Die Betonwüste lebt
Max Erbacher hatte eigentlich ein leer stehendes Ladenlokal für ein einmaliges Projekt gesucht. Doch schnell erkannte er das Potenzial der verwaisten städtischen Immobilie in der Ebertplatzpassage und besorgte sich mit Unterstützung der unermüdlichen Barbara Förster vom Kulturamt einen günstigen Mietvertrag. Bekanntlich rangiert der Ebertplatz in der Skala der hässlichen Plätze in unserer mit solchen ohnehin reich gesegneten Stadt ziemlich weit oben, was ist es also, das die Boutique so anders, so attraktiv macht?
Tatsächlich schaffen die Gegebenheiten eine geradezu perfekte Situation für einen funktionierenden Off Space: zentral gelegen in einem urbanen Umfeld, weit genug entfernt von Anwohnern, die sich durch nächtlichen Lärm belästigt fühlen könnten, und ausgestattet mit einem überdachten, also wetterfesten Außenareal. Die Räumlichkeiten selbst sind nicht groß, aber funktional. Dazu kommt das offene Konzept. Erbacher, Absolvent der Düsseldorfer Akademie und der Kölner KHM, startete die Boutique im April 2011 gemeinsam mit André Sauer, dem Betreiber des nahe gelegenen Clubs King Georg, als Plattform für das experimentelle Crossover von Kunst, Musik und Performance. Anfang 2012 stieß Yvonne Klasen dazu, nachdem der von ihr mitinitiierte Hoi-Off-Raum in der Luxemburger Straße wegen Eigenbedarfs schließen musste. Einig sind sich alle, dass angesichts des zunehmenden, bereits an den Akademien einsetzenden Vermarktungsdrucks solche Räume, die frei von kommerziellen Zwängen agieren, immer wichtiger werden.
Auf Einladung der Betreiber organisieren die unterschiedlichsten Künstler, Initiativen und Kooperationen aus Köln und aller Welt ein- bis zweiwöchige Ausstellungen oder gastieren für einen Abend als Musiker oder Performer. Nachdem die Wandmalerei in original Fresko-Technik (!) des Berliners Henrik Drescher Ende Februar wieder abgeschlagen ist, verspricht die 17. Boutique-Eröffnung fantastische Begegnungen der anderen Art: Das Duo Tobias Becker (Köln) und Alex Gross (Berlin) will die Boutique in ein begehbares Terrarium verwandeln. Es geht um Natur und ihre Simulation, das Verhältnis von Mensch und Tier, um die Kunst als Ort der persönlichen Erfahrung. Oder wie der Pressetext ironisch ankündigt: »Beobachten Sie auf einem authentischen Streifzug die ganze Kraft und die Schönheit des Tierlebens – kombiniert mit Genuss und Ausgeglichenheit. Erleben Sie sich ganz hautnah und entdecken Sie sich und die Natur in Ihnen!«