Schweine für eine Guinee
Es ist nicht das geringste Verdienst der Kunst von Josephine Pryde, ihr Publikum visuell und konzeptuell zu verunsichern. Es beginnt mit dem Titel ihrer Ausstellung: »Miss Austen Enjoys Photography«. Die 44-jährige Britin verweist in ihren Arbeiten häufiger auf Literaten ihres Landes, und so denkt man an Jane Austen, der es im frühen 19. Jahrhundert als einer der wenigen Frauen ihrer Generation gelang, eine erfolgreiche Schriftstellerin zu werden. Nur eines konnte Austen wohl kaum genießen: Die Fotografie, die erst nach ihrem Tod erfunden wurde.
Dass man die Fotografie – wie auch das Fotografieren selbst – genießen kann, vermittelt die Ausstellung durchgängig. Besonders offensichtlich in einer Serie großformatiger Aufnahmen im Foyer, die anlässlich der Ausstellung entstand. Sie zeigt unterschiedlich inszenierte Meerschweinchen – ansprechende Motive, die man auf den ersten Blick eher in einem Kleintierzüchterverein als in einem Kunstverein verorten würde.
Wäre da nicht die sprachliche Dimension, die die Bilder in ein anderes Licht rückt: »Guinea pigs«, so das englische Wort für Meerschweinchen, sind vielleicht die einzigen Tiere, die ihren einstigen Verkaufspreis im Namen tragen: Angeblich wurden sie von spanischen Seeleuten aus Mittelamerika nach Europa gebracht und hier für eine Guinee das Stück verkauft. Zudem ist Guinea pig der englische Ausdruck für Versuchskaninchen, womit sich – neben der Frage von Kommerz und Verdinglichung – ein weiteres Assoziationsfeld eröffnet. Schließlich ist es ein erklärtes Anliegen des neuen Kunstvereinsleiters Hans-Jürgen Hafner, dessen Programm mit Pryde beginnt, auch das Ausstellen als solches zu reflektieren. In diesem Rahmen fungiert »Miss Austen Enjoys Photography« als eine Art Testfall.
Das Medium Fotografie ist in Düsseldorf, Modestadt und Heimat der sogenannten »Becher-Schule« mit global erfolgreichen Vertretern wie Andreas Gursky oder Candida Höfer, überdeterminiert. Prydes Einladungskarte, ein fotografisches Porträt der Künstlerin im modischen Trenchcoat, jedoch in einer introvertierten, abgewandten Pose, trägt beiden Kontexten Rechnung und bewahrt doch zu ihnen Distanz. Auch die anderen Fotografien der Schau scheinen sich, in den Motiven oder in der Hängung der Arbeiten, durch Spiegelungen und Spaltungen gegenseitig zu relativieren oder infrage zu stellen. Genießen, könnte man meinen, ist nicht ohne Zwiespalt zu haben.