Max im Regen
Drei ehemalige WG-Gefährten, »schon auch ein bisschen links und kritisch und so und Kino gehen und Kochen«, hätten irgendwie mehr voneinander haben können, sind an diesem Ideal (»Kollektiv«) aber gescheitert. Nun treffen sich Max, Jeani und Babsi, mittlerweile alle älter als dreißig, in einem Hotel wieder, um – ja was eigentlich zu tun? Irgendwie wissen sie es nicht. Klar ist, nach hinten wie nach vorne geht es nur bergab, allen fehlt die Bedeutung, das Große in ihrem Leben – der »Zenit«, wie Max sagt. Die Geschichte des Trios nimmt ihren Lauf und irgendwie doch nicht. Die drei stecken fest – im Irgendwo. Ihre Worte und Handlungen, letztere existieren eigentlich nur in ihrer Rede, drehen sich im Kreis.
In der Textfassung der Komödie »Wohnen. Unter Glas«, die sich Julia Kohlhaas für ihre zweite Regiearbeit am Schauspiel Köln ausgesucht hat, wird jedoch zu keinem Zeitpunkt geplaudert. Im Gegenteil. Ewald Palmetshofers irrer Sound, seine Nicht-Dialoge, die abgehackten Sätze und oft redundanten Wendungen, entsprechen der Beziehungslosigkeit des Trios. Immer mehr entblößen die drei ihre Lebenslügen: »Warum dich dieser I-Pod, warum dich der so anmacht. Dieser Nutten-I-Pod, der so tut, als wär er dein Freund, als wär er die Liebe, als wär er genau das, was du brauchst, was du jetzt in diesem scheiß Drecksmoment brauchst. Für dein Loch. Für dieses verfickte Loch in dir.«
Nikolaus Benda löst diese Energie des Stillstandes im »Drama« seines Max herrlich auf: Mal fein, dann kraftvoll schleudert er die abgehackten Monologe voll Selbstekel in Richtung Publikum. Dabei tritt ihm sein Ego ständig in den Weg, mal wiggelt er drum herum, mal versucht er ihm zu entkommen, immer hält er es neben sich oder geschickt ungeschickt zwischen den beiden Frauen.
Ob von der Regie gewollt oder nicht, läuft alles auf Max zu, neben ihm erscheinen die Frauen eher wie Randfiguren. Vor allem von Lena Schwarz’ Jeani erfährt man wenig über ihren existenziellen Problemkomplex, zu sehr scheint die Schauspielerin mit ihrem hyper-hysterischen Spiel beschäftigt. Doch auch insgesamt will der Abend leider nicht so richtig in Fahrt kommen, das Tempo mag nicht richtig zu dem Rhythmus in Plametshofers Textflächen passen. So verpufft gerade in den überlegt komponierten Schlagabtauschen, den Wortduetten der beiden Frauen die Musikalität des Texts.
Trotzdem gelingen Julia Kolhaas sehr schöne Regieeinfälle, wie zum Beispiel die Videoeinspielung von Jeani und Babsi (Marina Frenk) als weibliche Version von Janus, der römischen Gottheit mit den zwei Köpfen. Oder der Bühnenregen, in dem Max sprichwörtlich stehen bleibt.