parteiordnungsverfahren. Der Parteichef der NRW-SPD, Harald Schartau, nennt am Abend die Namen: Michael Allmer, Christa Becker, Norbert Burger, Renate Canisius, Jörg-Michael Gleitze, Erich Henke, Rainer Hammelrath, Toni Klefisch, Bettina Lob-Preis, Heinz Lüttgen, Karl-Heinz Schmalzgrüber, Anni Schulz-Krause und Kurt Uhlenbruch. Am 4. Mai sollen Entscheidungen bezüglich der übrigen Quittungsempfänger getroffen werden, erst in fünf Fällen seien die Betroffenen entlastet worden. Bislang waren drei GenossInnen vor die parteiinterne Schiedsinstanz beordert worden: Jan Marc Eumann, Annelie Kever-Henseler und Werner Jung.
Die CDU (durch Generalsekretär Laurenz Meyer) und die FDP (NRW-Vorsitzender Jürgen Möllemann) fordern den Rücktritt Franz Münteferings wegen Falschaussage vor dem Spendenausschuss. Gerhard Schröder hält das für eine >bewusst geplante Rufschädigung<. Wie die FAZ berichtet, seien sowohl Müntefering wie Schatzmeisterin Inge Wettig Danielmeier zu einer Gegenüberstellung vor dem Spendenuntersuchungsausschuss des Bundestages bereit, wie es die Opposition gefordert hat.
16. April 2002: Die SPD-Ratsmitglieder Bettina Lob-Preis und Michael Allmer, gegen die neben anderen ein Parteiordnungsverfahren eingeleitet werden sollte, treten aus der SPD aus. Sie haben noch fingierte Spendenquittungen angenommen, als durch den Kohl-Skandal die Unrechtmäßigkeit dieser Praxis selbst den gedankenverlorensten Leuten klar sein musste.
Der Bundestag beschließt ein neues Parteispendengesetz: ab dem 1. Juli 2002 können Verstöße strafrechtlich verfolgt und mit Haftstrafen bis zu drei Jahren geahndet werden; Barspenden dürfen nicht mehr über 1.000 Euro liegen, ab 10.000 Euro sind Name und Adresse des Spenders anzugeben; bei Großspenden ab 50.000 Euro ist der Bundestagspräsident zu informieren, der sie zu veröffentlichen hat. Die übrigen Teile des neuen Parteispendengesetzes bedürfen noch der Zustimmung des Bundesrats.
17. April 2002: Wie der Kölner Stadt-Anzeiger berichtet, sollen alle Mitglieder des Vorstands der Kölner SPD-Ratsfraktion in den Spendenskandal verwickelt sein. Auch die Vorstandsmitglieder Dörte Gerstenberg, Alice Gneipelt und Josef Jansen werden demnach von der Schmude-Kommission befragt.
18. April 2002: Der stellvertretende Fraktionsvorsitzende der Kölner SPD, Heinz Lüttgen, der seit dem Rücktritt des Fraktionsvorsitzenden Rüther die Fraktion kommissarisch leitete, lässt nach der Ankündigung eines Parteiordnungsverfahrens gegen ihn sein Mandat ruhen.
Inge Wettig-Danielmeier, Schatzmeisterin der SPD, hat dem Spendenuntersuchungsausschuss des Bundestages eine Kopie der von Wirtschaftsprüfer Menger erstellten Spenderliste überreicht, auf der jedoch 17 der 41 Namen geschwärzt sind.
Der Kölner Bundestagsabgeordnete der SPD, Konrad Gilges, sagt im Untersuchungsausschuss aus, er sei nicht in den Skandal verwickelt. Der Anwalt von Biciste, Reinhard Birkenstock, habe ihn zur Selbstanzeige genötigt, die er aber bald zurückgezogen habe. Was er getan hätte, wäre jemand auf die Idee gekommen, ihm falsche Spendenquittungen unterzuschieben: >Denjenigen hätte ich in den Arsch getreten.<
19. April 2002: Nachdem der Kölner OB Fritz Schramma seinem in die Spendenaffäre verwickelten Amtsvorgänger Norbert Burger nahegelegt hatte, die Ehrenbürgerrechte ruhen zu lassen, greift Burger Schramma in einem dem Kölner Stadt-Anzeiger vorliegenden Brief an. Aus der SPD-internen Untersuchung habe Schramma sich herauszuhalten, eine Diskussion um die Aberkennung der Ehrenbürgerrechte sei erst nach Abschluss der Untersuchungen durch eine Mehrheit des Stadtrates möglich.
