Duisburg - Landschaftspark Nord
Der alte Industriestandort erstrahlt in neuem Licht
Sie sind gelandet! Violette Bälle aus Metall schweben in der Luft. Ein neongrünes Kranungetüm steht waagerecht im schwarzen Nachthimmel, und aus luftiger Höhe beleuchten drei bunte Lichtkreise die merkwürdige Szenerie. Wer nachts im Duisburger Norden auf der A 42 unterwegs ist, meint zuweilen Zeuge außerirdischer Phänomene zu werden.
Dank des britischen Lichtkünstlers Jonathan Park kann man hier als Autofahrer schon mal an seinem Verstand zweifeln. Macht nichts, denn durch sein Kunstwerk gibt es in Duisburg eine Attraktion, die bundesweit ihresgleichen sucht: Jedes Wochenende, nach Einbruch der Dunkelheit verwandelt sich ein ehemaliges Stahlwerk im heutigen »Landschaftspark Nord« in eine riesige Lichtskulptur.
Das Industriedenkmal als Kulturevent
In Spitzenzeiten wurden hier bis zu einer Million Tonnen Stahl pro Jahr produziert. 1985 sorgte die Verringerung der europäischen Stahlquoten dann für ein abruptes Ende der 82-jährigen Hüttenwerkgeschichte – aus dem Industriestandort wurde ein Industriedenkmal. Heute schwitzt hier niemand mehr beim Stahlabstich, sondern höchstens bei einem Spaziergang über das 200 Hektar große Gelände, das auch bei Tageslicht einen Besuch wert ist.
Auf den ersten Blick scheint die Zeit seit der Schließung stehen geblieben zu sein. Doch die Außenansicht trügt: Auf dem Grund des riesigen Gasometers liegt mittlerweile eine alte Yacht, Taucher trainieren hier in 13 Meter Wassertiefe für ihren nächsten Südseetrip. Die Materialbunker, in denen früher das Erz gelagert wurde, sind leer geräumt – an den steilen Wänden übt die »Sektion Duisburg« des Deutschen Alpenvereins das Klettern und Kraxeln. Und auch die Gießhalle hat eine andere Funktion. Dort, wo ursprünglich der flüssige Stahl abgestochen wurde, finden heute Kulturveranstaltungen statt – den Blick in das Herz des Hochofens gibt es inklusive.
Besuch bei Nacht
All dies kann jedoch mit einem Besuch in finsterer Nacht nicht konkurrieren. Nach Sonnenuntergang lässt es sich herrlich die geharkten Kieswege entlang stolpern: Gleich rechts vom Eingang ragt zwischen neonfarbig angestrahlten Bäumen das grün glimmende Gasometer empor, dahinter ist schemenhaft die alte Gebläsehalle erkennbar. Durch die von innen beleuchteten Fenster sieht man die Umrisse der alten Maschinen, die heute nur noch als Kulisse dienen – für Technopartys und andere Special-Events. Ein paar Meter weiter scheint in der alten Gießhalle noch immer ein Feuer zu lodern, oder spielt einem da schon die eigene Wahrnehmung einen Streich? Jedenfalls müssen die Augen Schwerstarbeit verrichten, weil sich zwischen den einzelnen Lichtinseln auf dem Gelände immer wieder tiefste Dunkelheit ausbreitet.
Spannender Aufstieg auf den Hochofen
Absoluter Höhepunkt eines nächtlichen Besuchs im Landschaftspark ist der Aufstieg auf den Hochofen 5. Eine Taschenlampe in der Hand kann dabei nicht schaden, denn die computergesteuerte Lichtinstallation im Park setzt in regelmäßigen Abständen aus. Wer sich dann gerade auf einer der Zwischenebenen befindet, sollte sich ohne mitgebrachte Erleuchtung nur im Zeitlupentempo vorwärts bewegen. Meterdicke Rohre versperren den Weg, hinterhältige Ventile lauern auf Schienbeinhöhe. Wer es jedoch geschafft hat, seine Höhenangst zu besiegen und die mehr als 300 Stufen beulenfrei hinter sich zu bringen, den erwartet in 60 Meter Höhe ein einzigartiges Nachtpanorama. Direkt unterhalb dieses ungewöhnlichen Aussichtsturms leuchtet der Landschaftspark Nord als »Kathedrale der Industriekultur« in immer wieder wechselnden Neonfarben.
Die Zukunft der Stahlindustrie ist ungewiss
Und am Horizont, auf der anderen Seite der Autobahn, taucht etwas auf, was fast ebenso wie eine Kunstinstallation wirkt: Riesige Gasfackeln züngeln aus hohen Kaminen, unregelmäßig pusten Schornsteine weiße Dampfwolken in den schwarzen Himmel, alles scheint unwirklich erleuchtet. Doch noch wird, in der nur wenige Kilometer entfernten Thyssen-Kokerei, hart gearbeitet. Setzt sich der Niedergang der deutschen Stahlindustrie allerdings fort wie bisher, dauert es möglicherweise nur noch wenige Jahre, bis Jonathan Park auch dort mit seiner Arbeit beginnen kann.
Bus und Bahn
Vom Kölner Hbf mit dem RE bis Duisburg Hbf, von dort mit der Straßenbahnlinie 903 bis zur Haltestelle »Landschaftspark Nord«, nach 7 Minuten Fußweg erreicht man den Park.
PKW
Über die A3 Richtung Oberhausen bis zur Ausfahrt OB-Lirich, dann rechts in die Essen-Steeler-Straße bis zur B 8, dort links abbiegen und die nächste Straße rechts ab in die Emscherstraße. Der Landschaftspark Nord ist ausgeschildert.
Info
Auf eigene Faust ist der Landschaftspark das ganze Jahr, rund um die Uhr, begehbar. Wer mehr Infos will, oder sich alleine nicht traut, kann ab dem 1. September wieder an Nachtführungen teilnehmen. Beginn ist an den Wochenenden jeweils um 20.30 Uhr, telefonische Reservierung ist ratsam. Pro Person kostet die etwa 2-stündige Führung 6 EUR.
Reservierungen: www.tour-de-ruhr.de oder telefonisch im Infobüro &0203 / 429 19 42
Allgemeine Infos: Landschaftspark Duisburg-Nord, Emscherstr. 71, 47137 Duisburg, &0203/429 19 42, www.landschaftspark.de
Gastronomie: Hauptschalthaus, Bar – Bistro – Restaurant – Biergarten, geöffnet von 11 bis 24 Uhr, www.hauptschalthaus.de