Geschichten von Liebe, Glaube und Tod
Ry Cooders Album »Pull Up Some Dust and Sit Down« aus dem letzten Jahr ist stilistisch angenehm altmodisch und recht eingängig (Blues, Americana, Cooder). Inhaltlich ganz auf der Höhe der Zeit kriegt die amerikanische neoliberale Rechte ordentlich einen auf den Pöter.
Sympathie für links äußert Cooder auch in seinem Buch mit Kurzgeschichten »Los Angeles Stories« (ebenfalls 2011), das nun anspielungsreich als »In den Straßen von Los Angeles« in deutschen Buchläden ausliegt.
Acht Geschichten mit viel Musik
Cooders acht Geschichten spielen im Zeitraum zwischen 1940 und 1958. Sprachlich angelehnt an den amerikanischen Noir-Stil erzählt er aus der Ich-Perspektive von Menschen, die versuchen, über die Runden zu kommen.
Sie geraten mal ins Zentrum, mal an den Rand von Ereignissen, in denen plötzlich die Polizei vor der Tür steht. Mal ist der Erzähler Schneider, Arbeiter oder Musiker, Mexikaner, Weißer oder Mischling. Mehr soll nicht verraten werden, außer dass es Cooder nicht um ironiefreie Wer-hat’s-getan-Geschichten geht. Für Fans von Raymond Chandler oder Ross Macdonald dürften die Geschichten allemal lesbar sein. Sie wirken nicht wie Fingerübungen eines Mannes, den Alterseitelkeit reitet.
Ry Cooder gibt einige Hinweise auf seine musikalischen Vorlieben. Wer sich den von ihm produzierten Soundtrack des »Buena Vista Social Club« und alter Jazz- und Bluesscheiben vorwegdenkt, hat einen ersten Eindruck. Außerdem verweist er auf ein paar mehr oder weniger bekannte Persönlichkeiten aus Musik- und Literatur.
Glossar und Übersetzung als Freundschaftsdienst
Übersetzer Franz Dobler hat dankenswerterweise ein Glossar erstellt, in dem er den Hintergrund der Geschichten erläutert. Cooder stanzt seinen Erzählrhythmus nicht in konkrete Poesie, Kunstgriffe wie Kerouacs Beschreibung eines Dexter-Gordon-Solos in »On the Road« sind vermutlich nicht sein Ding. Aber er lädt die Atmosphäre seiner Geschichten immer wieder musikalisch auf, wenn er die Handlung durch eine Radiosendung rahmt oder den irgendwie surrealen Auftritt eines gewissen John Lee Hooker beschreibt.
Dobler – DJ, Cash-Biograf, Autor, Wondratschek- und Bukowski-Fan – hat sich der Geschichten Cooders in freundschaftlichem Geist angenommen. Aber im Bemühen, dem Genre zu entsprechen, raunt er in seiner Übersetzung manchmal etwas zu cool, anstatt die Vorlage selbstbewusst auszugestalten.
Manches wirkt entsprechend bemüht, aus der Zeit gefallen und schief (»Ich bin so heiß wie ’ne Ladung Dynamit«). Einfach schön hingegen sind unkaputtbare Passagen wie diese: »Wenn ein Mann in einem Anzug begraben wird, den du für ihn gemacht hast, dann hast du eine Verantwortung.«