23. April 2002: Auf einer Pressekonferenz kündigen die Oppositionsparteien im Wuppertaler Stadtrat (CDU, FDP, Grüne und Die Grauen; mit Ausnahme der PDS) an, aufgrund der Korruptionsvorwürfe einen Abwahlantrag gegen den amtierenden OB Hans Kremendahl (SPD) zu unterstützen. Verfahrenstechnisch handelt es sich dabei um einen vom Rat mit Zweidrittelmehrheit zu beschließenden Bürgerentscheid, für den aber noch fünf weitere Stimmen von der PDS bzw. SPD gebraucht werden. Die CDU – traditionell nicht eben ein Freund von Bürgerentscheiden – propagiert die reinigende Kraft eines solchen Bürgervotums.
24. April 2002: Der ehemalige und zur Zeit in Untersuchungshaft sitzende Geschäftsführer der AVG, Ulrich Eisermann, denkt entgegen anderen Berichten nicht daran, eine Aussage zu machen. Dies teilte sein Anwalt dem Kölner Stadt-Anzeiger mit.
Werner Jung, Kölner SPD-Bundestagskandidat, will seinen Wahlkampf wieder aufnehmen. Er hatte ihn bisher, wie seine Parteiämter auch, ruhen lassen, da gegen ihn ein Parteiordnungsverfahren anhängig ist. Die neben zwei eingestandenen Belegen fragliche dritte Quittung, welche er erhalten haben soll, sei nie angekommen. Dazu passt die Aussage Bicistes, die Spendenstückelung Ende 1999 eingestellt, aber weiterhin Spender verbucht zu haben.
Nach seiner Aussage vor dem Spendenuntersuchungsausschuss hat der Ex-Regierungspräsident von Köln, Franz Josef Antwerpes, >nie was erfahren von irgendwelchen Geldern, die da geflossen sind<. Explizit bestreitet Antwerpes, von Steinmüller- oder Trienekens-Zahlungen gewusst zu haben. Er habe allerdings (s. Chronik: 22. Juli 1992) den damaligen Oberstadtdirektor Lothar Ruschmeier gebeten, die Firma Steinmüller zu berücksichtigen: jedoch nur, weil es sich um eine Firma aus der Kölner Region gehandelt habe. Der grüne Abgeordnete im Ausschuss, Hans-Christian Ströbele, äußert dagegen die Vermutung, im Gegenzug könnte das unter Aufsicht des Regierungspräsidenten durchgeführte ökologische Prüfverfahren >etwas großzügig< gehandhabt worden sein.
Der Parteichef der Kölner CDU, Richard Blömer, wirft der SPD eine unzureichende Aufklärung der Spendenaffäre vor. Die Landtagsabgeordneten Annelie Kever-Henseler und Marc Jan Eumann etwa seien bei den Plenarsitzungen anwesend, obwohl ihre Mandate eigentlich ruhen sollten. Es handele sich zudem um ein ganzes Netzwerk von Beziehungen, das erst noch zu durchleuchten sei. Auch der Stadtsparkassenchef Gustav Adolf Schröder sei darin verwickelt, ebenso habe man Schulleiter-Posten nach parteiinternen Präferenzen vergeben.
25. April 2002: Nach Angaben von Inge Wettig-Danielmeier vor dem Parteispenden-Untersuchungsausschuss gibt es weiterhin Unklarheiten im Kölner Spendenskandal: so ist vor allem nicht klar, wo der Differenzbetrag von ca. 153.000 Euro zwischen den abweichenden Angaben über Spendenannahmen geblieben ist. Norbert Rüther hatte mit mit 424.000 Euro einen höheren Betrag angegeben als Manfred Biciste.
