Week-End: das große Indie-Update
Was haben Jochen Distelmeyer, der DJ Michael Mayer, Thurston Moore, Françoiz Breut, die High Places oder das Duo Roedelius/Schneider gemeinsam? Nichts. Das wäre die nahe liegende, aber trotzdem falsche Antwort.
Zunächst: Sie spielen alle auf dem atemberaubend gut besetzten Indie-Festival Week-End (das seinerseits im Rahmen des Theaterfestivals GLOBALIZE:CO-LOGNE stattfindet). Aber das ist nur der äußere Zusammenhang. Tatsächlich präsentiert das Festival einen mustergültigem Querschnitt durch das, was mal Indie-Rock hieß oder Alternative-Kultur oder einfach der »Spex-Kanon«. Nun hat die Zeitschrift Spex sicherlich nicht mehr die Definitionsmacht wie noch in den 90er Jahren, aber egal. Die Macher von Week-End erinnern daran, wie lebendig, vielfältig, wagemutig die Musikszenen jenseits von Myspace und Plattenindustrie sein können. Und wie regenerationsfähig und widerbrorstig sie sind.
Denn wer hätte vor fünf Jahren irgendwas auf LoFi-Schepper-Sounds aus dem Großraum New York gesetzt? John Maus, Buke and Gess oder Gary War werden in Köln ihre anmutigen, liebevoll kaputten Songs spielen, und sie klingen wie der Einbruch der Zukunft in die Gegenwart. Für ein schier ewiges Zukunftsversprechen steht auch Thurston Moore, der seit mehr als einer Generation – hauptsächlich mit seiner Stammformation Sonic Youth – an der Zersetzung von Rock- und Pop-Klischees arbeitet, ohne elitär zu wirken. Wäre seine Musik Philosophie, sie wäre eine Mischung aus Jacques Derrida und den Lamentos der Obdachlosen vor dem Hauptbahnhof. Moore spielt ein Solo-Set (erst kürzlich erschien sein hochgelobtes Album »Demolished Thoughts«), gab es das überhaupt schon mal in Köln?
Noch länger dabei als Thurston ist ein anderer Moore – R. Stevie Moore, Ikone des Do-It-Yourself, einer der ganz großen Idiosynkratiker, der seit fast vierzig Jahren einfach nicht aufhört, unablässig seine bizarren Soungs rauszuhausen – im Wochentakt!
Am schönsten wäre es, würden die Musiker nach dem Festival noch zu einem Symposium zusammenfinden und sich über ihr Leben im kreativen Off austauschen. Aber das wäre schon zu verkopft. Week-End ist bereits dieses Symposium.