Der komplette Theaterspaß

Stefan Bachmann ist der designierte Nachfolger von Schauspielintendantin Karin Beier

»Mich interessiert die Frage: Wo löst sich das Theater auf – und wird im besten Falle doch wieder zu Theater?« Das ist so ein Satz, den Stefan Bachmann sagt, wenn er übers Theatermachen redet und dabei in Fahrt kommt. Wenn man dem designierten Intendan-ten des Kölner Schauspiels gegenüber sitzt, hat man das Gefühl, das ist einer, der immer noch spielen will. Der nach wie vor Spaß hat am Regisseur-Beruf. Der Lust am Experiment hat, aber auch nichts gegen die, wie er sagt, »werktreueste Arbeit«: »Es gibt keine Form, die ich aufgrund der Form ablehne. Alles ist gut, wenn es inhaltlich standhält.« Bachmann, 45 Jahre alt, ist jemand, der sich nicht festlegt auf eine bestimmte Linie. Er ist sicher kein genuin politischer Theatermacher. Aber politische Produktionen an seinem Haus – zum Beispiel –, das ist sehr wohl vorstellbar. 

 

Dass er mal der jüngste Schauspieldirektor im deutschsprachigen Raum war, 1998 bis 2003 am Theater Basel, und das Haus zu einigen Erfolgen geführt hat (u.a. Theater des Jahres 1999), kann man sich gut vorstellen. Er berichtet noch immer angeregt davon. Zwei Dinge hebt er aus dieser Zeit hervor: das Ensemble und die Experimentierlust am Haus. Für Köln will er ein Ensemble finden, dass sich auf den Ort festlegt und auf seine Arbeitsweise einlasse, sagt er. Um dann ein bisschen gegen den »Billigflieger-JetSet« zu wettern, der an vielen großen Theatern unter bekannten Ensemblegästen grassiere.

 

Da liegt dann vielleicht auch einer der wenigen Unterschiede zwischen dem gebürtigen Züricher und Karin Beier, die ihr Ensemble gerne mit auswärtigen Stars aufmotzt. Ansonsten ist Bachmann nicht weit weg von Beiers Theaterbegriff. Die Richtung, in die das Haus unter ihr gegangen ist, befürwortet Bachmann sehr. Ihm gefällt, dass Beier »den herkömmlichen Theaterbegriff gesprengt« und Formen wie »Installation, soziale Skulptur oder Performance« gezeigt habe. Auch dass sie das Haus internationalisiert und zeitgenössische Autoren wie Jelinek gespielt habe: »Da erst mal weiter!« 

 

Bachmann nennt das Kölner Schauspiel ein »exzellent aufgestelltes Haus«. Auch wenn man die Auszeichnungen der Intendanz Beier kaum toppen könne: »Es zählt nicht nur der Erfolg oder das, was das Fachmagazin Theater heute festlegt«. Vielmehr will der zukünftige Chef Theater machen, das »für die Stadt stimmt, aber trotzdem überregional bedeutsam und international vernetzt ist«. Ganz wie Karin Beier.

 

Über konkrete Pläne, die Bachmann ab seinem Antritt im September 2013 verfolgen will, ist ihm nicht viel zu entlocken. (Der Rat muss der Berufung am 7.11. noch zustimmen.)  Was ihn selbst angeht, wolle er in der ersten Spielzeit »mindestens zwei, aber nicht mehr als drei« Inszenierungen machen. Allerdings scheint es, dass er Karin Beiers Interimsspielstätte, die EXPO-Halle am Krefelder Wall, nicht übernehmen will. Der Vertrag dort läuft bis Ende 2013. Die Eröffnung des sanierten Schauspielhauses ist für 2015 geplant. Eher will Bachmann seine Intendanz in einer neuen Ausweichspielstätte starten. Die, sagt er, läge dann eher nicht im Stadtzentrum, sondern »in einem Bezirk, der mit dem Theater nicht so vertraut ist«. Wieder blitzt die Experimentierlust auf: »Was passiert, wenn das Theater an einen Ort kommt, an dem es sozial nicht angesiedelt ist? Was entsteht aus dem Clash zwischen Hochkultur und ganz normalen Bewohnern eines Bezir-kes?« Darauf könnte man antworten: durchaus nicht viel – siehe Halle Kalk. Sollte es so sein, dass Bachmann mit seinem Team in einem theaterfernen Bezirk aufschlägt, wird es darauf ankommen, dort mehr zu tun, als einfach nur Vorstellungen zu spielen. Zumal er sich nach zwei Jahren wieder ins Zentrum verabschieden wird. Zumindest müsste dann eine Nebenspielstätte am Ort bleiben.

 

Und das Geld? Bachmanns Etat werde »eins zu eins« dem von Karin Beier entsprechen, so Kulturdezernent Georg Quander. Bachmann glaubt das eine Trennung der Etats von Oper und Schauspiel (siehe dazu S. 13) seitens der Stadt »angestrebt ist«. Der Vertrag des designierten Intendanten ist auf fünf Jahre angelegt – inklusive einer Sonderklausel, die ihm drei Jahre im sanierten Haus am Offenbachplatz garantiert. Sollte sich der Umbau verzögern, würde sich auch Bachmanns Vertrag verlängern.