Nach dem bekannt gewordenen Revisions-Bericht der Bundes-SPD bezüglich der Wuppertaler Spendenaffäre, in dem eine größere Anzahl von Verantwortlichen genannt wird, hält die Staatsanwaltschaft Wuppertal eine Ausweitung des Ermittlungsverfahrens für möglich. Bisher wird gegen den OB Hans Kremendahl (SPD), den Bauunternehmer Uwe Clees sowie den SPD-Unterbezirk-Geschäftsführer Jörg Biesterfeld ermittelt.
26. April 2002: Die Trienekens AG plant nach Informationen der Süddeutschen Zeitung, den Ausstieg aus der Beteiligung an den Kölner Abfallwirtschaftsbetrieben (AWB). Ziel sei, dem Bundeskartellamt dadurch die bisher versagte Genehmigung für die Expansion in den Städten Essen und Düsseldorf abzuringen. Die Aufsichtsbehörde hatte Trienekens grundsätzlich weitere Ankäufe im Entsorgungsgeschäft untersagt. Die enge Verbindung mit dem RWE-Konzern und dessen gute Beziehungen zur Politik hätten zu einem >regen Personalaustausch< geführt und RWE/Trienekens >bei der Auftragsvergabe bevorzugte Positionen verschafft<. Das Blatt sieht einen Zusammenhang zwischen dem Vorstoß von Trienekens und dem neulichen Vorschlag des Kölner CDU-Fraktionschefs Rolf Bietmann, der als Anwalt des öfteren im Auftrag von Trienekens tätig war: danach soll die Stadt über eine kommunale Gesellschaft die AWB-Anteile zurückkaufen.Außerdem schlug Bietmann vor mit Bonn und anderen Städten einen Abfallverbund zu bilden. Als mögliches öffentliches Unternehmen ist in beiden Fällen die GEW Rheinenergie AG im Gespräch - an der ist auch RWE beteiligt. Durch diesen >taktischen Schachzug<, so die SZ, würden die Anteile lediglich >geparkt<, und Trienekens/RWE bliebe >mittelfristig eine Option auf den Markt in der Domstadt erhalten<.
30. April 2002: Streit um ein Plakat der Kölner Grünen: darauf sind neben dem Stichwort >Schäl< unter dem Slogan >Wem gehört die Stadt?< folgende Personen abgebildet: Ex-SPD-Fraktionsvorsitzender Norbert Rüther, Ex-Oberstadtdirektor Klaus Heugel, Ex-Regierungspräsident Franz-Josef Antwerpes, Ex-Oberstadtdirektor Lothar Ruschmeier, der Kölner CDU-Fraktionsvorsitzende Rolf Bietmann sowie Hans Imhoff, Alfred von Oppenheim und Alfred Neven DuMont. Besonders Von Oppenheim und DuMont fühlen sich neuerdings unwohl in der Gesellschaft Rüthers und Heugels und kritisieren dies in Briefen an Politiker der Grünen. Die Stadtverwaltung hat aber ohnehin die Abhängung der Plakate veranlasst.
4. Mai 2002: Der Vorstand der NRW-SPD erklärt in Dortmund auf der Grundlage des Berichts der Schmude-Kommission, dass gegen 14 weitere Kölner Parteimitglieder parteiinterne Ordnungsverfahren eingeleitet werden. Betroffen sind in alphabetischer Reihenfolge: Doris Biciste, Klaus Burghard, Anita Cromme, Renate Dinkelbach, Annemarie Frage-Münch, Dörthe Gerstenberg, Alice Gneipelt, Josef Jansen, Toni Klefisch, Ralf Meyer, Jürgen Noppel, Karl-Heinz Pütz, Isolde Schmidt-Rüther sowie Kurt Trinkaus. Die Landes-SPD hatte jetzt über 27 der illegalen Spendenpraxis verdächtigte Parteimitglieder zu befinden. Insgesamt hat die Feststellungskommission unter Ex-Justizminister Schmude damit 50 Genossen und Genossinnen überprüft, die auf mindestens einer der beiden Listen von Biciste bzw. Menger standen.
Gegen den Bundestagsabgeordneten Konrad Gilges wurde vorerst kein Verfahren eingeleitet, aber er muss nun nachweisen, eine quittierte Spende tatsächlich geleistet zu haben. Der ehemalige Mitarbeiter von Klaus Heugel, Detlef Krupp, hat bis zum 10. Mai entlastendes Material vorzulegen, andernfalls wird auch gegen ihn ein Ordnungsverfahren eingeleitet.
Einem drohenden Verfahren entzogen haben sich zwei prominente Kölner SPD-Mitglieder: der Chef der Kölner Stadtsparkasse, Gustav-Adolf Schröder, und der ehemalige Stadtkämmerer, Jörg-Michael Gleitze.
Die Rückzahlungssumme der Kölner SPD an den Bund wird vom Landesvorstand auf 800.000 Euro beziffert. Unklar ist nach Angaben des sozialdemokratischen NRW-Chefs Harald Schartau weiterhin der Verbleib von 300.000 Euro. Er schließt nicht mehr aus, dass Norbert Rüther einen Teil des Geldes für dich selbst genutzt habe.
SPD-Generalsekretär Franz Müntefering hält den Spendenskandal nach neunwöchiger Arbeit damit für >aufgeklärt<. In insgesamt 27 Fällen haben nun drei Schiedskommissionen zu entscheiden, die bis Juli ihre Tätigkeit beendet haben wollen.
6. Mai: Der Düsseldorfer Notar Norbert Bünten (SPD) ist am Wochenende von der Leitung der Schiedskommission II, einer von drei SPD-Schiedsgerichten im Kölner Spendenskandal, zurückgetreten. Über die Gründe schweigt Bünten, sein Rücktrittsschreiben wird vom Landesvorstand unter Verschluss gehalten. Angeklagte im Schiedsverfahren, wie der Kölner Bundestagskandidat Werner Jung, mutmaßen, der Rücktritt sei wegen versuchter Einflussnahme des Landesvorstands erfolgt. Als Nachfolger Bünten ist der Aachener Stadtkämmerer Joachim Witt vorgesehen.
7. Mai 2002: Der Bonner CDU-Politiker Reiner Schreiber hat die Annahme von Schmiergeldern gestanden. Schreiber, bis vor kurzem noch Vorsitzender der Bonner CDU-Ratsfraktion, hatte 1,45 Millionen Mark dafür erhalten, dass er in seiner Amtszeit als Stadtwerke-Chef den Anlagenbauer ABB bei der Auftragsvergabe für die Modernisierung zweier Heizkraftwerke begünstigt hatte (s.a. 8. April 2002).
8. Mai 2002: Die Kölner SPD-Fraktion ist zerstritten: die Geschäftsführerin Marlies Herterich fühlt sich weder von der alten, noch von der allgemein favorisierten neuen Führung unter Martin Börschel getragen und will keine Erklärungen mehr abgeben. Börschel möchte den Schwebezustand beenden, der entstanden ist, weil der stellvertretende Fraktionsvorsitzende Heinz Lüttgen sein Amt zu Zeit ruhen lässt. Heinz Lüttgen soll ein Ultimatum gestellt worden sein, sein Amt wieder aufzunehmen oder niederzulegen.
10. Mai 2002: Nach dem Rücktritt des Vorsitzenden der SPD-Schiedskommission II, Norbert Bünten, sollte Joachim Witt, Aachener Stadtkämmerer, das Amt übernehmen. Es wird berichtet, dass der SPD-Landesvorstand möglicherweise Druck auf die Schiedskommission, die über viele prominente SPD-Mitglieder zu entscheiden hat, ausgeübt haben soll. Nun hat auch Witt das Amt abgelehnt, wegen >Arbeitsüberlastung<. Letzter möglicher Nachfolger Büntens ist der Sozialdemokrat Erhard Pierlings, Bürgermeister in Meinerzhagen.
13. Mai 2002: Die Vernehmungsprotokolle von Norbert Rüthers Aussage vor der Kölner Staatsanwaltschaft sind angeblich dem Kölner Stadt-Anzeiger zugespielt worden. Demnach hat Rüther eingestanden, in seiner siebenjährigen Amtszeit als SPD-Fraktionsgeschäftsführer 30 bis 35 >Danke-schön-Spenden< angenommen zu haben – jeweils nachdem ein städtischer Auftrag erteilt worden war. Das Spendensystem will er von Klaus Heugel, dem ehemaligen Vorsitzenden, sowie von Toni Klefisch, dem ehemaligen Geschäftsführer der Kölner SPD-Fraktion, übernommen haben. Die Danke-schön-Gelder sollen – illegal verbucht – zum Teil an den Schatzmeister geflossen sein, aber auch auf das von Rüther eröffnete und betreute Wahlkampfkonto Heugels.
Schwarze Konten (bspw. die illegale Fraktionskasse über ca. 350.000 Euro in der Hand des Fraktionsvorsitzenden) habe es seit den 1970er Jahren gegeben, gegründet mit Wahlkampf-Abgaben der Ratsleute. Das sei einem Drittel der Fraktion auch ungefähr bekannt gewesen. Rüther belastet mit seiner Aussage weitere SPD-Mitglieder. Der jetzigen Geschäftsführerin Marlies Herterich hat Rüther nach eigenen Angaben bei ihrem Amtsantritt von einem Schwarzgeldkonto berichtet. Heinz Lüttgen habe nach dem OB-Wahlkampf im Jahre 2000 sogar 6.000 Euro Kostenerstattung aus dieser Kasse erbeten und erhalten. Beide Politiker bestreiten dies.
Die komplette Trienekens-Übernahme durch RWE ist nach Angaben des Spiegel beschlossene Sache. Es wird erwartet, dass der Aufsichtsrat von Trienekens dem Verkauf von 50,1 Prozent an den Partner RWE am 15.5. zustimmt. Der Kaufpreis beträgt nach Spiegel-Angaben 450 Mio. Euro.
Es wird bekannt, dass der Kölner stellvertretende SPD-Fraktionsvorsitzende Heinz Lüttgen am Vorabend sein Mandat niedergelegt hat. Er hatte fingierte Quittungen über 25.000 DM angenommen. Lüttgen bestreitet aber, die 6000 Euro aus der schwarzen Kasse Rüthers erhalten zu haben, wie dieser behauptet.
Am 22. Mai soll ein neuer Fraktionsvorstand der Kölner SPD gewählt werden: kandidieren werden nach eigener Aussage Martin Börschel für den Vorsitz sowie Axel Kaske für einen der Stellvertreterposten. Weiterhin im Stellvertreter-Amt bleibt voraussichtlich Dörte Gerstenberg, neu hinzukommen könnte Ulrike Loida.
15. Mai 2002: Für die Aussage von Norbert Rüther, in der seit Mitte der 70er Jahre geführten schwarzen Kasse hätten sich bis zu 700.000 DM befunden, ist nicht nachprüfbar: Belege gibt es lediglich über 285.000 DM. Seit 1998 ist laut den ausgehändigten Unterlagen keine Kontobewegung mehr festzustellen. Die Berliner SPD-Führung (bes. Schatzmeisterin Wettig-Danielmeier) erhebt unterdessen den Vorwurf der Unglaubwürdigkeit gegen Norbert Rüther.
Die durch die Rücktritte der SPD-Fraktionsmitglieder freigewordenen Aufsichtsratsposten sollen laut CDU-Fraktionschef Rolf Bietmann der SPD vorbehalten bleiben.
Im Kölner Stadt-Anzeiger-Interview bezeichnet der ehemalige RP Franz-Josef Antwerpes die MVA als >Entscheidung der damaligen stillen großen Koalition<. Die Fraktionsspitzen von SPD und CDU hätten die Entscheidungen gemeinsam getroffen, vor allem der Ex-Oberstadtdirektor Ruschmeier wisse mehr über den genaueren Hergang, auch wenn er dazu schweige. Weiterhin warnt Antwerpes davor, RWE durch zu starke Rückkäufe von Müllwirtschafts-Anteilen durch die Stadt zu verstimmen, da man bei der Stromversorgung völlig von RWE abhängig sei.
Die Staatsanwaltschaft durchsucht das Privathaus von Ex-OB Norbert Burger. Hintergrund sollen mehrere Anzeigen wegen Beihilfe zur Steuerhinterziehung sein, die allerdings nicht im Zusammenhang mit der Kölner Spendenaffäre zu stehen scheinen
Erhard Pierlings, Bürgermeister von Meinerzhagen, erklärt sich bereit, den vakanten Vorsitz der Schiedskommission II zu übernehmen: erst jetzt können die brisantesten Parteiverfahren – besonders das des Bundestagskandidaten Werner Jung – wieder aufgenommen werden.
16. Mai 2002: Vor dem Sonderparteitag der Kölner SPD am 22. Mai muss über den Umgang mit denjenigen Mitgliedern, gegen die ein Parteiverfahren anhängig ist, entschieden werden. Dabei deutet sich eine allmähliche Lösung von den strikten Vorgaben des Landesverbandes an: Entgegen früherer Berichte soll Werner Jung, dessen Parteirechte zur Zeit ruhen, nun doch am Parteitag teilnehmen. Ebenso wird Anita Cromme, gegen die ebenfalls ein Parteiverfahren läuft, für den zurückgetretenen Fraktionsvize Heinz Lüttgen nachrücken.
Der ehemalige AVG-Manager Eisermann hat nach Angaben des Kölner Stadt-Anzeigers mit einer umfassenden Aussage vor der Kölner Staatsanwaltschaft sein langes Schweigen gebrochen. Eine Nachrichtensperre verhindert allerdings bislang, dass Einzelheiten über den Verbleib der 14,5 Millionen Euro Schmiergeld an die Öffentlichkeit geraten.
22. Mai 2002: Die Ratsfraktion der Kölner SPD wählt mit 22 (von 27) Stimmen Martin Börschel zum neuen Fraktionsvorsitzenden der Partei. Von nun an sollen dem Fraktionsvorstand einmal im Quartal Listen mit allen Spenden vorgelegt werden. Auch wird überlegt, künftig keine Barspenden über mehr als 500 Euro mehr anzunehmen.
Die Schatzmeisterin der Bundes-SPD, Wettig-Danielmeier, teilt mit, dass der Bundestagspräsident beabsichtige, Sanktionen gegen die Kölner und die Wuppertaler SPD zu verhängen. Diese können bei Verstoß gegen das Parteispendengesetz bis zur doppelten fraglichen Summe reichen.
23. Mai 2002: In geheimen Verhandlungen wird der Verkauf des von Trienekens an den AWB Köln gehaltenen Anteils (49,9 Prozent) an die Kreissparkasse Köln besiegelt. Diese will nur als Zwischenkäufer auftreten und den Anteil dann an die Stadt Köln weiterveräußern, wenn die dortigen Entscheidungsprozesse so weit sind. Die Eile ist nötig, da am 24. Mai die Bewerbungsfrist für das Essener Müllgeschäft abläuft, an dem Trienekens/RWE großes Interesse hat. Zuvor musste aber der vom Kartellamt geforderte Verkauf der AWB-Anteile abgeschlossen sein. Der Chef der Kölner Kreissparkasse, Hans-Peter Krämer, ist nicht nur CDU-Mitglied, sondern zugleich Aufsichtsratsmitglied bei Trienekens und der RWE Umwelt AG.
Die Entsorgungsfirma Rethmann, Mitbieter bei dem Verkauf der AWB-Anteile vor zwei Jahren, hat sich unterdessen mit dem Vorwurf an die Europäische Kommission gewandt, die Stadt Köln habe gegen europäisches Beihilferecht verstoßen. Wenn dem stattgegeben und der damalige Verkauf rückgängig gemacht wird, genügt der jetzt von Trienekens veräußerte Anteil nicht mehr, um die kartellrechtlichen Voraussetzungen für eine Expansion nach Essen zu erfüllen.
24. Mai 2002: Es wird bekannt, dass eine Sperrminorität (25,1 Prozent) an der Kölner Trienekens-Niederlassung an die neu gegründete GEW RheinEnergie AG verkauft werden soll. Die RWE Umwelt AG, wahrscheinlicher Gesamtaufkäufer von Trienekens, soll dem Teilverkauf laut Bietmann bereits zugestimmt haben. Immerhin ist RWE auch an der RheinEnergie mit 20 Prozent beteiligt.
25. Mai 2002: Die Kaufsumme, die die Kreissparkasse für die AWB-Anteile zahlen musste, bleibt weiterhin unbekannt, liegt aber wohl deutlich niedriger als die 30 Millionen Euro, die Trienekens vor zwei Jahren zahlte. Eine Sprecherin des Unternehmens bestätigte der Kölnischen Rundschau, dass man >in gewisser Weise< an dem Geschäft verdienen wird.
Der neue Fraktionsvorsitzende der Kölner SPD, Martin Börschel, erwartet, dass viele der parteiinernen Verfahren gegen SPD-Mitglieder wegen illegaler Spendenannahmen erst nach der Wahl im September entschieden werden.
30. Mai 2002: Der Bundestagspräsident Wolfgang Thierse legt die von der Kölner SPD für die illegale Spendenstückelung zu zahlende Strafsumme auf 492.997,85 Euro fest, das Doppelte desjenigen Betrags, den der Kölner Unterbezirk zwischen 1994 und 1999 angenommen, aber nicht in den Rechenschaftsberichten veröffentlicht hatte. Thierse erwähnt ausdrücklich, dass mit weiteren Sanktionen in Köln und Wuppertal zu rechnen ist, wenn in den noch andauernden Aufklärungsbemühungen weitere Verstöße nachgewiesen werden.
31. Mai 2002: Der neue Fraktionsvorsitzende der Kölner SPD, Martin Börschel, will die Hauptbeteiligten im Kölner Spendenskandal, Norbert Rüther und Manfred Biciste, verklagen. Sie sollen für den >von ihnen verursachten Schaden< aufkommen. Es wird noch überlegt, ob auch die Beleg-Empfänger für die Annahme der Quittungen zu einer Entschädigungszahlung gezwungen werden.
Nach mündlichen Verhandlungen war dem SPD-Mitglied Werner Jung wegen grober Fahrlässigkeit in Zusammenhang mit der illegalen Spendenpraxis vom parteiinternen Schiedsgericht für zwei Jahre das passive Wahlrecht entzogen worden. Daraufhin verzichtet dieser auf seine Bundestagskandidatur und kündigt seinen Rückzug aus der SPD an.
3. Juni 2002: Der Konzern Babcock Borsig, zu dem auch der Anlagenbauer Steinmüller gehört, gerät im Zusammenhang mit dem Bau der Kölner MVA noch tiefer in die roten Zahlen. Laut Angaben des Spiegel sollen durch ein von der Justiz ausgesprochenes Arrestbegehren bis zu 150 Millionen Euro Firmenvermögen eingefroren und dann eingezogen werden. Bisher waren nur 25 Millionen Euro eingefroren.
4. Juni 2002: Der Bundesverband Sekundärrohstoffe und Entsorgung (bvse) erhebt nach dem Bekanntwerden des inoffiziellen Berichts des Kartellamts über die marktbeherrschende Stellung von Trienekens in NRW schwere Vorwürfe gegen die NRW-Landesregierung: im Abfallsektor würden viele Projekte durch Kungelei vergeben, nicht über Ausschreibungen. Das komme den Großkonzernen zugute, der Mittelstand werde systematisch benachteiligt. Von Wolfgang Clement wird eine Kehrtwende verlangt.
Das Verfahren der parteiinternen Schiedskommission gegen die Kölner SPD-Landtagsabgeordnete Annelie Kever-Henseler wurde eingestellt. Kever-Henseler hatte eine Spendenquittung über 3.000 Mark angenommen undbeim Finanzamt geltend gemacht. Sie behauptet aber, die Spendenquittung aus dem Jahr 1996 sei ihr untergeschoben worden. Die Einstellung des Verfahrens wurde mit Geringfügigkeit begründet und ist nicht gleichbedeutend mit einem Freispruch.
10. Juni 2002: Im Gespräch zwischen Oberbürgermeister Fritz Schramma und den Ratsfraktions-Vorsitzenden werden die letzten Widerstände gegen den so genannten Ehrenkodex gegen Vorteilsnahme und Vetternwirtschaft sowie gegen den Ehrenrat beseitigt. Beide Vorhaben sollen eine Antwort Schrammas auf das gesunkene Politikvertrauen der Kölner Bürgerinnen und Bürger darstellen. Der Ehrenkodex fasst allerdings nur zusammen, was ohnehin in der Gemeindeordnung festgelegt ist. Der Ehrenrat dagegen soll ein Gremium unter dem Vorsitz des Oberbürgermeisters werden, dem weiterhin acht gewählte Vertreter aus Politik und öffentlichem Leben angehören werden.